Birkelbach. Der Oberliga-Klassenerhalt wird für die Sportfreunde Birkelbach eine enge Kiste. Die beste Turnerin fehlt, doch es ist noch ein Ass im Ärmel.
Während ihre Schützlinge die hervorragenden Gegebenheiten im lichtdurchfluteten Kunstturn-Zentrum von Dreis-Tiefenbach für ihr Training nutzten und an den Geräten wirbelten, spiegelte das Mienenspiel der Trainerin die Situation ihres Teams.
Bianca Saßmannshausen verfolgte das Geschehen abwechselnd sorgenvoll und nachdenklich, immer wieder aber auch strahlend. „Das war super, aber achte noch drauf, die linke Schulter mitzunehmen“, ruft die Trainerin Saskia Grebe zu, als die sich nach einem Probesprung aus der Schnitzelgrube kämpft.
Für die Turnriege sind es die Tage, in denen es um Details, Stabilität und das Abwägen von Risiken geht. Die sichere halbe Schraube turnen oder doch die ganze Schraube versuchen? Den „Riesen“ am Stufenbarren reinnehmen oder nicht? Solche Fragen beschäftigen die Birkelbacherinnen vor dem Oberliga-Relegationswettkampf, der am Samstag ab 14 Uhr im Ochtruper Schulzentrum stattfindet.
Die Sportfreunde, denen in der regulären Saison mit zwölf Punkten zwei Zähler zum direkten Klassenerhalt fehlten, sind eines der vier Teams, die ihren Platz in der Oberliga verteidigen wollen.
Die vier besten Teams der regulären Verbandsliga-Saison können ihnen die Position streitig machen und aufsteigen. Die vier besten Teams der Relegation machen 2020 in der Oberliga weiter, die hinteren vier in der Verbandsliga – so sieht es der etwas seltsame Modus der WTB-Turnliga vor.
„Es wird schon sehr schwierig“, glaubt Lea Saßmannshausen, wenngleich Prognosen fünf Monate nach dem letzten Wettkampf nicht zuverlässig zu treffen sind. Nach den Eindrücken des Sommers könnte es Birkelbach durchaus gelingen, die KTV Alt Ravensberg II, Cheruskia Laggenbeck, den TuS Freckenhorst und den VTB Siegen, der nur zur viert und ohne seinen Trumpf Hanna Mentzel antritt, hinter sich zu lassen.
Enge Kiste
Absehbar ist, dass der TVE Greven und die KTV Bielefeld, die in der Verbandsliga die ersten beiden Plätze mit einem irren Vorsprung von über 40 Punkten unter sich ausgemacht haben, wohl nicht zu halten sein werden. Auch die KTV Alt Ravensberg dürfte kaum zu packen sein. Es wird also eine enge Kiste.
Auch interessant
Auch, weil die Umstände Birkelbach nicht gerade in die Karten spielen. Ochtrup ist eine Stadt bei Gronau, liegt also kurz vor der niederländischen Grenze und 200 Kilometer von Birkelbach entfernt – nach einer solchen Ochsentour die Bestleistung abzurufen, kann schwierig sein.
Das weitaus größere Problem ist, dass mit Lara Saßmannshausen die beste Einzelkönnerin des Teams verletzungsbedingt nur zusehen kann.
Die 24-Jährige hatte sich bei den Deutschen Mehrkampfmeisterschaften einen Bänderriss zugezogen, pausierte acht Wochen. Sie probierte am Samstag mit Schutz-Bandage am Männer-Reck aus, ob für sie zumindest am Stufenbarren ein Einsatz möglich sein könnte – was aber eher schlecht als recht lief. Gegen ihren Einsatz spricht nicht nur der womögliche schmerzhafte Abgang, sondern auch die Schonhaltung für den Fuß am Gerät.
„Für Lara tut es mir schon ein bisschen leid. Das ist für sie ganz ungewohnt, so hilflos daneben zu stehen“, sagt Bianca Saßmannshausen, die auch Pia Birkelbach nicht einsetzen kann, weil diese wegen einer Fußverletzung seit langem nur mit gebremsten Schaum agieren kann. „Diese Situation müssen wir annehmen, aber das tun wir auch“, sagt Bianca Saßmannshausen. Immerhin ist ihre Tochter Lea nach langen Arm- und Knieproblemen wieder fit.
Saskia Grebe turnt alle Geräte
Besonders wichtig wird aus Birkelbacher Sicht die Tagesform von Saskia Grebe sein, denn sie kommt an allen vier Geräten zum Einsatz. Grebe machte im Training zuletzt einen guten Eindruck. Gleiches gilt für Kim und Nawina Saßmannshausen sowie Nele Rath.
Die Birkefehlerin wird durch die Verletzung von Lara Saßmannshausen erstmals in der Oberliga auch am Schwebebalken turnen. Den Lara-Ersatz an den weiteren Geräten wird Jasmin Kaiser geben, die aus der zweiten Mannschaft aufrückt und es nun vier Ligen und zwei Kürstufen höher wissen will – eine Entwicklung, an die vor einem Jahr nicht wirklich zu denken war.
Als Schülerin trainierte Kaiser im Birkelbacher Gauliga-Team, dann wanderten ihre Riemchen mit Beginn ihres Studiums in Aachen aber in die Mottenkiste. Jetzt studiert die 24-Jährige in Siegen Maschinenbau, seit dem vergangenen Jahr wohnt sie wieder in der Birkelbacher Heimat – und ging wieder zum Training.
„Aus ein paar Mal turnen ist dann regelmäßiges turnen geworden. Es hat einfach Spaß gemacht“, sagt Kaiser, die inzwischen viermal wöchentlich hart trainiert. Auch, weil ihr die Trainerin die Möglichkeiten aufzeigte. „Ich habe Jasmin davon überzeugt, dass sie es auch in der Oberliga schaffen kann. Die Grundlagen waren ja schon da“, sagt Bianca Saßmannshausen, die auf „Mine“ am Boden, Sprung und Barren baut.
Grundlagen sind noch vorhanden
„Manche Sachen verlernt man einfach nicht, wenn man sie kann. Die Kippe am Barren oder der Salto rückwärts gehören dazu“, sagt Kaiser, die mit schmunzelt: „Nur mit der Ausdauer hapert es etwas. 90 Sekunden am Boden sind schon sehr anstrengend für mich.“
Ob sie ein Jahr nach ihrem Wiedereinstieg besser turnt als zu der Zeit, als sie mit 17 Jahren aufhörte? Kaiser: „Schwer zu sagen, es gibt jetzt ganz andere Anforderungen als damals. Aber ich fühle mich fit und will mein Bestes für das Team geben.“