Diedenshausen. Für Björn Kleinwächter ist Schluss als Coach des TuS, die nächste Aufgabe wartet. Von respektlosen Gegnern und echtem Teamgeist.
Björn Kleinwächter zieht sich als Trainer aus dem Seniorenbereich des TuS Diedenshausen zurück. Seit 2007 hatte Kleinwächter – mit einer Unterbrechung – 14 Jahre lang das sportliche Zepter an der Saale in der Hand und gilt dort längst als Institution. Im Interview schildert er seine Beweggründe zu diesem Schritt, lobt seine „eingeschworene Truppe“ und weiß um seine Privilegien als ehemals höherklassiger Spieler.
Björn Kleinwächter, wo schauen Sie das Achtelfinale zwischen Deutschland und Dänemark?
Da ich gern in Wunderthausen beim Schützenfest vorbeischauen würde, könnte ich mir vorstellen, dass ich das Spiel dort beim Public Viewing gucke. Oder eben in Diedenshausen. So oder so, tippe ich auf ein 3:1 für Deutschland. Gegen Teams wie Dänemark sollten es noch reichen, aber wenn es gegen die ganz Großen geht, wird es insgesamt nicht reichen.
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Mit dem Blick eines Trainers: Welches Team gefällt Ihnen warum am besten?
Spanien ragt schon heraus. Sie spielen offensiv tollen Fußball. Bei einigen anderen, auch Deutschland, ist noch Luft nach oben. Bei den Franzosen sagt mir zu, dass sie nicht nur nach vorne spielen, sondern sich auch fallen lassen und auf Konter lauern. Das fehlt der deutschen Elf. Unsere Mannschaft will nur Ballbesitzfußball spielen, doch wenn der Ball verloren geht, gefällt mir das Umschaltspiel in die Defensiv nicht.
Da spricht ganz der Trainer. Diesen Posten haben Sie nun beim TuS Diedenshausen abgelegt und es stellt sich natürlich die Kardinalfrage: Warum?
Das fing bereits letztes Jahr an, als wir einen herausragenden zweiten Tabellenplatz belegten und lange auf Titelkurs waren. Gleichzeitig trainierte ich aber auch noch die B-Jugend, das wurde mir dann einfach zu viel – diese Power habe ich nicht. Wenn man etwas zu 100 Prozent machen will, kann man nur eine Mannschaft trainieren. Daher habe ich mich nun für die B-Jugend entschieden, in der auch mein Sohn spielt. Für mich persönlich war es wichtig, nicht mehr fünf, sechs Tage pro Woche auf dem Sportplatz zu stehen.
Spielte nach so vielen Jahren auch Abnutzung eine Rolle?
Ja, das war zwar nicht der Hauptgrund, kam aber natürlich hinzu. Es ist nicht wie in anderen Vereinen, wo es mit Beginn einer neuen Saison fünf, sechs Neuzugänge gibt. Du hast permanent dieselben Spieler und sie denselben Trainer. Hinzu kommt dann eine Saison wie die letzte, in der es wegen vieler Verletzungen nicht gut lief.
Ihre lange Amtszeit war durchweg erfolgreich. Worin sehen Sie, mit Blick auf Ihren Kader, die Gründe dafür?
Wir waren über die Jahre immer eine eingeschworene Truppe. Es sind alles Freunde, die Kameradschaft ist groß. Viele haben zudem schon seit der E-Jugend zusammen Fußball gespielt. Wir haben auch Spieler, die durchaus auf einem höheren Niveau spielen könnten, aber trotzdem immer geblieben sind. Durch Zusammenhalt kann man sehr viel erreichen. Deshalb hat es auch immer Spaß gemacht – auch in kritischen Situationen. Ich erinnere mich gerne an die Saison, als wir nach der Hinrunde abgeschlagen im Tabellenkeller standen und es dann nach einer Wahnsinns-Rückserie noch auf den achten Rang schafften.
„Besonders, wenn Mannschaften aus dem Siegerland hier ankamen und über den Platz und diesen ‚Bauernverein‘ herzogen, puschte uns das enorm.“
Klingt nach einer Jetzt-erst-recht-Mentalität…
Ja, absolut. Diese Mentalität war bei vielen Spielern herausragend. Gerade unsere Art, hier an der Saale auf Asche zu spielen, war dabei das Schöne. Besonders, wenn Mannschaften aus dem Siegerland hier ankamen und über den Platz und diesen ‚Bauernverein‘ herzogen, puschte uns das enorm. Daraus entwickelte sich ein Selbstverständnis und führte logischerweise zu einer außerordentlichen Heimstärke.
Trotzdem läuft im Fußball nie alles perfekt. Was waren rückblickend Widerstände, mit denen Sie zu kämpfen hatten?
Die größten Probleme hatten immer mit Verletzten und zu wenig Personal zu tun. Zwar stand eine zweite Mannschaft dahinter, doch ist es zwischen der B- und D-Klasse eben ein großer Unterschied. Später kam auch erschwerend hinzu, dass wir keinen Betreuer mehr hatten. Um viele Sachen musste man sich selbst kümmern, damit das Ganze überhaupt funktioniert. Ich war es als Spieler und Trainer immer gewohnt, dass man einen Betreuer an seiner Seite hat. Das habe ich immer als sehr wichtig empfunden.
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Sie haben selbst viele Jahre Fußball gespielt, u.a. für SF Siegen und SF Birkelbach. Hat Ihnen das automatisch Vorteile im Umgang mit B-Liga-Spielern beschert?
Ja. Ich denke schon, dass ich eine gewisse Autorität hatte und habe. Es hat nie Probleme oder gar Ärger gegeben, wenn zum Beispiel mal einer ausgewechselt wurde. Ich glaube schon, dass mich durch eine gewisse Art, wie ich früher Fußball gespielt habe, viele Leute verstanden haben. Das ist schon wichtig – gerade bei Ansprachen in der Kabine. Irgendwann nutzt sich das natürlich etwas ab, das weiß man selbst. Als ich noch aktiv war, brauchte mir am Ende niemand mehr viel erzählen und man hat nicht mehr so genau zugehört. (lacht) Ob da einer vorne eine tolle oder schlechte Ansprache hielt, war für mich nachher egal. Ich habe mich einfach auf das Spiel vorbereitet.
Bleiben wir beim Thema Vorbildfunktion. Sie trainieren weiterhin die B-Jugend der JSG Dotzlar-Ebenau-Diedenshausen. Was liegt Ihnen beim Training mit Jugendlichen besonders am Herzen?
Wir haben eine sehr tolle Truppe. Da jetzt Dotzlar noch dazugekommen ist, haben wir einen breiten Kader zwischen 18 und 20 Spielern. Das ist der Unterbau, den man sich natürlich wünscht. Daher ist es mir sehr wichtig, dass es da vernünftig weitergeht. Wenn nichts dazwischenkommt, möchte ich die Jungs in den nächsten drei Jahren in Richtung Senioren begleiten. Was das Training betrifft, habe ich mir schon angewöhnt, so zu trainieren wie mit den Senioren. Es sind alles prima Jungs, die charakterlich gut zusammenpassen und eine gute Mentalität besitzen. Daher macht es mir auch sehr viel Spaß.
Ihr Sohn Joe ist Teil dieses Teams. Im Fußball gibt es diese Konstellation häufig, doch nicht immer ist sie einfach. Wie gehen sie beide damit um?
Natürlich fragt er schonmal nach oder spricht Dinge an, die ihm nicht so gefallen haben. Das sind aber ganz normale Gespräche. Sobald es auf den Platz geht, ist es ein Spieler wie jeder andere auch. Manchmal aber, das macht man natürlich nicht bewusst, bekommt er schonmal mehr Kritik als seine Teamkameraden. Das kannte ich schon von meinem Vater früher, der unheimlich laut am Spielfeldrand war. (lacht) Ich versuche das schon alles fachlich und sachlich anzusprechen und generell alle gleich zu behandeln.