Sie sind vier Brüder und teilen eine sportliche Leidenschaft: Schwimmen. Warum Jonah, Elia, Matthis und Silas Irle so gerne Kacheln zählen.

Eiserfeld. Vor zwei Wochen, Berlin. Gähnende Leere in der Schwimm- und Sprunghalle im Europasportpark. Dort, wo sonst zu dieser Zeit flimmernde Anspannung in der chlorschwangeren Luft liegt. Die Deutschen Jahrgangs-Meisterschaften (DJM) der Schwimmer fanden wegen der Coronavirus-Krise nicht statt, sind zunächst nur abgesetzt, noch nicht abgesagt.

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Das Schwimmstadion in Prenzlauer Berg ist seit Jahren ein beliebtes Reiseziel für die Schwimmer der SG Siegen. Im Vorjahr kletterte Matthis Irle auf die Startblöcke jener Sportstätte, in der eigentlich vor 20 Jahren Olympiasieger gekürt werden sollten. Der Eiserfelder hatte sich 2019 zum ersten Mal für die nationalen Nachwuchs-Titelkämpfe qualifiziert. Er wurde auf Anhieb Siebter im Finale des Jahrgangs 2005 über 50 m Brust, über 100 m Brust schlug er als Elfter an – und hatte so der Familien-Geschichte im Hause Irle ein weiteres erfolgreiches Kapitel hinzugefügt.

Goldenes Debüt

Matthis Irle (14) war als DJM-Teilnehmer nun endgültig in die Fußstapfen seiner älteren Brüder und seines Vaters getreten. Silas Irle (24) gewann 2010 Silber im Jahrgang 1996 über 200 m Brust, schaffte es bis 2014 in einige Endläufe mehr auf den Brust-Strecken. Und erst Jonah Irle: Der heute 22-Jährige debütierte 2011 in Berlin gleich mit Gold im Schwimm-Mehrkampf des Jahrgangs 1998, dazu kamen in den nächsten Jahren jeweils drei Silber- und Bronzemedaillen.

Matthis Irle nimmt vergangenes Jahr das erste Mal an den Deutschen Jahrgangsmeisterschaften im Schwimmen teil.
Matthis Irle nimmt vergangenes Jahr das erste Mal an den Deutschen Jahrgangsmeisterschaften im Schwimmen teil. © Carsten Loos

Der Weg zum Schwimmen war für die Irle-Brüder nicht weit – weder räumlich noch familiär. Im Hallenbad in Eiserfeld, unweit vom Elternhaus, bekamen sie ersten Kontakt zum Schwimmsport in der Übungsstunde der Schwimmvereinigung Neptun Siegerland, in der Gruppe von Jutta Riedlinger.

„Wir hatten eine Familienmitgliedschaft“, erinnert sich Silas Irle. Es sei dabei „ziemlich egal gewesen“, dass Vater Volker Irle einst selbst bei Deutschen Jahrgangs-Meisterschaften mitgemacht hatte. „Ich bin immer mit Silas hingegangen“, erklärt Jonah Irle. Er habe seine Söhne aber „immer mal wieder anschieben müssen“, schmunzelt der heute 50 Jahre alte Vater.

Nicht immer Lust auf Kacheln zählen

Nicht immer sei die Lust auf Hallenbad und Schwimmen ausgeprägt gewesen. „Wir mussten oft gezwungen werden“, erinnert sich Silas Irle mit einem Augenzwinkern an seine schwimmerischen Anfänge. Jonah Irle ging sogar ein Jahr lang überhaupt nicht mehr hin, doch: „Ich habe das irgendwann ein bisschen vermisst.“ Und fing wieder an.

Gold und Silber

Den Grundstein für die Erfolgsserie der Eiserfelder Schwimm-Familie Irle bei Deutschen Jahrgangs-Meisterschaften legte Silas Irle in 2:32,45 Minuten, mit denen er 2010 Zweiter über 200 m Brust im Jahrgang 1996 wurde.

Ein Jahr später gewann Jonah Irle (Jahrgang 1998) Gold im Schwimm-Mehrkampf. Das beste Einzel-Ergebnis für den damals 13-Jährigen in diesem Mehrkampf: Zweiter über 100 m Freistil in 58,07 Sekunden.

In den 80er Jahren war Vater Volker bei Deutschen Jahrgangs-Meisterschaften geschwommen, fünfmal hintereinander. Von 1983 bis 1987 war das. Im Finale wie die Söhne Silas, Jonah und Matthis? „Nein“, erklärt er, „ein zehnter Platz war mein bestes Ergebnis.“ Und: Wenn sich seine Söhne an ihm orientiert hätten, wären die nicht weiter als 50 Meter gekommen“, lacht er.

Mutter Kerstin Irle sorgt für Disziplin

Das große Kämpferherz hätte die „Next Generation“ von Mutter Kerstin Irle, auch wenn die einstige Eiserfelder Jugend-Handballerin im Vergleich zum Rest der Familie kaum etwas mit Schwimmen zu tun habe. „Sie ist sehr diszipliniert“, sagt Volker Irle, „das Durchbeißen haben sie von ihr.“ Der gemeinsame Weg in den Schwimmsport mit seinem zwei Jahre älteren Bruder Silas sei für ihn „immer wichtig“ gewesen, betont Jonah Irle: „Er hat mich immer mitgenommen.“

Jonah Irle ist der erfolgreichste Schwimmer aus dem Irle-Clan und hat inzwischen auch die Trainerlizenz erworben.
Jonah Irle ist der erfolgreichste Schwimmer aus dem Irle-Clan und hat inzwischen auch die Trainerlizenz erworben. © Carsten Loos

2013 und 2014 schafften es die beiden dann auch gemeinsam in die Endläufe bei den nationalen Jahrgangs-Meisterschaften über 100 m Brust, Silas Irle im Jahrgang 1996, Jonah im Jahrgang 1998. Silas wurde Achter (2013) und Siebter (2014), Jonah Fünfter (2013) und Achter (2014). Dabei waren solche Starts wie etwa über 100 m Brust für Jonah Irle abseits seiner Haupt-Disziplinen Freistil und Lagen eher eine Art Beschäftigungsprogramm. Bei allem schwimmerischen Talent war Jonah Irle jedoch stets wichtig: „Beim Training trifft man seine Freunde.“

„Schwimmen reizt mich heute nicht mehr“, erklärt Silas Irle. Zumindest nicht mehr, um noch selbst ins Wasser zu springen. Ein Auge in Sachen Schwimmen auf den jüngeren Bruder Matthis hat er dennoch. Etwa beim Krafttraining. „Damit mal was an den Kerl rankommt“, lacht Silas Irle, „und ich mich selbst auch noch etwas bewege...“