Belek. Bei den Sportfreunden Siegen war abseits des Trainingsplatzes viel los. Eine kurze Spionage bei Lok Leipzig und plötzlich trifft man einem Weltmeister.
Das Trainingslager der Sportfreunde Siegen im türkischen Belek strotzt vor Abwechslung. Die Kicker des Fußball-Oberligisten bereiten sich fleißig auf die Rückrunde vor und wollen - das muss man bei aller Zurückhaltung innerhalb des Vereins so klar formulieren - oben angreifen. Wenn sich der Autor dann die Zeit nimmt und eine nachmittägliche Trainingseinheit auslässt, um minimale Fußballspionage zu betreiben, dann hat das seine Gründe. Schließlich ist der Konkurrent der Sportfreunde im Trainingslager in Belek ein regelrechter Kultverein und hat in Fußballerkreisen teilweise Legendenstatus. Eine waschechte Fußball-Legende soll ebenfalls derzeit in Belek trainieren, aber dazu später mehr.
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Die erste Trainingseinheit der Sportfreunde Siegen ist am Morgen über die Bühne gelaufen, als innerhalb der Fangruppe ein Entschluss gefasst wird: Schauen wir doch mal, was der Testspielgegner so auf die Beine stellt. Schnell ist herausgefunden, wo sich die Spieler von Lok Leipzig in Belek aufhalten und ein Taxi dorthin ist ebenso fix organisiert. So geht es kurzerhand mit Dominik aus der Fangruppe zum Hotel des Regionalligisten. Denn, so die Aussagen am Rande, die Leipziger haben wohl jede Menge Fans und Sponsoren im Gepäck. Grund genug, der Sache auf den Grund zu gehen.
Lok Leipzig. Tradition pur. Eine Mannschaft, die in der Fußball-Regionalliga Nordost kräftig oben mitmischt. Der Testspielgegner der Siegener am Freitag wirbelt die Liga mächtig auf und hat bereits neun Punkte Vorsprung auf Rang zwei. Über 50 Punkte hatten sich die Leipziger als Saisonziel gesetzt, nun sind es zur Halbzeit schon über 40. Grund genug, dass man in Leipzig durchatmen kann. Das Trainingslager im türkischen Belek nutzen die Sachsen auch dafür, um für die Rückrunde Kraft zu tanken.
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Schnell wird klar: So einfach kommt man als neugieriger „Fan“ gar nicht rein zu den Lokomotive-Anhängern. Eine Kontrolle am Hoteleingang ist die erste Hürde des Tages. Selbst als Pressevertreter ist der Zugang streng reglementiert. Nur, wer eine Ansprechperson vorweisen kann, hat Zugang zum Hotel. Da kommt Dominik zu Hilfe, der in seiner Rolle als Marketing-Vertriebler bereits in der Vergangenheit mit Lok zutun hatte. Ehe wir schauen können, öffnet sich die Pforte. Doch vorher müssen wir unsere Ausweise abgeben. Safety first.
In der Hotellobby empfängt uns dann eine Entourage der Sachsen. Und ja, es stimmt. Rund 120 Fans und über 40 Sponsoren begleiten den Regionalligisten ins Trainingslager nach Belek. Ein Fanpaket macht es auch hier möglich, ebenso hat die Mannschaft etwas dazugegeben, um die Kosten für die Teilnehmer so gering wie möglich zu halten. Sponsoren bekommen gleich noch Schulungen mit auf den Weg gegeben, um sich von der Arbeit von Lok Leipzig selbst zu überzeugen. Das Rundum-Sorglos-Paket für den geneigten Fan und Unterstützer haben die Sachsen also schnell zusammengezaubert.
Sportfreunde Siegen: Gegner mit Kult-Torwart als Trainer
Auf dem Platz selbst läuft derweil die zweite Einheit des Tages. Anders als bei den Sportfreunden Siegen ist das Trainingsgelände von Lok direkt ans Hotel angegliedert. Von der Lobby aus stolpert man förmlich auf die Spielfläche, keine zwei Minuten später stehen Dominik und der Autor an der Seite des Rasens und sehen zu, wie Leipzigs Torwart-Trainer Tomislav Piplica - ja, eben der Tomislav Piplica, der damals den Ball so wunderbar per Hinterkopf bei Energie Cottbus im eigenen Gebälk versenkte - seine Torhüter auf das Äußerste antrieb.
Die Trainingseinheit der Leipziger verläuft derweil locker, rund 30 Fans schauen dem Treiben von der Seitenlinie aus zu. Inzwischen hat die Sonne ihren Zenit erreicht und es sind angenehme 20 Grad. Es gibt schlimmere Bedingungen, um in Ruhe Fußball zu schauen.
Nach gemütlichem Geplauder und einem intensiven Austausch darüber, wer das Testspiel nun gewinnt, soll es weitergehen. Aber wohin? Schon am Morgen erreicht uns ein Gerücht: Gornik Zabrze, der polnische Fußballclub, soll ebenfalls in Belek sein Trainingslager aufgeschlagen haben. Mit dabei: Lukas Podolski, seines Zeichens Fußball-Weltmeister von 2014 und der wohl bekannteste deutsche Linksfuß des 21. Jahrhunderts. Wie aber sollen wir herausfinden, wo „Prinz Poldi“ und Konsorten untergebracht sind?
Wohl dem, der sich in Notfällen auf die sozialen Medien verlassen kann. Für eine kurze Sequenz wird das Hotel eingeblendet, in dem sich Poldi und seine Mitspieler aufhalten. Also ab ins wartende Taxi und los geht die Reise. „Which hotel?“, fragt der Taxifahrer - also welches Hotel? Wir zeigen ihm die Videosequenz und er sagt sofort: „Ja, das Hotel kenne ich, aber das hat derzeit geschlossen. Das macht erst im Sommer wieder auf.“
Gornik Zabrze auch vor Ort
Poldi in einem geschlossenen Hotel? Das klingt auf den ersten Blick erst einmal unlogisch. Ein Blick auf die weiteren Videos offenbart aber: Es gibt auf der Hotelanlage ein Trainingsgelände. Das ist doch einen Versuch wert. Dort angekommen, begrüßt uns ein Verantwortlicher. Ja, es stimme, dass Gornik Zabrze hier trainiert. Doch erst wieder in einer Stunde. Die Zeit wird schnell überbrückt und dann steigt tatsächlich aus dem Mannschaftsbus der Weltmeister von 2014. Doch der möchte schnellstmöglich zum Training und vertröstet uns auf später.
Später, das bedeutet in Fußballersprache: 90 Minuten später. Das Duo harrt aus, es geht hier schließlich um den Weltmeister. Und tatsächlich: Nach 90 Minuten nimmt sich Poldi die Minute Zeit, knipst kurz das ein oder andere Foto und verschwindet dann wieder im Mannschaftsbus. Doch das Warten auf „Prinz Poldi“ hat sich allemal gelohnt.