Berghausen/Raumland. Singen und Fußball gehören zusammen, ganz besonders bei den Sportfreunden Edertal. Ihr Liederbuch enthält einige Schätzchen.

Lieder gehören zur Kultur des Fußballs beinahe so fest wie das Singen zu Weihnachten. Dass für die sechs Strophen von „Stille Nacht, Heilige Nacht“ ein Gesangbuch in der Kirche oder im Wohnzimmer aufgeschlagen wird, ist eine recht normale Sache. Dass ein Fußballverein ein Liederbuch hat, ist dagegen ungewöhnlich. Erst recht im Amateurfußball. Kein Wunder, dass die Sportfreunde Edertal ein bisschen stolz sind auf ihre „Edertaler Fußball-Lieder“, auch wenn es sich auf ein Din-A-6-Format mit 15 Texten beschränkt.

Enthalten sind allgemeine Fußball-Klassikern wie „Gute Freunde kann niemand trennen“, alte Volkslieder ohne Sportbezug (z.B. „Im grünen Wald“), das Wittgensteiner Heimatlied und Stücke mit gängigen Melodien, die auf die Sportfreunde umgedichtet worden sind. Nicht alle werden in Raumland und Berghausen regelmäßig gesungen, einige dafür immer, wenn die Mannschaft nach Spielende noch einige Stunden zusammenbleibt. 

Je mehr Tore fallen, desto mehr wird gesungen. Allein schon, weil einem Ritual folgend jeder Torschütze einzeln besungen wird. „Junge, war das ein Törchen, das der Peter hat geschossen“ – dies durfte sich Peter Rosenblatt nach acht Saisontoren entsprechen häufig anhören, ehe er mit dem Rest einstimmt: „Hurra, Hurra, Hurraa, die Edertaler sind schon wieder da.“ Man kann es sich, auch in voller Lautstärke, gut vorstellen. 

Hörbare, gemeinschaftliche Ekstase, ein positiver Fanatismus, ein im wörtlichen Sinne aus-sich-Herausgehen – all das, was Singen im religiösen Kontext ausmacht, hilft natürlich auch beim Fußball. Dass ein wenig Euphorie nicht schadet, haben die Sportfreunde als Überraschungs-Tabellenführer der Kreisliga A in diesem Herbst gezeigt.

Bernd Dickel gibt den Anstoß

„Herausgeber“ der rund 200 Exemplare der „Edertaler Fuball-Lieder“ ist Bernd Dickel, langjähriger Trainer der ersten Mannschaft in zwei Amtszeiten bis 2010. „Wir haben oft das eine oder andere Lied in der Kabine gesungen, aber ab der zweiten Strophe fehlte dann oft der Text. Deshalb haben wir eine Sammlung gemacht, damit das alles nicht verloren geht“, sagt der heutige Leiter der Polizeiwache in Bad Berleburg. Mit seinem Betreuer Wolfgang Schmidt sowie Christian Knebel und „Duchardts Menne“ sprach er 2005 auch die älteren Mitglieder an, die noch in den Trikots der Vorgängervereine SSV Berghausen und SV Raumland dem Ball nachjagten.

Es müssen auch einige Spieler dabei gewesen sein, die auf Kassetten von Heino geschworen haben. Aus dessen Repertoire sind nämlich gleich drei Lieder dabei, doch „Schwer mit den Schätzen des Orients beladen“ wird von der heutigen Generation ebenso ignoriert wie die anderen beiden. Andere Uralt-Lieder kommen im Sportfreunde-Casino hingegen regelmäßig zu neuer Blüte. 

Im „Bub vom Edertal“ wird die schöne Heimat besungen, am Ende heißt es: „Und wenn ich einst gestorben bin, ja dann tragt mich fort, von jenem Ort, tragt mich ins schöne Edertal.“ In „Am Sportplatz steht ein kleines Haus“ wird mit großem Pathos der Siegeswille und Zusammenhalt besungen, Fußball quasi zur Herausforderung auf Leben und Tod erhöht. Hier heißt es abschließend: „Wir wanken und wir weichen nicht, ja nicht, bis dass der Schuh am Ball zerbricht.“ 
„Den Text dieses Liedes kenne ich in etwas anderer Form auch als Feuerwehrlied“, sagt der Vorsitzende Maximilian Schmeck, der mit Blick auf die teils veraltete Wortwahl ergänzt: „Teilweise wird das mittlerweile anders gesungen, als es abgedruckt ist.“ 

Übrigens ist es nicht so, dass ausschließlich Siege bejubelt werden. In „Wer hat uns das Spielchen verlor‘n?“ ist der Torwart ein Lohmann, der Trainer eine Träne und der Vorstand ein Zustand – und so weiter und so fort. Sich selbst auf die Schippe nehmen zu können und auch im Misserfolg zusammen zu stehen  – dies war Bernd Dickel als Trainer immer wichtig. „Auch wenn es abgedroschen klingt, es gehört dazu, dass man auch nach einer Niederlage noch kameradschaftlich zusammenbleibt“, sagt der inzwischen nach Wemlighausen umgezogene Berghäuser. 

„Ich sage immer, auf dem Sportplatz kann keiner seinen Charakter verstellen. Wer da nicht ehrgeizig ist, ist es auch im Beruf nicht. Wer sich nicht benehmen kann, kann es auch sonst nicht. Und wer kein guter Kamerad in der Mannschaft ist, denkt auch im richtigen Leben nicht viel an andere“, ist Dickels Beobachtung. Dafür, die Dinge in die richtige Richtung zu lenken, war ihm das Singen ein kleiner Hebel. „Es hilft einfach bei der Kameradschaft. Und ohne kannst du als Mannschaft nicht erfolgreich sein“, sagt der 59-Jährige, dem seine damaligen Begleiter übrigens nachsagen, dass er meistens die Töne traf.

Goldene Zeiten in der Bezirksliga

Ob es nun am Singen lag oder nicht doch eher an richtigen Trainingsinhalten und dem häufigen Einsa des Kopfballpendels, sei dahingestellt: Dickels Zeiten waren gute Zeiten für Edertal, denn die Sportfreunde mischten in der Bezirksliga mit. Vor allem bei den Busfahrten ging es zu Dickels Zeiten, während der Edertal noch in der Bezirksliga mitmischte, hoch her – besonders bei der  Edertal-Version der „Hobelbank“. Den vielerorts beliebten Wechselgesang (Hier: „Sind wir nicht aus Edertal“ - „Ja wir sind aus Edertal“) stimmte Torwart Heiko Born an. „Den könnten sie jetzt noch nachts im Schlaf wecken, der kann das singen. Vor allem vom Tempo her konnte er das gut“, erinnert sich Dickel gerne zurück.

Es waren viele weite Fahrten in der Bezirksliga des Sauerlandes, bis nach Arnsberg, Hüsten oder Lenhausen. „Meistens haben wir ja auswärts verloren“, schmunzelt Wolfgang Schmidt: „Trotzdem wurde eine Kiste Bier getrunken und gesungen. Nächstes Jahr haben wir Jubiläum, da werden wir einige Sachen dann wieder auffrischen.“ Auch der Gesangverein will ein, zwei Stücke für das Jubiläumsfest einstudieren.