Schönach/Bad Wiessee. Im Ski Alpin und Skisprung starten Wittgensteiner Schüler für NRW beim Bundesfinale. Es ist ein Riesenerlebnis, doch an der Basis bröckelt es.
Weil die Skilanglauf-Wettbewerbe wegen Schneemangels und Sicherheitsbedenken ausfielen, schrumpfte das Winterfinale von „Jugend trainiert von Olympia“ in diesem Jahr auf ein Mini-Format zusammen. Statt rund 750 Teilnehmern waren in diesem Winter nur rund 150 Kinder dabei, die sich zudem auf zwei Orte verteilten: Die Ski-Alpin-Rennen fanden im bayrischen Bad Wiessee mit Blick auf den Tegernsee statt, der Skisprung fand auf der K20-Schanze in Schönwald im Schwarzwald statt.
Dem Alpin-Team der Mädchen, das als Regionalteam NRW in der Wettkampfklasse IV (Jahrgänge 2007 bis 2010) mit den Schwestern Larissa und Natalie Menke aus Erndtebrück, Antonia Spittel aus Schameder sowie den Winterbergerinnen Lena Braun und Lara Wemhoff ins Rennen ging, gelang eine große Überraschung. Im Teamwettbewerb im Parallelslalom wurde die Mannschaft, die in der Jugendherberge Kreuth Quartier bezogen hatte, Dritter auf der Skipiste des Skisportzentrums Sonnenbichl.
Mit Sonne war dort allerdings nicht viel. Die Rennen am Montag fanden im strömenden Regen statt, womit die Mädels aus dem Rothaargebirge aber vergleichsweise gut klarkamen. Mit Siegen über die Schulen aus St. Blasien (4:1) und Leutkirch (3:2) – die Punkte ergaben sich aus Siegen in je fünf Duellen „Mädchen gegen Mädchen“ – schaffte es das NRW-Team trotz eines 2:3 gegen das St.-Ursula-Gymnasium Hohenburg ins Halbfinale. Und dies, obwohl Lara Wemhoff durch eine Fußverletzung infolge eines Sturzes ab dem dritten Rennen nicht mehr antreten konnte. Damit erhielten die jeweiligen Gegner einen Punkt kampflos.
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„Dieser Modus ist nicht einfach“, berichtet Ernst Knipschuld, Alpin-Sportwart im Westdeutschen Skiverband, der als Betreuer mitfuhr. „Beim Parallelslalom kann man sich schnell vom Nachbarn auf der anderen Bahn unter Druck gesetzt fühlen. Dann schleichen sich umso leichter Fehler ein.“
Natalie Menke und Lena Braun mit fünf Siegen in fünf Duellen
Das Halbfinale gegen das Gymnasium Oberstdorf ging somit zwar 2:3 verloren, im Rennen um Platz 3 gab es aber einen 3:2-Sieg gegen das Gymnasium Rosenheim. Stark: Natalie Menke gewann in allen ihrer fünf Paarungen und wurde unter 79 Mädchen in der Einzelwertung Dreizehnte. Auch Lena Braun „stach“ in allen fünf Rennen und verpasste die Einzel-Siegerehrung als Fünfte nur ganz knapp.
„Wir freuen uns unheimlich darüber“, betont Knipschuld mit Verweis auf die erheblich besseren Strukturen und Trainingsmöglichkeiten in Süddeutschland. Besonders der Bayrische Skiverband beherrscht die Nachwuchs- und Hauptklassen beinahe nach Belieben.
Piste muss gesalzen werden
Durch den vierten Platz im Teamwettbewerb im Vielseitigkeits-Riesenslalom beendete das Team aus dem Rothaargebirge auch die Gesamtwertung als Vierter. Die Bronzemedaille verpasste NRW bei Punktgleichheit durch ein schlechteres Vorlaufergebnis.
Ähnlich wie bei den „Alpinen“, bei denen Läufe am Dienstag nur noch mit einer künstlich harten, gesalzenen Piste möglich waren, stellten sich die Bedingungen im Skisprung schwierig dar. Am Montag, einen Tag vor dem Wettkampf, regnete es heftig. „Wir haben alle die Luft angehalten, ob der Schnee noch hält“, sagt Miriam Dickhaut, die gemeinsam mit Marius Kappes und Nicole Abrams das NRW-Team betreute. Am Mittwoch gab es dann viel Neuschnee.
Fünf Wittgensteiner im Skisprung
Mit Marcel Dickhaut, Frida Müller, Lennart Haschke, Hanna Beschorner und Mia Abrams, die das Skisprung-ABC allesamt im SC Rückershausen gelernt haben, waren neben dem Winterberger Max Mammey gleich fünf Wittgensteiner dabei. Die meisten Punkte sammelte Dickhaut („Er war stolz wie bolle“) als Fünfter der Einzelwertung mit 19,5 und 19,0 Metern. Er profitierte auch von guten Haltungsnoten für seine Telemarklandung und eine saubere Haltung, denn in puncto Weite taten sich die Springer auf den ersten zwanzig Plätzen nicht viel. Frida Müller machte mit 17,5 und 15,0 Metern auch zwei beachtliche „Sätze“ – Platz 46.
Das Ergebnis spielte aber nicht die Hauptrolle. NRW wurde Neunter unter 13 Teams, der Rückstand zum siegreichen Schwarzwald-Team war deutlich (siehe Resultate links). „Für uns zählte hier vor allem der olympische Gedanke. Für die Kinder war es der erste bundesweite Wettkampf. Bisher hatten sie nur regionale Konkurrenten“, berichtet Miriam Dickhaut. Entsprechend groß sei die Vorfreude, aber auch die Nervosität gewesen.
Mit der kleinen Adlerschanze seien die Kinder gut zurechtgekommen. „Die 20-Meter-Schanze in Winterberg ist schwieriger“, war der Tenor. Doch auf eine Besonderheit galt es sich einzustellen. Für die Kinder aus dem NRW-Team waren es die ersten Sprünge in einer reinen Schneespur, die trotz Fräsung keine hundertprozentig perfekt Führung der Ski garantiert und somit mehr Aufmerksamkeit und Stabilität erfordert, als sie auf Schanzen mit Keramik-, Edelstahl- oder Eisspur nötig ist.
Treffen mit Victoria Rebensburg
Der Wettkampf habe bei den Kindern noch einmal die Vorfreude auf das Erreichen der nächsten Altersstufe, in der es mit dem Deutschen Schülercup im Skisprung und der Nordischen Kombination losgeht, noch einmal geschürt.
Zumal neben dem reinen Wettkampf ja noch die Erlebnisse bei der Eröffnungsfeier, den weiteren Gemeinschaftsveranstaltungen oder bei den Treffen mit den „Großen“ hinzukommen, die für Fotos, Autogramme und vor allem Tipps parat standen. In Bad Wiessee waren mit Victoria Rebensburg und Martina Ertl-Renz je eine aktuelle und eine ehemalige internationale Größe dabei. In Schönwald schaute Profi David Siegel den Kindern über die Schulter. Solche Erinnerungen könnten für die Motivation im Sommer wichtig werden.
Winterfinale Jugend trainiert für Olympia
Der zweite extrem schneearme Winter in Folge macht den Sportvereinen und -verbänden nämlich zu schaffen. Die Basis bröckelt, wie die Betreuer der Schülerteams feststellen. Kein Wunder: Ski Alpin war in Wittgenstein in diesem Winter an keinem einzigen Tag möglich – nicht einmal am künstlich beschneiten Hesselbacher Gletscher. Wo es keinen Schnee gibt, kann kein Kind das Skifahren lernen. Skihallen und die Hänge in den Alpen sind weit entfernt.
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„Der Nachwuchs bricht uns in den jüngsten Jahrgängen deshalb schon weg. Für das kommende Jahr werden wir den Antrag stellen, wieder ein Gesamt-Team für NRW stellen zu dürfen“, sagt Ernst Knipschild vom Westdeutschen Skiverband, der diesmal zwei Regierungsbezirks-Teams betreute. Die Jungs kamen aus dem Rheinland, die Mädchen aus dem Regierungsbezirk Arnsberg.
Paradox: Winter als kritische Phase für die Motivation im Wintersport
Die Skispringer haben es mit den Mattenschanzen, die von April bis November ein geregeltes Training zulassen, etwas leichter. Es klingt paradox, ist aber so: Der Winter war in den vergangenen Jahren eine kritische Jahreszeit, wenn es darum geht, die Kleinsten im Wintersport bei der Stange zu halten.
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„Es sind nicht wenige Kinder, die sagen: ,So was doofes, wofür trainiere ich denn immer?’“, verweist Miriam Dickhaut auf fehlende Skisprungwettbewerbe für Kinder im Winter. Erst ab elf Jahren gibt es für sie mit dem Deutschen Schülercup gesicherte Angebote – doch der wiederum richtet sich nur an Fortgeschrittene. Selbst Sprungtraining war kaum möglich, weil die meisten Schanzen der Region auf Winterbetrieb eingestellt, also mit Netzen belegt sind. Der Schnee für deren Nutzung fehlte wiederum meist.
„Deshalb konnte man hier nicht viel erwarten“, stellt Miriam Dickhaut fest. Sie bedauert, dass viele Kinder nicht die Chance haben, ihr Potenzial auszuschöpfen: „Mit mehr Training auf Schnee wären ganz andere Resultate möglich gewesen. Allein in den drei Tagen hier hat man bei allen Kindern große Fortschritte gesehen.“
Die Ergebnisse im Überblick
Ski Alpin (WK IV; Jg. 2007 bis 2010)
Teamwettbewerb Parallelslalom Mädchen: 1. Erzbischöfliches St.-Ursula-Gymnasium Lenggries; 2. Gertrud-von-le-Fort-Gymnasium Oberstdorf; 3. Regionalteam NRW;
4. Sebastian-Finsterwalder-Gymnasium Rosenheim; 5. Hans-Multscher-Gymnasium Leutkirch im Allgäu; 6. Regionalteam Südthüringen; 7. Fürstabt-Gerbert-Schule St. Blasien; 8. Neß-Gymnasium Wangen.
Teamwettbewerb Vielseitigkeits-Riesenslalom Mädchen: 1. Erzbischöfliches St.-Ursula-Gymnasium Lenggries 3:42,58 Minuten; 2. Gertrud-von-le-Fort-Gymnasium Oberstdorf 3:50,72; 3. Sebastian-Finsterwalder-Gymnasium Rosenheim 3:57,72; 4. Regionalteam NRW 3:57,35; 5. Regionalteam Südthüringen 4:13,98; 6. Hans-Multscher-Gymnasium Leutkirch im Allgäu 4:15,45; 7. Fürstabt-Gerbert-Schule St. Blasien 4:27,44; 8. Rupert-Neß-Gynmasium Wangen 4:30,56.
Gesamtwertung Mädchen: 1. Gymnasium Lenggries 200 Punkte; 2. 2. Gymnasium Oberstdorf 160; 3. Gymnasium Rosenheim 108 (3. Platz Vorlauf); 4. Regionalteam NRW 108 (4. Platz Vorlauf); 5. Regionalteam Südthüringen 84; 6. Gymnasium Leutkirch im Allgäu 84; 7. Fürstabt-Gerbert-Schule St. Blasien 72; 8. Rupert-Neß-Gymnasium Wangen 64.
Skispringen (WK IV; Jg. 2009/2010)
Einzelspringen (Mannschaftswertung):
(alle Teams sind Regionalteams)
1. Schwarzwald 1117,9 Punkte; 2. Inselsberg 1083,9; 3. Bayern Ost 1074,6; 4. Erzgebirge/Lausitz 1070; 5. Schwaben/SSV 1066,2; 6. Vogtland 1055,5; 7. Beerberg 1052,7; 8. Sachsen-Anhalt 1018,3;
9. NRW 974,6; 10. Bayern West 814,8;
11. Niedersachsen 643,7; 12. Brandenburg 616,4; 13. Hessen 239,2.
Teamspringen (Wettkampfklasse IV):
1. Schwarzwald 646,8 Punkte; 2. Beerberg 631,7; 3. Vogtland 631,2; 4. Schwaben/SSV 623,8; 5. Erzgebirge/Lausitz 611,2; 6. Inselberg 611,0; 7. Schwarzwald II 606,9; 8. Bayern Ost I 604,3;
9. Bayern Ost II 604,3; 10. Schwaben/SSV II 591,8; 11. Sachsen-Anhalt 589,3;
12. Bayern West 574,4; 13. Erzgebirge/Lausitz II 567,6; 14. Inselberg II 559,3; 15. Niedersachsen 555,8; 16. NRW 554,4; 17. Vogtland II 551,4; 18. Beerberg II 544,2; 19. Sachsen-Anhalt II 536,4;
20. NRW II 343,2; 21. Brandenburg 286,8; 22. Hessen 181,2; 23. Bayern West II 172.
Gesamtwertung: 1. Schwarzwald 1764,7 Punkte; 2. Inselsberg 1694,9; 3. Schwaben/SSV 1690,0; 4. Vogtland 1686,7; 5. Beerberg 1684,4; 6. Erzgebirge/Lausitz 1681,2; 7. Bayern Ost 1680,6; 8. Sachsen-Anhalt 1607,6; 9. NRW 1529,0;
10. Bayern West 1389,2; 11. Niedersachsen 1199,5; 12. Brandenburg 903,2;
13. Hessen 402,4.