Menden. Wer Sport macht, der verletzt sich auch schon einmal, das ist normal. Wie das Risiko reduziert werden kann, erklärt Dr. Nils Kasselmann.
In unserer Rubrik „Fit mit Experten“ geht es heute um Verletzungsprävention mit dem Mendener Dr. Nils Kasselmann (28).
„Wenn Prof. Dr. med. Bernd Wolfarth (Leitender Olympiaarzt des Deutschen Olympischen Sportbundes) und die Experten der GOTS (Gesellschaft für orthopädische-traumatologische Sportmedizin) zusammenkommen und über die Prävention von Sportverletzungen diskutieren, hört man gerne zu. Die Tatsache, dass bei Kindern der Altersgruppe 5-17 Jahre eine von drei akuten Verletzungen aus dem Sport kommt, hebt die Bedeutung von Prävention im Sport hervor.
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Schon 1996 wurde gezeigt, dass der Wachstumsschub in der Pubertät eine hohe Verletzungsanfälligkeit mit sich bringt. Klar ist auch, dass Mannschaftssportarten und Kontaktsportarten eine deutlich höhere Rate an akuten Verletzungen zeigen.
Vorbeugung ist besonders wichtig
Wann verletzten sich Sportler? Auch hierzu gibt es eine klare Datenlage. Saisonstart, Trainingslager und wettkampfintensive Phasen führen zu einer erhöhten Verletzungsanfälligkeit. 60 Prozent der Fußballer während der Weltmeisterschaft von 2002 verletzten sich, wenn sie mindestens ein Spiel pro Woche in den letzten zehn Wochen vor der WM gespielt haben. Sind Verletzungen im Sport also als schicksalhaftes Event anzusehen, oder kann hier mit einer gezielten Verhinderungsstrategie gearbeitet werden. Dehnen allein ist leider wenig effektiv. Glücklicherweise gibt es einen Ausweg. Gezieltes Kraft- und Koordinationstraining kann hervorragend zur Verletzungsprävention eingesetzt werden. Im Fußball wurde durch die Deutsche Kniegesellschaft das Programm „Stop-X“ zur Prävention von Knieverletzungen entwickelt und mit einer eigenen Website www.stop-x.de der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Ein Kreuzbandriss ist für jeden Sportler eine Katastrophe. Selbst im Profisport erreicht nur jeder Vierte wieder ein ähnliches Level wie vor der Verletzung.
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Im Breitensport sind Ausfallraten von bis zu mehr als einem Jahr keine Seltenheit. Bis zu jeder zehnte Kreuzbandersatz reißt erneut. Unbestritten ist der Fakt, dass ein Kreuzbandriss die Arthrose, also den Gelenkverschleiß, trotz Operation schneller in das Knie trägt. Leistenschmerzen können mit gezielten Adduktorenkräftigungsübungen (z. B. Kopenhagener Adduktions-Übungen) vorgebeugt werden. Die Prävention von Schulterverletzungen steckt noch in den Kinderschuhen, aber auch für Handballer existieren bereits vielversprechende Übungsprogramme. Das OSTRC Schulterverletzung-Präventionsprogramm konnte eine Verbesserung der Schulterblattbeweglichkeit und damit der gesamten Schulter erreichen.
Läufer leiden erfahrungsgemäß eher an chronischen Problemen des Bewegungsapparats. Um Problemen der Achillessehne oder Patellasehne vorzubeugen, sollte auch bei Läufern exzentrisches Krafttraining (z.B. das langsame Absenken aus dem Zehenstand für die Wadenmuskulatur) integriert werden. Interessanterweise zeigt die Präventionsforschung einen anderen klaren Zusammenhang.
Grundlagenausdauer verbessern
Das Training der Grundlagenausdauer im aeroben Bereich hat sich in mehreren Studien als durchschlagender Weg zur Verletzungsprävention herausgestellt. Nicht nur Sportler profitieren von einem langen Atem. Auch Verletzungen im Dienst bei Feuerwehrleuten hatten einen klaren Zusammenhang mit der individuellen aeroben Leistungsschwelle. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass fast alle Sportler von einem regelmäßigen Lauftraining profitieren.
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Aus den genannten Ausführungen kann also ein klarer Arbeitsauftrag, grade im Nachwuchsbereich, abgeleitet werden. Das Vermeiden von Verletzungen im Sport ist möglich und sollte eine Hauptaufgabe jedes Trainers im Breiten- und Spitzensport sein.“