Erndtebrück. Mehmedalija Covic ist beim TuS Erndtebrück in der Oberliga eine feste Größe und fühlt sich wohl. Der Ex-Fußballprofi hatte eine bewegte Karriere
Bei seinem ersten Besuch am Pulverwald bleibt Mehmedalija Covic zwei Tage in Erndtebrück. Was den meisten externen Probespielern des TuS Erndtebrück meistens als Endstation Pampa vorkommt, stört den gebürtigen Bosnier damals im Sommer 2017 nicht im Geringsten. Eher im Gegenteil gefällt ihm
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das bergige und naturreiche Land rund um die kleine Gemeinde. Außerdem kommt er gerade aus dem mecklenburgischen Neustrelitz, das auch nicht nennenswert dichter besiedelt ist. Covic überzeugt den damaligen Trainer Florian Schnorrenberg in zwei Trainingseinheiten und ist fortan Teil des Fußballteams in der Regionalliga West.
Heute, rund zweieinhalb Jahre später, ist der 33-Jährige aus dem Oberliga-Team des TuS nicht mehr wegzudenken, was Trainer Michael Müller am Sonntag vor dem wichtigen Auswärtsspiel gegen den TuS Ennepetal vor Probleme stellt (14.30 Uhr, Bremenstadion Ennepetal). Denn der Abwehrhüne weilt am Wochenende in seiner bosnischen Heimat, wo er die Prüfung zur B-Lizenz seines Trainerscheins ablegt.
Mit 19 debütiert „Cova“ in Bosnien
„Das ist natürlich sehr schade, denn Ennepetal ist ein sehr wichtiges Spiel für uns, aber ich möchte nach meiner Karriere eine Trainerlaufbahn einschlagen und muss deshalb dorthin reisen“, erläutert Covic, dem man die Zerknirschtheit in seiner Aussage abkauft. Zusammen mit Mehdi Reichert hat er nämlich die meisten Spiele im aktuellen Kader des TuS auf dem Konto und überhaupt fühlt er sich trotz des sportlichen Abstiegs am Pulverwald nach wie vor „sehr wohl“. Diese Aussage ist insofern bemerkenswert, da „Cova“, wie ihn seine Freunde nennen, in jungen Jahren eigentlich auf eine Karriere im Profigeschäft zusteuerte. Mit 19 Jahren debütiert Covic bei FK Sloboda Tuzla in der bosnischen 1. Liga. Er gilt als Versprechen für die Zukunft und durchläuft als Innenverteidiger von der U15 bis zur U21 alle Junioren-Nationalteams – übrigens zusammen mit großen Namen wie Edin Džeko, Sejad Salihović oder Vedad Ibišević.
Mit Tuzla mischt er in der Saison 2004/05 in zwei Spielen des Intertoto Cup (UI-Cup), dem früheren Qualifikationswettbewerb für den UEFA-Cup, mit und landet auf den Listen internationaler Scouts. Seine hünenhafte Statur (1,93 Meter), seine versierte Technik und sein gutes Stellungsspiel bringen ihn schließlich nach mehreren Stationen in Bosnien im Sommer 2007 zum KAA Gent in die Jupiler Pro League, das belgische Fußballoberhaus. „Das war eine rasante Entwicklung, aber leider war ich zur falschen Zeit am falschen Ort“, erinnert sich Covic an die Anfangszeit zurück. Denn Gents norwegischer Trainer Trond Sollied setzt in einer durchwachsenen Saison eher auf Erfahrung als auf den 21-Jährigen Neuzugang aus Bosnien, der fortan nur zu zwei Einsätzen über insgesamt 166 Minuten kommt. „Ich habe in Gent viel vom Trainer gelernt, aber war leider in meiner Entwicklung noch nicht so weit“, resümiert Covic.
Die A-Lizenz will Mehmedalija Covic in Deutschland machen
Im Winter macht er „den wohl besten Schritt seiner Karriere“, als er sich zum Ligakonkurrenten KSV Roeselare verleihen lässt und dort auf acht Einsätze kommt. Während in Gent nach seiner Rückkehr im Sommer 2008 nach wie vor kein Platz für ihn ist, gibt er im Juni gegen Aserbaidschan sein Debüt in der Nationalmannschaft Bosniens.
Es bleibt vorerst der letzte Höhepunkt in „Covas“ Karriere, fortan spielt er in Slowenien, Kasachstan und wieder in Bosnien, ehe er 2016 in die Regionalliga Nord zum TSG Neustrelitz wechselt. Den Weg nach Erndtebrück beschreibt Covic als guten Abschluss, wobei er nicht durchblicken lässt, ob im Sommer Schluss ist. Sein Vertrag läuft offiziell noch bis zum Ende der Saison, was danach kommt, müsse man abwarten, gibt sich Covic pragmatisch.
Umso kämpferischer dagegen blickt er der nahen Zukunft des Vereins entgegen, mit dem er „unter allen Umständen den Abstieg verhindern möchte“: „Na klar hatten wir Unruhe und schwache Ergebnisse, aber ich bin überzeugt, dass wir die Klasse halten“, erläutert der Bosnier optimistisch. Überzeugen muss der erfahrene Profi am Pulverwald keinen mehr, dafür ist er schon zu lange dabei und hat zuviel erlebt. Vielmehr geht es darum, ein letztes Mal allen Widrigkeiten zu trotzen. Danach wartet die Zukunft, sehr wahrscheinlich liege diese in Siegen-Wittgenstein, auf jeden Fall aber in Deutschland. Denn die A-Lizenz will der Hüne auf Deutsch machen.
Ein versöhnlicher Jahresabschluss gegen den TuS Ennepetal?
Der Verlauf des Hinspiels gegen den TuS Ennepetal spiegelt die bisherige Oberliga-Saison des TuS Erndtebrück ganz gut wieder. Früh mit 0:2 in Rückstand geraten, dann in einem Kraftakt ausgeglichen, um schließlich wieder drei Treffer hinnehmen zu müssen. Am Ende hieß es 3:5 und TuS-Kapitän Moritz Brato konnte es nicht fassen, gegen diese „Hammerwerfer“ verloren zu haben. Das möchte Michael Müller am Sonntag tunlichst verhindern, so dass er am Dienstag zusammen mit der Mannschaft die Fehler der krachenden 0:6-Pleite gegen Eintracht Rheine mit Videosequenzen aufarbeitete. „Wir hatten zu große Abstände und waren nicht aggressiv genug, das gilt es Sonntag zu verbessern“, so Müller. Fehlen wird dabei ausgerechnet Mehmedalija Covic. „Er ist ein erfahrener Spieler, der sehr wichtig für die junge Mannschaft ist. Daher tut sein Fehlen weh“, erklärt Müller weiter. Kompensieren könnten den Abwehrhünen der wiedergenese Sven Engelke oder Maximilian Schneider.