Breckerfeld. Ein Streckenposten-Irrtum sorgt für Verwirrung und begünstigt Lea Laufer auf dem Weg zum Frauentitel. Der TuS Deuz sammelt etliche Titel ein.
Während der Hinfahrt wurde wegen der an Timo Böhl herangetragenen Rolle des Herausforderers noch geflachst, auf der Rückfahrt war die Stimmung angesichts seines Sieges und der kuriosen Umstände gut. Der Berghäuser sicherte sich am Samstag in Breckerfeld den prestigeträchtigen Westfalenmeistertitel im Crosslauf über die Langdistanz und war im Auto der LG Wittgenstein nicht der einzige mit einer entsprechenden Urkunde.
Eine solche nahm auch Werner Stöcker mit, der in der Hansestadt der einzige M80-Starter und der bei weitem älteste Läufer überhaupt war. Der Wert seiner Zeit, 39:06 Minuten über 10,68 Kilometer, bemaß sich über Vergleiche mit den jüngeren Jahrgängen – auch in der M75 wäre der Erndtebrücker der Schnellste im Nieselregen gewesen. Gelaufen wurde auf einer Strecke mit knackigen Anstiegen, die auch ein Wiesengelände sowie trockene, aber auch matschige Abschnitte beinhaltete – ein Crossrennen, wie es im Buche steht.
In der Altersklasse W60 kam aus LGW-Sicht noch ein „Westfalenpferdchen“ für Diethild Drescher-Eigner hinzu, die nach 21:25 Minuten über 4,92 Kilometer überlegen Westfalenmeisterin ihrer Altersklasse wurde. Auf den Silberrang in der weiblichen Jugend schaffte es Carolina Eigner, der nach 11:05 Minuten über 3 Kilometer 40 Sekunden zur U20-Siegerin fehlten.
Entscheidende Lücke reißt bergab
Das Sahnehäubchen aus Sicht der LG Wittgenstein war aber der Sieg von Böhl im Rennen der Männer auf der Langdistanz. „Ich wusste schon, dass mir die Jungs der SG Wenden zumindest nicht weit weglaufen werden, aber mit dem Ergebnis habe ich nicht gerechnet“, sagt der Triathlet. „Das macht mich natürlich stolz.“ Nach 38:19 Minuten und offiziell 10,68 Kilometern – tatsächlich waren es 300 Meter mehr – erreichte Böhl das Ziel, wobei er 21 Sekunden vor Fabian Jenne lag, dem er sich vor Wochenfrist bei den mit dem Kreis Olpe gemischten Kreismeisterschaften noch geschlagen geben musste.
„Wir waren am Anfang in einer Fünfergruppe vorne. In der Einführungsrunde hat ein Triathlet im Trikot des RC Sorpesee ziemlich Tempo gemacht“, schildert Böhl den Verlauf, ehe auf den ersten beiden großen Runden Yannick Schönfeldt von der LG Olympia Dortmund die Spitze übernahm – seinem Tempo musste auch der Siegerländer Frederik Wehner (SG Wenden) Tribut zollen. In der vierten Runde reduzierte sich die Spitze auf Jenne und Böhl, der seinen Widersacher durch eine Tempoverschärfung auf einer Bergabpassage kurz vor Beginn der fünften und – eigentlich – letzten Runde abschüttelte. „Als ich die Lücke gesehen habe, bin ich natürlich Vollgas weitergelaufen“, berichtet Böhl, der sich schon auf den Zieldurchlauf freute – und zunächst enttäuscht wurde.
Der Zielkorridor war noch durch ein Flatterband abgesperrt, die Streckenposten behaarten auch nach zweimaligem Zuruf darauf, dass noch eine Runde zu laufen sei. „Ich wusste, dass Schluss ist, ich kann ja bis Fünf zählen“, sagte Böhl, der dann aber doch weiterrannte: „Was willst du machen, wenn hinter dir schon die anderen kommen? Dann bin ich eben noch eine Runde Vollgas gelaufen.“
Was leicht gesagt ist, kostete einige Schmerzen – doch den Verfolgern ging es nicht besser. So lief Böhl nach sechs statt fünf Runden, einer „Ehrenrunde“ im Renntempo, als Sieger ein. Einzig der Fünfte, Frederik Wehner, lief zunächst an der Absperrung vorbei ins Ziel, wunderte sich über die Einsamkeit dort und lief dann doch weiter, um den Mannschaftstitel der SG Wenden abzusichern. Dass am Ende kaum mehr als die ausgeschriebene Distanz gelaufen wurde, lag daran, dass die Hauptrunde knapper als in der Ausschreibung angegeben war.
FLVW: „Wertung ohne schlechtes Gewissen“
Bei den Frauen spielte die „Zusatzrunde“ eine entscheidenderer Rolle als bei den Männern. Lea Laufer vom TuS Deuz, die verhalten begonnen hatte, verringerte ihren Rückstand zur Spitze stetig und fing auf der sechsten Runde die favorisierte, völlig entkräftete Sarah Schäperklaus (LAC Veltins Hochsauerland). Die 22-jährige Liebenscheiderin sicherte sich in 49:24 Minuten das „Westfalenpferdchen“. Einen Protest legte letztlich aber niemand ein. „Trotzdem war das schon ein bisschen doof, das sollte bei einer solchen Meisterschaft nicht passieren“, findet Böhl.
Dies sieht auch Thilo Pohl so, der im Fußball- und Leichtathletikverband zu den Leichtathletik-Verantwortlichen zählt. Ursache sei ein Zählfehler gewesen. „Das war menschliches Versagen, da gab es ein Missverständnis. Wer so taktiert hätte, dass er im Ziel total am Limit ist, den hätte es vielleicht hart getroffen“, räumt der Funktionär ein: „Als die ersten Läufer schon in der sechsten Runde waren, mussten wir es für alle so durchziehen. Aber wir können das Ergebnis auch deshalb ohne schlechtes Gewissen werten, weil es alle betraf und weil die Strecken beim Cross ohnehin nicht amtlich vermessen sind.“
Und wie lief es für die Athleten aus dem Siegerland? Glänzend, kann man in der Gesamtbetrachtung sagen. Stärkster heimischer Verein war wie erwartet der TuS Deuz mit zehn gemeldeten Aktiven, von denen Julien Klein (krank) und Tobias Schmechel (verhindert) ausfielen. Aber die acht verbliebenen Deuzerinnen und Deuzer boten ausgezeichnete Vorstellungen und trugen dazu bei, dass die Johannländer einer der erfolgreichsten Vereine der Veranstaltung wurden.
Frauen-Trio gewinnt Gesamtwertung
Erstmals in diesem Jahr war wieder eine Frauenmannschaft am Start und räumte gleich beide Mannschaftstitel (Gesamt- und Seniorenwertung) vor der SG Wenden ab. Ein starkes Comeback feierte Katharina Schäfers auf der langen Strecke (ca. 4,92 km). Immer in der Spitzengruppe mitlaufend, arbeitete sich die Niederscheldenerin bis auf Platz drei in der Gesamtwertung vor. Mit 18:04 min. gewann sie überlegen den Westfalenmeistertitel in der Altersklasse W35.
„Dauerbrennerin“ Gabi Müller-Scherzant zeigte nach Erfolgen im Langsprint (400 m), Mittelstrecke (800 m/1500 m), Langstrecke (10 km/HM) auch im Crosslauf ihre Vielseitigkeit. In 18:56 min. kam sie auf Platz 6 der Gesamtwertung und siegte mit fast einer Minute Vorsprung in ihrer AK/W50. Dritte im Bunde war Bianca Senner, die ebenfalls mit großem Kampfgeist unterwegs war und damit maßgeblich zum Mannschaftserfolg beitrug. In 20:07 Minuten verfehlte sie den Titel in der Klasse W40 nur um drei Sekunden, konnte sich aber über zwei Mannschaftserfolge freuen. Damit holten „Kathi“ und Gabi sogar gleich drei Westfalentitel in einem Rennen!
Im letzten Rennen des Tages über vier Runden (knapp acht km) waren die Senioren (ab M40) an den Start. Das starke, ausgeglichene Deuzer M50/55-Team war nicht zu schlagen und wurde überlegen Westfalenmeister. Bester Einzelläufer war wieder der Eiserner Andreas Senner, der mit 27:26 min. vor Andreas Rottler (27:59 min.) die AK/M50 gewann. TuS-Abteilungsleiter Stefan Brockfeld bot trotz Verletzungsproblemen ein starkes Rennen und belegte in 27:43 min. Platz zwei in der M55. Rainer Müller erlief sich in der Klasse M70 mit 34:29 min. seinen nächsten Titel. – damit waren insgesamt sieben Titel perfekt.
Mit einigen starken Nachwuchs-Talenten war die LG Kindelsberg Kreuztal, trainiert vom Müsener Carsten Wunderlich, am Start, darunter die Siegerin in der Klasse W14/15 über 3 km, Imke Bosch (10:37 min.).
Die heimischen Ergebnisse aus Breckerfeld im Überblick
Mittelstrecke (4,92 km)
Männer: … 12. Till Hartmann (LG Wittgenstein) 16:56 min.; … 14. Joel Fontayne (LGK) 18:52 min.
Frauen - W35: 1. Katharina Schäfers (TuS Deuz) 18:04 min. – W40: … 2. Bianca Senner (TuS Deuz) 20:07 min.; 3. Tanja Charitos/Rübsamen (SG Wenden) 20:32 min. – W50: 1. Gabi Müller-Scherzant (TuS Deuz) 18:56 min. – W60: 1. Diethild Drescher-Eigner (LGW) 21:25 min.
Mannschaftswertung: 1. TuS Deuz (Platzziffer 22/Schäfers, Müller-Scherzant, Senner); 2. (1./AK W30) SG Wenden (Plz 36/mit Tanja Charitos/Rübsamen)
Langstrecke ( 10,68 km)
Männer: … 2. Frederik Jonas Wehner (Alchen/SG Wenden) 41:10 min.; … 5. Jan Philipp Weller (LGW) 43:04 min.; 6. Raul Valero Gallegos (Hilchenbach/SG Wenden) 44:05 min.; … 8. Dominik Weise 46:44 min. (beide LGW) – M30: 1. Timo Böhl (LGW) 38:19 min.
Mannschaftswertung: 1. SG Wenden (mit Frederik Jonas Wehner); … 3. LG Wittgenstein (Böhl - Weller - Weise)
Langstrecke/Senioren (7,96 km)
M40: 1. Markus Mockenhaupt (Wilgersdorf/SG Wenden) 26:28 min. – M50: 1. Andreas Senner 27:26 min.; 2. Dr. Andreas Rottler 27:59 min. – M55: … 2. Stefan Brockfeld 27:43 min. – M70: 1. Rainer Müller 34:29 min. (alle TuS Deuz) – M80: 1. Werner Stöcker (LGW) 39:06 min.
Mannschaftswertung (M50/55): 1. TuS Deuz (Platzziffer 9).
Frauen: 1. Lea Laufer (TuS Deuz) 49:24 min.
Mittelstrecke (3,00 km)
WJU20: … 2. Carolina Eigner (LGW) 11:05 min. – WJU18: … 6. Klara Fuchs 11:33 min.; … 9. Hedi Palauschek 13:13 min.; … 13. Lauri Henrich 16:39 min. (alle LGK)
Mannschaftswertung: … 2. LGK (Plz 28).
M15: … 6. Tim Jonathan Kloppstech 10:26 min. – W15: 1. Imke Bosch 10:37 min.; … 8. Inga Bürger 12:36 min. – W14: … 15. Lena Boch 13:23 min. alle LGK).
Mannschaftswertung: … 5. LG Kindelsberg Kreuztal (Plz 45).
Rahmenwettkämpfe (2,2 km)
W13: … 9. Lea Fischer (LGK) 8:30 min.