Altenhof. Was eine Fußballnacht! Der „Winterhagen“ wurde zum Tollhaus, als Landesligist FC Altenhof den Oberligisten Wiemelhausen aus dem Pokal warf.

Die magische Nacht von Altenhof. Wer Augenzeuge dieses Westfalenpokal-Fußballspiel gewesen ist, wird es nie vergessen. Und wer weiß, wie viele unter den Zuschauern zunächst gar nicht glauben konnten, was sie da sahen.

Nach 25 Minuten war der FC Altenhof praktisch draußen. Mit 0:3 lag er gegen Concordia Wiemelhausen, das obendrein noch zwei Klassen höher spielt, im Rückstand. Fatih Öztürk hatte mit erheblicher Mithilfe der FCA-Abwehr nach fünf Minuten das 0:1 erzielt, Leon Franke legte in der 14. und 23. Minute per Doppelpack nach. Hinzu kam, dass die Altenhofer in der Landesliga fehlgestartet waren und nur einen Punkt geholt hatten in den ersten vier Spielen. Einen Pfifferling? Einen Cent? Nicht einmal das hätte der Beobachter zu dem Zeitpunkt noch auf die Altenhofer, die ohne Abwehr-Chef Kevin Becker antraten, gesetzt. Ein Vermögen hätte er beim Buchmacher abgeräumt, hätte er gewettet, dass es am Ende 4:3 für den FC Altenhof heißen würde.

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„Was die Mannschaft in der zweiten Halbzeit geleistet hat, war der absolute Wahnsinn. Kämpferisch, aber auch fußballerisch. Wenn wir am Sonntag so in Hagen auftreten, sind die ersten drei Punkte fällig“, war FCA-Trainer Mike Brado aus dem Häuschen, „ich hatte - ehrlich gesagt - nicht das Gefühl, dass wir so zurückkommen.“ Nach dem 0:3 habe seine Elf ein bisschen den Respekt abgelegt. Was hatte sie noch zu verlieren? Genau diese Ausgangsposition hat die Mannschaft nicht nur befreit, sondern regelrecht entfesselt. Stück für Stück. Bis hin zum Spielrausch.

Ein überglücklicher Trainer Mike Brado (links) in der Jubertraube.
Ein überglücklicher Trainer Mike Brado (links) in der Jubertraube. © Lothar Linke | Lothar Linke

Angetrieben wurde sie von einem überragenden Jannik Schneider „Er hat den Unterschied gemacht“, sagte Brado klar. Das 1:3 erzielte Schneider selbst, als er ein missglücktes Torwart-Zuspiel durchschaute, den Ball aber nicht einfach drauf drosch, sondern überlegt versenkte. Extraklasse war seine Flanke zum 2:3 in der 75. Minute. Hart und präzise zugleich schlug Jannik Schneider den Ball auf Lennart Becks, der in der 75. Minute das erste seiner zwei Tore erzielte. „Die kriege ich perfekt auf den Kopf“, berichtete Becks, der erst sein erstes reguläres Seniorenjahr bestreitet. 2023/24 hätte der 19-Jährige noch A-Jugend spielen dürfen.

„Man sieht, was alles möglich ist, wenn man mutig ist, wenn man leidenschaftlich ist, wenn man eine absolute Mentalität auf den Platz bringt.“

Mike Brado, Trainer des FC Altenhof

Spätestens jetzt nahm die Partie historische Dimensionen an. Wie ein Unwetter kam der FCA über den Gast aus Bochum, hätte schon früher das 3:3 erzielen können, als Bastian Schildt sich mit seiner ganzen Routine um den Gegenspieler drehte und haarscharf vorbeizielte, oder Jannik Schneider es aus spitzem Winkel glashart versuchte, der Concordia-Keeper vor die Füße von Becks abwehrte und dessen Schuss eine Rettungstat des Wiemelhauser Feldspielers Nicolas Hoffmann erforderte, um den Ausgleich zu verhindern.

Der fiel dann doch, und Lennart Becks machte seinen Doppelpack in der 85. Minute perfekt, als er den Ball über den Concordia-Keeper hob. Von der Unterkante der Latte tropfte er - hinter die Linie, wie Schiedsrichter Patrick Lepperhoff entschied.

Doch der FCA war noch nicht satt. Er ging auf die volle Beute. Und schrieb ein filmreifes Finale. Denn Nevzad Habibi, erst in der 80. Minute eingewechselt, jagte die Kugel via Innenpfosten in Netz zum 4:3. Er machte aus dem Winterhagen ein Tollhaus, entfachte einen Jubelsturm, der dem beim Landesliga-Aufstieg im Mai in nichts nachstand. „Ein unbeschreibliches Gefühl“ sei es gewesen, als er seinen Schuss gegen den Innenpfosten und von dort aus ins Netz prallen sah, jubelte der Super-Joker Nevzad Habibi, „das war das Schönste, was ich jemals im Fußball erlebt habe.“

Super-Joker Nevzad Habibi

Aber was war da passiert in der Truppe nach der Pause? Becks erinnerte an die Vorsaison: „Das hat uns im letzten Jahr ausgezeichnet: Dass wir über die Mannschaft kommen. Auch wenn wir nicht immer die bessere Mannschaft waren, so waren wir immer ein Team.“ In der Halbzeit habe man sich in der Kabine gesagt: Mehr als verlieren können wir nicht. Nach dem 2:3 habe er sich umgeguckt zur Mannschaft und gerufen: „Leute, heute gewinnen wir.“

Apropos Landesliga: Dort wünscht sich der FC Altenhof natürlich einen pushenden Effekt aus dieser Pokalsensation. Am Sonntag geht es zur SpVg Hagen 11, ehe der SC Neheim kommt. Mike Brado: „Das habe ich den Jungs gesagt: Man sieht, was alles möglich ist, wenn man mutig ist, wenn man leidenschaftlich ist, wenn man eine absolute Mentalität auf den Platz bringt.  Dann kann man es auch einem Oberligisten sehr, sehr schwer machen.“ Oder ihn gleich aus dem Pokal werfen.