Ottfingen. Niklas Zeller hat höherklassig Fußball gespielt. Heute nimmt er sich im Landesliga-Abstiegskampf des SV Ottfingen in die Verantwortung.
Wenn am Sonntag der SV Ottfingen in der Fußball-Landesliga den Spitzenreiter SpVg Hagen 11 empfängt, steckt in einem SVO-Trikot auch viel höherklassige Erfahrung, unter anderem aus über 70 Regionalligaspielen: Niklas Zeller, 29 Jahre. Er ist einer der Hoffnungsträger im Abstiegskampf und nimmt diese Rolle auch an: „Da sind die Leute gefragt, die Erfahrung haben. Die müssen einfach abliefern und die jungen Leute mitziehen. Und da nehme ich mich mit in die Verantwortung.“
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Wie gerät jemand, der aus der Nähe von Fulda kommt und in Katzwinkel wohnt, zum SV Ottfingen? Die Antwort ist einfach: „Ich habe meine Freundin hier kennengelernt. Mein bester Freund, den ich noch aus Erndtebrücker Zeiten kenne, spielt in Ottfingen.“ Es handelt sich um Nico Renner. Der machte ihm den SVO schmackhaft. Und es passte offenbar, denn: „Mein Plan war, wenn ich in diese Region ziehen sollte, dann würde ich gern nochmal mit ihm zusammenspielen. Mit Uwe Kipping war dann schnell klar, dass ich nach Ottfingen kommen kann.“ Uwe Kipping ist der Sportliche Leiter am Siepen. Zellers Eindrücke sind durchweg positiv: „Die Menschen drumherum, die Einheit, die dort herrscht, all‘ das macht extrem viel Spaß. Man hat das Gefühl, das ganze Dorf steht dahinter.“
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Trotz vieler großen Spiele: Das gegen Eintracht Frankfurt am 13. August 2017 ragt heraus. Es war in der 1. Runde des DFB-Pokals - und Erndtebrück war zugleich die erste Station auf der atemberaubenden Pokalreise der Eintracht, an deren Ende der Triumph in Berlin über Bayern München stand.
„Das war ein großartiges Erlebnis, mal gegen eine Profimannschaft zu spielen“, sagte Niklas Zeller. Freundschaftsspiele hatte er mit dem SV Wehen Wiesbaden schon gegen die Adlerträger bestritten, in Länderspielpausen oder in der Vorbereitung, „weil es ja in der Nähe ist.“ Aber ein Pflichtspiel ist etwas ganz anderes, wichtigeres. Erndtebrück war der ehrgeizige Außenseiter, Frankfurt bestrebt, sich nicht zu blamieren. Der Bundesligist nahm die Hürde dann auch mit 3:0.
Sprung zu Wehen Wiesbaden
Niklas Zeller begann mit 5 Jahren beim FV Steinau, kam dann in die Regionalauswahl. Die wechselte nach Bronnzell, spielte in der Jugend-Oberliga und verpasste knapp den Bundesliga-Aufstieg. Mit der B-Jugend wurde er Meister der Gruppenliga und stieg in die Hessenliga auf, wo sie direkt Meister wurden und gegen Kaiserslautern spielten. Der SV Wehen Wiesbaden, der in der Liga spielte, wurde auf Zeller aufmerksam, zur A-Jugend wechselte er dann in die hessische Hauptstadt.
Ein Selbstläufer aber war es nicht, stellte Niklas Zeller klar. Erndtebrück spielte nach 30 Minuten in Überzahl. David Abraham, der Eintracht-Kapitän, hatte Rot gesehen. „Kurz drauf hatten wir die große Chance zum 1:0,“ erinnerte er sich, „die haben wir nicht genutzt, danach hat Frankfurt seine Cleverness ausgespielt.“ Nach einer kurzen Pause fügt er hinzu: „Ich hätte gern mal gesehen, was gewesen wäre, wenn wir 1:0 geführt hätten. Ich bin sicher, das macht selbst mit einem Profiverein was. Das sind auch nur Menschen, die vielleicht denken: Wir liegen hinten, habe eine Rote Karte. Da muss man auch erstmal rauskommen.“
Großes Lob für Team um Niklas Zeller von Eintracht Frankfurts Torwart Lukas Hradecky
Und das gegen eine Erndtebrücker Elf, die 15.000 Zuschauer im Rücken hat. Irgendwann, kurz vor dem Pokalsieg, so Zellers Erinnerung, habe Eintracht-Torwart Lukas Hradecky in einem Interview gesagt: „Die größte Hürde war Erndtebrück, das war ein riesen-schweres Spiel in der 1. Runde.“ Zeller spielte im zentralen Mittelfeld, hatte es mit Sebastian Haller oder Timothy Chandler zu tun. „Da waren schon Hochkaräter dabei, die heute noch höher spielen. In der Premier League zum Beispiel.“ Oder Deutscher Meister sind, wie Hradecky.
„Im Dorfverein legt man vielleicht nochmal quer und freut sich zusammen. Im höheren Fußball, selbst wenn einer mitläuft, versuche ich es selbst“
Einen großen Unterschied, einen raueren Ton im Vergleich zu einem Freundschaftsspiel verspürte Niklas Zeller an jenem August-Nachmittag, als es um viel ging, nicht. „Den Ansporn zu gewinnen, hat man immer. Dafür spielt man Fußball.“ Die Anspannung mache schon etwas mit den eher jüngeren und unerfahreneren Spielern, die war höher als in normalen Punktspielen.
Um in einem solchen Spiel mitwirken zu können, muss man vorher schon einiges geleistet haben. „Kann man so sagen“, lachte Zeller. Beim SV Wehen Wiesbaden lernte er den Profifußball aus nächster Nähe kennen. „Das war zunächst ungewohnt.“ Anders als „auf dem Dorf“, wo Zusammenhalt das A und O im Miteinander ist, spürte der A-Junior schon den Konkurrenzkampf im Kader. Er erklärt den Unterschied sehr anschaulich: „Im Dorfverein legt man vielleicht nochmal quer und freut sich zusammen. Im höheren Fußball, selbst wenn einer mitläuft, versuche ich es selbst.“
Tolle Erfahrungen für Niklas Zeller vom SV Ottfingen
Schließlich will jeder nach oben. In die Erste. Dort wirkte er bereits im zweiten A-Jugendjahr mit, spielte aber zumeist in der Zweiten, „weil ich da gerade meine Ausbildung gemacht habe als Feinwerkmechaniker.“ Zeller hatte zwar keine Minute in der 3. Liga gespielt, war aber häufig im Kader und blickt durchweg positiv zurück: „Das waren tolle Erfahrungen. Da weiß man, dass sich die Mühe gelohnt haben, dorthin zu kommen.“ Als sämtliche Hessenvereine ihre zweiten Mannschaften auflösten, wechselte er zum TSV Steinbach Haiger, frisch gebackener Südwest-Regionalligist. Dort spielte er, bis Trainer Thomas Brdaric „16 neue Spieler geholt hat.“
Niklas Zeller war einer der vier, die übrig geblieben waren aus dem alten Kader, sah aber, dass die Neuen vorzugsweise spielten. Über Julian Jacobs kam er dann zu den Sportfreunden Siegen. Dort bestritt er alle Spiele, wechselte dann zum TuS Erndtebrück. Mit 23 Jahren sah er die Zeit gekommen, sich zu entscheiden: Schaff ich es noch, Profi zu werden? „Dann habe ich gesagt: Ich übe ganz normal meinen Beruf aus und spiele mit meinen Freunden zusammen.“
Niklas Zeller ist heute glücklich, fühlt sich wohl in Ottfingen, schätzt die Zusammenarbeit mit Cheftrainer Steffen Scheppe sehr. Er hadert nicht mit einer möglicherweise verpassten großen Profikarriere. „Absolut nicht! Das, was ich erlebt habe, kann mir keiner nehmen. Ich kann nicht sagen, ich bin enttäuscht, dass ich dort nicht mehr bin. Meine nächste Aufgabe ist jetzt, junge Spieler weiter zu entwickeln.“