Hagen. Dusan Ilic ist erst 15 Jahre alt und misst sich schon mit Basketballprofis. Wer ist der junge Mann, den internationale Topvereine haben wollen?

Wenn Dusan Ilic die Geschichte von seinem ersten Basketball-Training bei Coach Vid Zarkovic erzählt, dann muss er lachen. Heute kann er das. Es ist die Geschichte eines holprigen Starts, aus dem etwas ganz Besonderes entstanden ist, und sie geht so: Dusans Vater Darko Ilic meldete den damals Siebenjährigen für ein Probetraining bei BG-Hagen-Trainer Zarkovic an. Ein halbes Jahr stand Dusan auf der Warteliste, und dann war es so weit. Zarkovic leitete eine intensive Einheit, „er war laut und voll in seinem Element“, erinnert sich der junge Aufbauspieler.

Dann folgte eine Trinkpause für die Kinder – und Darko Ilic wunderte sich, warum sein Sohn so lange in der Umkleidekabine verweilte. „Alle kamen raus, nur er nicht. Und dann sah ich, wie er in der Kabine saß und weinte“, erinnert sich Darko Ilic. „Er sagte: Papa, der Trainer schreit nur. Aber ich habe ihm gesagt: Das ist okay, er will dich nur besser machen.“ Seitdem hat er kein Training mehr verpasst.

Im U16-Nationalteam von Dirk Bauermann

Heute ist Dusan Ilic 15 Jahre alt und er gehört zu den talentiertesten Basketballern Deutschlands. Seit vergangenem Jahr steht der Pointguard mit serbischen Wurzeln im Aufgebot der deutschen U16-Nationalmannschaft, die von Dirk Bauermann gecoacht wird. Für die BBA Hagen produziert der junge Mann verblüffende Zahlen: 33 Punkte im Schnitt in der U16-Bundesliga, wo er in einem Spiel mal 60 Punkte auflegte. 19 im Schnitt in der U19-Bundesliga, für die er aufgrund seines jungen Alters noch gar nicht spielen müsste.

Und Ilic steht mit der Herrenmannschaft der BBA in der 1. Regionalliga 18 Minuten im Schnitt auf dem Feld, erzielt im Mittel sechs Punkte und kämpft aktuell mit dem Team um den Aufstieg in die 2. Bundesliga ProB – als 15-Jähriger in einer Liga voller gestandener Profis, die solche Jungspunde eigentlich zum Frühstück fressen. Ob er nicht manchmal Angst hat? „Ich trainiere extrem viel und habe Vertrauen in das, was ich tue“, sagt der 15-Jährige mit erstaunlicher Reife. „Wenn du Angst hast, kannst du nicht das herausholen, wozu du fähig bist. Manchmal stelle ich mir vor, wie ich alleine mit dem Ball in der Halle bin. Das hilft.“

Dusan Ilic, sein Vater Darko (l.), Coach Vid Zarkovic (2. v. r.) und BBA-Manager Kosta Filippou.
Dusan Ilic, sein Vater Darko (l.), Coach Vid Zarkovic (2. v. r.) und BBA-Manager Kosta Filippou. © WP | Michael Kleinrensing

Wenn man Dusan Ilics verblüffenden Erfolg erklären möchte, dann geht es um zweierlei. Da ist zunächst der sportliche Aspekt: Er ist ein 1,87 Meter großer Spielmacher mit reifem Spielverständnis, mit irrsinnigem Tempo und sauberem Wurf. Das komplette Paket. „Er denkt das Spiel schneller als alle anderen“, erklärt sein Individualcoach Vid Zarkovic. Aber das Talent sei maximal zu 10 Prozent verantwortlich dafür, dass Dusan sich von 99,9 Prozent aller Spieler abhebt. Der große Unterschied? „Work!“, sagt Zarkovic. „Dusan verpasst kein Training. Wenn die Halle zu ist, dann trainiert er draußen, auch wenn es regnet und schneit. Ich weiß noch, wie es einmal wie verrückt schüttete und stürmte und wir trotzdem das Training durchgezogen haben. Er investiert mehr als die anderen und er sucht keine Ausreden.“

Dreimal Training am Tag

Das alltägliche Programm von Dusan Ilic ist beachtlich. Um 6 Uhr morgens steht er auf, um 6.45 Uhr steht das erste Training des Tages an, mit Zarkovic in der THG-Halle. Nach zwei, drei Schulstunden – Dusan geht aufs Theodor-Heuss-Gymnasium (THG) – absolviert er ein weiteres Individualtraining mit THG-Lehrer Tobit Schneider. Dann wieder Unterricht, nach Schulschluss ein paar Stunden Freizeit, am Abend dann das Mannschaftstraining, zwischendurch Athletikeinheiten bei Christopher Viardo. „Danach mache ich meine Hausaufgaben und falle ins Bett“, lächelt Ilic. „Es ist schon ein anstrengendes Programm, aber ich mache es gerne.“ Aber manchmal ist er auch erschöpft. Und braucht einen Tag Pause. Stichwort: Belastungssteuerung. „Man darf das nicht unterschätzen“, sagt Vid Zarkovic, „er ist am Wochenende unterwegs, in Braunschweig, Rostock, Dresden und sonst wo. Absolviert, zwei, manchmal drei Spiele. Und am Montag steht er wieder um 6 Uhr auf und geht zum Training. Deswegen geben wir alle auf ihn acht. Das Wichtigste ist, dass er gesund und glücklich ist.“

Trainer, Förderer, Mentor: Vid Zarkovic (l.) betreut Dusan Ilic seit acht Jahren.
Trainer, Förderer, Mentor: Vid Zarkovic (l.) betreut Dusan Ilic seit acht Jahren. © WP | Michael Kleinrensing

Dafür sorgt in erster Linie Dusans Familie, die hinter ihm steht - komme, was wolle. Und eine Familie, die Basketball atmet. Darko hat selbst lange auf den Korb geworfen und den Basketballverein SKZ Nikola Tesla gegründet. Dusans Schwester Marija (17) ist selbst ein großes Talent, spielte schon für mehrere Jugendnationalteams. Und Mama Tatjana „ist von allen der größte Supporter“, grinst Darko Ilic.

Schnuppern bei den Bayern

Was die Zukunft für Dusan Ilic bereithält? Er möchte von Basketball leben können, will hoch hinaus, in die „BBL, vielleicht Euroleague, vielleicht sogar NBA“, sagt er. Mit seinem Vater war er bereits bei einigen BBL-Klubs zu Gast; unter anderem beim FC Bayern München, „um mal zu schauen, was die so bieten können“, sagt Darko Ilic. Auch ausländische Top-Vereine haben ihr Interesse bekundet. In diesem Sommer werden Dusan und seine Familie eine schwierige Entscheidung treffen müssen. Macht es Sinn, noch ein Jahr in heimischen Gefilden zu bleiben und bei der BBA mehr Verantwortung zu übernehmen? Oder ist der Schritt hinaus in die große weite Basketball-Welt die richtige Wahl? „Wichtig ist“, sagt Darko Ilic, „dass wir alle in Dusans Sinne entscheiden.“

Wichtig ist, dass wir alle in Dusans Sinne entscheiden.
Darko Ilic, Vater von Dusan Ilic

Ilic ist ein großer Pointguard, der auf vielfältige Art und Weise punkten kann.
Ilic ist ein großer Pointguard, der auf vielfältige Art und Weise punkten kann. © WP | Michael Kleinrensing