Siegen-Wittgenstein. Einzig in Siegen und Kreuztal ist die Wegenutzung für Reiter stark eingeschränkt. Dies sorgt für Verdruss. In Wittgenstein gibt es andere Sorgen.
Maßgeblich ist das Vorschriftzeichen 238. Es zeigt einen weißen Reiter auf blauem Grund und kennzeichnet Reitwege, die speziell zugewiesen sind. In der Region sind diese Schilder inzwischen nur noch im Stadtgebiet von Siegen und in Teilen von Kreuztal zu sehen, ansonsten ist das Reiten „innerhalb des Waldes auf allen öffentlichen und privaten Wegen gestattet“, wie der Kreis Siegen-Wittgenstein auf seiner Internetseite schreibt.
Möglich gemacht hat dies das Landesnaturschutzgesetz in Nordrhein-Westfalen, das den Reitern seit 2018 mehr Freiraum gibt. In Siegen und Kreuztal wurde dieser durch einen Beschluss des Kreistages allerdings gleich wieder beschnitten, da man befürchtet, dass sich in einigen Gegenden Reiter, Mountainbiker, Waldbauern sowie Fußgänger mit und ohne Hunden ins Gehege kommen könnten. So müssen Pferdeliebhaber beim Ausritt weiter auf das Vorschriftzeichen 238 schauen.
So wirklich glücklich sind sie damit nicht. Das Stadtgebiet kann zwar per Pferd einmal komplett umrundet werden, die Distanz wäre jedoch kaum einem Pferd zuzumuten. Zwischen dem Rundweg, dies zeigt ein Blick auf die Reitwegekarte, gibt es nur kurze Runden, die oftmals nicht miteinander verbunden sind. „Wir können ja nicht fliegen“, schildert Kerstin Wildraut, Vorsitzende der Siegerländer Kleinpferdefreunde, das naheliegende Problem. Auch an der Instandhaltung der Wege, für die Reiter über den Erwerb eines Reitkennzeichens Gebühren zahlen, gibt es öffentliche Kritik.
Verhandlungen laufen
Diese ist inzwischen auch in der Politik auf Gehör gestoßen. „Wir denken, dass es Zeit wird, dass die Bedenken von Waldbauern und die Rechte der Reiter miteinander besprochen werden. Das Ziel sollte sein – wie es das Landesgesetz eben auch vorsieht – dass das Reiten auch rund um Siegen erlaubt wird“, hieß es vor einem Jahr in einem Schreiben des Kreistagsfraktionsvorsitzenden der FDP, Guido Müller. Immerhin: Gespräche zwischen dem Landesverband, der Kreisverwaltung und der Haubergsgenossenschaft finden inzwischen statt.
„Ich glaube, dass es gut war, dass Reiterverbände und Haubergsgenossen endlich miteinander gesprochen haben und nun gemeinsam an einer Lösung arbeiten und aufeinander zugehen. Ich glaube, daran fehlte es bislang. Naherholung ist ein wichtiger Wert für unsere Region. Dort wo es nicht geht, wo Rücksicht auf die Forstwirtschaft genommen werden muss, müssen die alternativen Reitwege schnellstens ertüchtigt werden. Hier herrscht Nachholbedarf.“
Außerhalb der Ballungsgebiete im Kreis, etwa im vergleichsweise dünn besiedelten Wittgensteiner Land, gibt es solche Sorgen nicht. „Das Aufkommen ist hier ziemlich niedrig“, sagt Thomas Lohmann vom Reitverein Aue-Wingeshausen, der über das neue Gesetz froh ist, weil er nun auch auf Abschnitten des Rothaarsteigs reiten darf. „Auf den kommt man hier ja teilweise automatisch. Allerdings ist er meistens geschottert, deswegen nutzen wir den Rothaarsteig nicht viel. Wir reiten da, wo die Böden weicher sind.“
Wenn Lohmann doch einmal Fußgänger oder Radfahrer trifft, ist Rücksicht für ihn Ehrensache. „Wenn wir an Menschen vorbeikommen, reiten wir nur im Schritt und nicht im Galopp. Das gehört sich einfach so.“
So halten es auch die Sportler des Reit- und Fahrvereins Edertal Schwarzenau. „Man muss Rücksicht nehmen und das tun wir auch. Deshalb sind uns die Leute hier alle hold“, sagt der Vorsitzende Jürgen Becker, wenngleich er einwirft, dass man als Reiter oftmals als arrogant wahrgenommen werde. Dies hänge auch mit der beim Reiten notwendigen Körperhaltung zusammen. „Wenn man ohne Grundspannung wie ein Schluck Wasser in der Kurve auf dem Pferd sitzt, gibt man die Kontrolle ab.“
GPS-System geplant
Beim RuFV Edertal Schwarzenau macht man sich übrigens keine Sorgen darüber, dass im Wald zu viel los sein könnte – eher darüber, dass zu wenig Betrieb ist. Wer abseits der Dörfer stürzt, muss erst einmal gefunden werden. Becker: „Bei uns gibt es Helmpflicht, denn wenn es Stürze gibt, sind sie schwerwiegend. Vor allem Jugendlichen empfehlen wir auch die Nutzung von Reitwesten mit Protektor. Außerdem ist bei uns ein GPS-System für Ausritte in Planung, damit im Notfall eine Ortung des Reiters möglich ist.“