Wittgenstein. Die Betreiber werden von der Situation kalt erwischt und blicken mit großer Sorge in die Zukunft. Einige machen aus der Not eine Tugend.
Der enge Körperkontakt bei Kursen und im Training, viel Schweiß, Handshakes und Umarmungen sowie das gemeinsame Duschen: Auch Fitnessstudios gelten in der aktuellen Corona-Krise als Orte mit großem Ansteckungspotenzial. Ein Erlass des NRW-Gesundheitsministeriums sorgt nun dafür, dass von heute an „auch der Betrieb von Fitnessstudios, Schwimm- und Spaßbädern sowie Saunen untersagt“ ist, wie die NRW-Staatskanzlei erklärt.
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Ein spürbarer Besucherrückgang war angesichts der Krise zwar gestern, allerdings noch nicht in der Vorwoche zu verzeichnen. Dennoch ist es nicht so, dass die Studios die Ausbreitung des Virus bislang ignoriert hätten. So hat beispielsweise das Studio „Fitness & Mehr Wittgenstein“ in Raumland schon am Wochenende sämtliche Gruppenkurse gestrichen, um einer möglichen Übertragung zwischen den Studiobesuchern entgegenzuwirken. Teils wurde auch die Zahl der Spender für Desinfektionsmittel erhöht und zu erhöhter Achtsamkeit in Sachen Hygiene aufgerufen.
Vom Ministeriumserlass werden die Studios dennoch kalt erwischt. Was kein Wunder ist: Eine solche Situation ist in den vergangenen Jahrzehnten beispiellos. So erlebten die Studios einen Montag im Ausnahmezustand – mit etlichen Konferenzen, Telefonaten, Besprechungen und fragenden Kunden.
Rechtslage ist unklar
Keine Informationen gab unter diesen Umständen vom Studio „Fitnesspoint Pulverwald“. Am Montagmittag bestätigte Adrian Michalak, einer der Inhaber, nicht einmal die Schließung am Dienstag. „Das ist wahrscheinlich, aber ich warte noch auf die Bestätigung der Gemeinde Erndtebrück“, sagte Michalak, der auch zum weiteren Verfahren keine Auskünfte gab: „Es noch sehr viel unklar. Wir werden Lösungen finden.“
Beim Bad Berleburger Fitnessstudio „Pulsschlag“, das zum Teil von Winterberg aus mitverwaltet wird, heißt es via Homepage: „Wir müssen uns genau wie Ihr auch erstmal auf die Situation einstellen, deshalb bitten wir euch, jegliche Fragen per E-Mail an uns zu richten.“
Der allgemeine Eindruck: Es gibt kaum Panikreaktionen von Kunden, die nun unbedingt ihre Verträge kündigen möchten. Der Kampf gegen den unsichtbaren Feind, den Coronavirus, schweißt teils sogar Studios und Sportler zusammen.
Doch wie wird verfahren mit Mitgliedsbeiträgen für eine Zeit, in der die Studios keine Leistungen anbieten dürfen? Und was ist mit den Mitarbeitern? Können diese in eine Art Kurzarbeit oder Zwangsurlaub gesendet werden? „Von den Verbänden kommen da unterschiedliche Meinungen. Diese Situation hatten wir noch nie. Wir haben heute sogar mit Anwälten darüber gesprochen“, sagt Volkmar Schruttke vom Studio in Raumland. Auch er hält sich bedeckt, bis in den kritischen Fragen Klarheit besteht.
Existenzbedrohende Situation
Klar sei nur eines – die Situation dürfe nicht zum Schaden der Sportler sein. „Die Kunden bekommen das wieder gutgeschrieben“, sagt Schruttke, der angesichts weiterhin auflaufender Zahlungsverpflichtungen und Kosten bei gleichzeitig ausbleibenden Einnahmen einräumt: „Natürlich macht man sich Sorgen, wie es weitergeht.“
Als existenzbedrohend schätzt auch Kilian Giese, Inhaber des „RadioActive“ (ehemals „Fit for Life“) in Bad Laasphe, die aktuelle Krise ein – sofern die Schließung länger als bislang beschlossen anhalten sollte. „Ein Monat kein Thekenumsatz, das werden wir merken. Auch die Osteraktion können wir in die Tonne kloppen. Das ist eigentlich die Zeit, wo wir Mitgliedschaften für den Sommer sammeln“, sagt Giese: „Ich hoffe, dass wir nicht ganz so lange zumachen müssen und dass die angekündigten Unternehmenshilfen seitens der Regierung schnell bereit gestellt werden.“
Aktuell macht der Biedenkopfer aus der Not eine Tugend: „Wir nutzen die Zeit für Renovierungen, Schulungen und andere Geschichten, um die Qualität zu erhöhen.“
Für gestern Abend wurde im „RadioActive“ ein Notfall-Teammeeting der Mitarbeiter anberaumt, um darüber zu sprechen, was den Kunden während der Schließung über das Internet geboten werden könne. Ideen gab es dazu einige: Individuelle Beratungen werden telefonisch täglich von 10 bis 12 Uhr und 15 bis 18 Uhr angeboten, dazu könnten Trainer ihre Kurse über Livestreams, etwa via Instagram, oder über Videos bei Youtube anbieten.
Die Kommunikation zwischen Trainer und Sportler mit persönlicher Motivation, Korrekturen bei suboptimaler Ausführung der Übungen sowie die Nutzung spezieller Geräte kann dies fraglos nicht ersetzen. Ein Angebot mit vertrauten Abläufen, einer bekannten Stimme und den üblichen Sprüchen wäre jedoch allemal besser als gar nichts – sofern es technisch umsetzbar ist.
Ausfallzeit wird gutgeschrieben
Auch in Bad Laasphe zahlen die Mitglieder effektiv übrigens nicht drauf. Giese: „Es wird so sein, dass wir die Zeit der Schließung als Ruhezeit werten und die Mitglieder diese verrechnet bekommen.“