Bad Laasphe. Viele Generationen sind durch ihre Schule gegangen: Ricarda Wied-Bernshausen trainiert seit über 25 Jahren Sportler aus Wittgenstein. Was sie antreibt.

Ricarda Wied-Bernshausen vergeht das Lachen auf dem Sportplatz selten. Doch wenn sie sich auf ihre Schützlinge fokussiert, dann weicht dem Lachen eine aufmerksame, ja fast schon kritische Miene. Die 64-Jährige aus Bad Laasphe ist nicht nur selbst Leichtathletin, sondern Trainerin der Nachwuchsabteilung des TV Laasphe. Ein falscher Wurf, ein Schrittfehler, eine inkorrekte Herangehensweise: Wied-Bernshausen hat alles im Blick und schlägt Korrekturen vor. Nie laut, sondern sachlich. Nie aufgeregt, sondern motivierend. Und voll fokussiert.

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Ihre eigene Sportkarriere beginnt im Alter von elf Jahren. Ricarda Wied startet als Turnerin beim Turnverein Feudingen, erst später kommt die Leichtathletik hinzu. „Da bin ich auf den Sportplatz gegangen und bin gerannt und gesprungen. Das fand ich schon immer toll, bis heute“, sagt Wied-Bernshausen.

Die Chefin: Trainerin Ricarda Wied-Bernshausen schaut den Athletinnen genau über die Schulter und korrigiert die Abläufe. Die 64-Jährige ist ein Urgestein in der Leichtathletik-Branche Wittgensteins.
Die Chefin: Trainerin Ricarda Wied-Bernshausen schaut den Athletinnen genau über die Schulter und korrigiert die Abläufe. Die 64-Jährige ist ein Urgestein in der Leichtathletik-Branche Wittgensteins. © WP | Felix Leyendecker

Ein Trainer aus Erndtebrück, ein gewisser Horst Bernshausen, ändert nicht nur ihr sportliches Leben. „Das ist mein heutiger Schwiegervater. Über ihn habe ich meinen Mann kennengelernt“, erzählt die 64-Jährige. Mit 17 Jahren trainiert sie zum ersten Mal Kinder, damals noch im Turnen.

Ricarda Wied-Bernshausen von der LG Wittgenstein bei den NRW-Hallenmeisterschaften der Leichtathletik-Senioren in Aktion.
Ricarda Wied-Bernshausen von der LG Wittgenstein bei den NRW-Hallenmeisterschaften der Leichtathletik-Senioren in Aktion. © Unbekannt | Wolfgang Birkenstock

Als die Lehrerin Wied-Bernshausen 1994 beruflich ans Städtische Gymnasium nach Bad Laasphe kommt, beginnt die Zeit der schulischen Wettkämpfe. „Ich hatte schon in Dorsten an meiner ersten Schule Basketballwettkämpfe mit Schülern durchgeführt. Mit denen bin ich auch zu Kreismeisterschaften“, erzählt sie.

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Ihre Berufswahl kollidiert damals mit ihrer Leidenschaft. „Ich hatte überlegt, ob ich Lehrerin oder Trainerin werde. Damals war der Trainerberuf aber nicht so sicher wie heute. Ich habe das Traineramt dann im Verein ausgeübt“, erinnert sie sich.

Ricarda Wied-Bernshausen, Sportlehrerin am Städtischen Gymnasium Bad Laasphe, bereitet ihre Schüler 2014 aus das schwere Spiel gegen Favorit Freudenberg vor.
Ricarda Wied-Bernshausen, Sportlehrerin am Städtischen Gymnasium Bad Laasphe, bereitet ihre Schüler 2014 aus das schwere Spiel gegen Favorit Freudenberg vor. © Verein | Benedikt Bernshausen

Doch es dauert in Laasphe drei Jahre, bis Wied-Bernshausen an die Dorstener Zeit anknüpft. „Es gab irgendwann Ausschreibungen für Wettkämpfe in der Leichtathletik und Im Basketball. Da habe ich als Lehrerin gesagt, dass ich den Schülern die Möglichkeit biete, daran teilzunehmen. Wenn sie es möchten“, betont die Oberstudienrätin a.D. Sie selbst hat bereits in der Oberstufe Basketball gespielt und die Sportart dann 20 Jahre lang weiter ausgeübt. „Ab 1997 bin ich mit den Schülern regelmäßig zu Wettkämpfen, wenn sie wollten. Und sie wollten.“

Korbjäger: Ricarda Wied-Bernshausen (links) und die Basketballteams des „Städtischen“ bejubeln 2022 ihre Kreismeistertitel.
Korbjäger: Ricarda Wied-Bernshausen (links) und die Basketballteams des „Städtischen“ bejubeln 2022 ihre Kreismeistertitel. © Unbekannt | Verein

Über Jahrzehnte leitet Wied-Bernshausen eine Basketball-AG und bereitet ihre Schützlinge auf Kreismeisterschaften vor. „Nach den Osterferien habe ich die AG ruhen lassen und sie an Schüler übergeben, die die nötige Berechtigung dazu hatten. Dann bin ich mit den Leichtathleten ins Stadion gegangen und wir haben uns auf die Meisterschaften vorbereitet“, erzählt Wied-Bernshausen.

Ricarda Wied-Bernshausen vom TV Laasphe ist regelmäßig in der Disziplin Hammerwurf aktiv.
Ricarda Wied-Bernshausen vom TV Laasphe ist regelmäßig in der Disziplin Hammerwurf aktiv. © Unbekannt | Verein

Die Basketball-AG wird nach ihrem Ruhestand von Schülern weitergeführt, die den Staffelstab von Generation zu Generation weitergeben werden. „Das haben sie mir versprochen.“

Auch abseits der Schule trainiert Ricarda Wied-Bernshausen den sportlichen Nachwuchs

So richtig angefangen hat die Trainerkarriere von Wied-Bernshausen abseits der Schule im Jahr 2000. Die damals 40-Jährige wird gefragt, ob sie eine Leichtathletik-Abteilung übernehmen möchte. „Ich habe gesagt, dass ich das mache, wenn ich meinen fünfjährigen Sohn mitnehmen kann“, erinnert sie sich. Der TV Laasphe gibt grünes Licht und so beginnt die (zweite) Trainerkarriere mit 30 Kinder im Alter ihres Sohnes. „Seitdem mache ich das“, sagt Wied-Bernshausen.

Ricarda Wied-Bernshausen schleudert 2022 ihren Speer auf 20,40 Meter und darf mit den besten Acht der Welt konkurrieren.
Ricarda Wied-Bernshausen schleudert 2022 ihren Speer auf 20,40 Meter und darf mit den besten Acht der Welt konkurrieren. © Unbekannt | Verein

Noch heute macht es ihr Spaß, zu sehen, dass Kinder Sport treiben wollen. „Ich freue mich über ihre Entwicklung und ich freue mich auch, wenn sie an Wettkämpfen teilnehmen wollen. Dann bin ich auch motiviert und bereite sie vor. Ich gebe an sie das weiter, was mir früher meine Trainer gegeben haben. Die haben sehr viel für mich getan und das soll die nächste Generation auch erleben dürfen“, betont die 64-jährige Trainerin.

Eigene sportliche Karriere war am Scheidepunkt

Neben Schule und Training ist Wied-Bernshausen selbst noch als Leichtathletin aktiv. „Der Mehrkampf ist meine Paradedisziplin. Fünfkampf ist meins, einmal habe ich auch einen Siebenkampf probiert“, sagt sie. In der Jugend stehen Sprint, Weitsprung, Hochsprung, Kugelstoßen und der Speerwurf weit oben auf ihrer Agenda. Mit 24 Jahren hört sie mit der Leichtathletik auf und spielt lieber weiter Basketball. Und das wäre auch so geblieben, gäbe es nicht Tanja Treude.

Ohne sie hätte Wied-Bernshausen die Leidenschaft zur Leichtathletik vermutlich nicht wiederentdeckt: Tanja Treude (re.), hier im Jahr 2010, lud Wied-Bernshausen zur Westdeutschen Meisterschaft ein. Die heute 64-Jährige akzeptiert - und entfacht ihr Feuer neu.
Ohne sie hätte Wied-Bernshausen die Leidenschaft zur Leichtathletik vermutlich nicht wiederentdeckt: Tanja Treude (re.), hier im Jahr 2010, lud Wied-Bernshausen zur Westdeutschen Meisterschaft ein. Die heute 64-Jährige akzeptiert - und entfacht ihr Feuer neu. © Verein | Verein

Die Vereinskameradin fragt Wied-Bernshausen, ob man nicht gemeinsam zu den Westdeutschen Meisterschaften nach Düsseldorf fahren könne. „Da habe ich sie angeschaut und sagte nur, dass ich doch gar nicht im Training sei. Und wenn, dann nur Kugelstoßen oder Diskuswurf. Das habe ich zum Spaß nebenbei gemacht und die Kreismeisterschaften absolviert“, erzählt Wied-Bernshausen. Es kommt, wie es kommen muss: Der Wettkampf verläuft erfolgreich, beim zweiten Versuch im hessischen Stadtallendorf qualifiziert sich Wied-Bernshausen für die Deutschen Meisterschaften und ist zurück im Leichtathletik-Geschäft.

Doppelte Vize-Meisterin 2022 bei den NRW-Senioren-Winterwurfmeisterschaften: Ricarda Wied-Bernshausen.
Doppelte Vize-Meisterin 2022 bei den NRW-Senioren-Winterwurfmeisterschaften: Ricarda Wied-Bernshausen. © Unbekannt | Verein

In diesem Jahr muss die 64-Jährige jedoch pausieren. Eine Knieverletzung im April sorgt dafür, dass sie die Deutschen Meisterschaften verpasst. „Mein Knie ist noch nicht ganz in Ordnung und ich habe leichte Schmerzen. Fahrradfahren und Schwimmen ist drin, aber ich darf noch nicht machen, was ich gerne gemacht habe“, sagt sie über ihre Verletzung.

Ricarda Wied-Bernshausen, Oberstudienrätin am Städtischen Gymnasium Bad Laasphe, wurde im Jahr 2024 in den Ruhestand verabschiedet. Dem Vereinssport bleibt sie weiterhin treu.
Ricarda Wied-Bernshausen, Oberstudienrätin am Städtischen Gymnasium Bad Laasphe, wurde im Jahr 2024 in den Ruhestand verabschiedet. Dem Vereinssport bleibt sie weiterhin treu. © Städtisches Gymnasium Bad Laasphe | Städtisches Gymnasium Bad Laasphe

Doch die Schützlinge betreut sie weiterhin mit großer Freude. Abschließend gefragt, ob sie schon mal ans Aufhören dachte, kommt eine klare, wenn auch nicht unerwartete Antwort: „Nein. Niemals.“

Noch mehr Fotos der Sportlerkarriere von Ricarda Wied-Bernshausen

Ricarda Wied-Bernshausen mit Rüdiger Hartmann (Vorsitzender des Turnbezirks Wittgenstein) im Jahr 2008.
Ricarda Wied-Bernshausen mit Rüdiger Hartmann (Vorsitzender des Turnbezirks Wittgenstein) im Jahr 2008. © Verein | Verein
Senioren-Leichtathletik-Europameisterschaft in Zittau 2012: Die Athleten der LG Wittgenstein: (v.li.) Ricarda Wied-Bernshausen, Werner Stöcker und Conny Wagener.
Senioren-Leichtathletik-Europameisterschaft in Zittau 2012: Die Athleten der LG Wittgenstein: (v.li.) Ricarda Wied-Bernshausen, Werner Stöcker und Conny Wagener. © Verein | Verein
Geballte Power der LG Wittgenstein: Katja Marburger (li.) und Ricarda Wied-Bernshausen im Jahr 2016.
Geballte Power der LG Wittgenstein: Katja Marburger (li.) und Ricarda Wied-Bernshausen im Jahr 2016. © Verein | Verein
Ricarda Wied-Bernshausen (W50) ging 2013 für die LG Wittgenstein bei den Deutschen Wurf-Mehrkampfmeisterschaften an den Start  im Bild beim Gewichtswurf mit der 7,26kg-Kugel.
Ricarda Wied-Bernshausen (W50) ging 2013 für die LG Wittgenstein bei den Deutschen Wurf-Mehrkampfmeisterschaften an den Start im Bild beim Gewichtswurf mit der 7,26kg-Kugel. © Verein | Verein
Ricarda Wied-Bernshausen und Hanna Terlinden (re.) 2021.
Ricarda Wied-Bernshausen und Hanna Terlinden (re.) 2021. © Verein | Verein