Andreas Bornemann vom TuS Ferndorf wird zum Trainingsstart so fit wie kaum ein anderer Spieler sein. Warum er dafür viel Zeit investiert.

Ferndorf/Kelkheim. Wenn Robert Andersson, der neue Trainer des Handball-Zweitligisten TuS Ferndorf, seine Mannschaft am 22. Juli zur ersten Trainingseinheit in der Zweifachsporthalle des Sportzentrums Stählerwiese begrüßt und sich auch einen Eindruck von der körperlichen Verfassung jedes Einzelnen verschaffen wird, dürfte einer fit wie ein Turnschuh sein: Andreas Bornemann!

Das ist Andreas Bornemann

Seine Handball-Karriere startete der vor 26 Jahren in Frankfurt geborene Andreas Bornemann 2000 bei der TSG Münster und wurde 2010 in die Akademie der Rhein-Neckar Löwen aufgenommen.

Vor seinem Wechsel zur Saison 2018/2019 zum TuS Ferndorf spielte Andreas Bornemann u.a. für den TV Neuhausen, den HC Rhein Vikings und Eintracht Hagen, jeweils in der 2. Liga.

In Ferndorf hielt sich sein Spieleinfluss zunächst in Grenzen, doch spielte Andreas Bornemann auch dank der optimierten Abstimmung mit seinen Nebenleuten Julius Lindskog Andersson und Jonas Faulenbach eine bärenstarke Rückrunde sowohl im Angriff als auch in der Abwehr.

In 22 Spielen erzielte er 72 Treffer – fast so viele wie in seinen 66 Einsätzen für Hagen – und lieferte 30 Torvorlagen.

Der wurfgewaltige Linkshänder hat sich in der langen trainingsfreien Zeit seit dem Abbruch der vergangenen Saison Mitte März nämlich nicht auf die faule Haut gelegt, sondern sich ein individuelles Trainingsprogramm verordnet, das er seit vier Monaten, seit dem vorzeitigen Saisonende, konsequent durchzieht.

Video-Schnipsel als Inspiration

„Klar war es schwierig, seinerzeit von 100 auf null Prozent runterzuschrauben und sich an einen anderen Alltag gewöhnen zu müssen. Vor allem der Kopf musste das erst einmal verstehen“, erinnert sich der 26-Jährige. Er schaffte diesen „Turnover“ deshalb, „weil ich es als Herausforderung und Pflicht angesehen habe, mich fit zu halten.“ In den ersten Wochen nach der Zwangstrennung von den Mannschaftskameraden funktionierte Andreas Bornemann die Garage seines Vermieters in Kreuztal in ein kleines Fitness-Studio um. Die täglichen Workouts sprach er mit den Trainern der „Box57“ ab. In dem Netphener Fitness-Studio gehen die Ferndorfer Spieler ein und aus.

In der Garage seines Vermieters in Kreuztal durfte sich Andreas Bornemann ein kleines Fitness-Studio einrichten.​
In der Garage seines Vermieters in Kreuztal durfte sich Andreas Bornemann ein kleines Fitness-Studio einrichten.​ © privat

Ob Kraftübungen mit Hanteln oder Seilen, Steigerungs- oder Treppenläufe, Gymnastik oder Radtouren – an vielen Übungen lässt er seine Instagram-Freunde (_borne29_) teilhaben. Jeden Tag lädt der 1,95 m-Hüne kurze Videos hoch. „Ich habe daran großen Spaß und sehe dies auch als Inspiration für andere.“

Der Handball spielt noch keine Rolle

Inzwischen hat er seine persönliche Mucki-Bude ins Haus seiner Eltern in Kelkheim nördlich von Frankfurt verlegt. Dort kann er sich auch im Garten austoben. Um Robert Andersson nicht nur mit guten Kraftwerten, sondern auch mit exzellenter Kondition zu überzeugen, investiert Andreas Bornemann viel Zeit. Meist ist er in den Wäldern des Taunus laufend oder auf dem Bike mit seinem Bruder unterwegs. Sein Lieblingssportgerät, der Handball, spielt bislang keine Rolle. Fast. „Auf dem Hof meiner ehemaligen Schule kann ich Wurfübungen machen. Das ist gut, denn die Schulter soll mir nach dem Wiedereinstieg ins Handballtraining ja nicht gleich auseinanderfliegen“, schmunzelt der Modellathlet. Klar, dass auch ein Harztopf immer griffbereit ist.

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Es ist übrigens das erste Mal seit seinem Auszug im Alter von 16 Jahren, dass Andreas Bornemann wieder für eine so lange Phase im elterlichen Haus lebt. Damals verließ er seine Heimat, um in der Akademie der Rhein Neckar-Löwen seine Handball-Ausbildung und damit auch seine Karriere zu starten. „Das war eine perfekte Erfahrung, von der ich noch immer profitierte“, blickt er auf seine Anfänge zurück. Er genießt die gemeinsame Zeit mit der Familie, mit Freunden, mit ehemaligen Weggefährten. Sie wird bald ein Ende haben...

Für kraftraubende Saison gewappnet

Und warum die ganze Schinderei in der handballlosen Zeit? Andreas Bornemann sagt: „Auf uns wartet eine sehr harte Vorbereitung und eine lange Saison. Dafür muss man sich wappnen. Wir sind Leistungssportler, verdienen mit Handball unser Geld.“ Wie die übrigen Angestellten bei der TuS Ferndorf Handball GmbH ist auch Andreas Bornemann seit dem Saisonabbruch in Kurzarbeit.

Seitdem muss sich jeder Spieler eigenverantwortlich um seine Fitness kümmern. Umso größer ist die Vorfreude auf die Rückkehr in den geregelten Trainingsalltag, das Wiedersehen mit den alten und neuen Teamkameraden, das Kennenlernen des neuen Trainers und letztlich auch den Wettkampf in der stärksten 2. Handball-Bundesliga der Welt. Bis es zum ersten Schlagabtausch um Tore und Punkte kommt, werden sich Bornemann und Co. noch bis zum 2./3. Oktober gedulden müssen.

Klausuren alle online

Übrigens: Wird nicht gestemmt, gerannt, geradelt und geschwitzt, forciert Andreas Bornemann seine berufliche Zukunft, die nach der Handballkarriere auf ihn wartet. Der gebürtige Hesse paukt für sein Fernstudium im Fach Umweltingenieurwesen. In der Corona-Zeit standen und stehen diverse Klausuren auf dem Programm. „Vorlesungen in der Uni in der Kassel gibt es jetzt natürlich nicht. Auch die Prüfungen laufen alle online“, erzählt Andreas Bornemann, der nach dem Bachelor- auch den Masterabschluss in Angriff nehmen wird.

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Es warten in den nächsten Wochen und Monaten also genügend Ziele und Herausforderungen auf den sympathischen Handballer, den auch die TuS-Fans längst in ihr Herz geschlossen haben. Sein Vertrag läuft bis Juni 2021.