Gießen. Bis zur Mitte des ersten Viertels brilliert Phoenix in Gießen, doch danach dominieren die von Ex-Nationalspieler Robin Benzing angeführten 46ers.

Die Sporthalle Gießen-Ost ist in städtischer Hand, aber ganz offensichtlich ist es der MTV, der dort herrscht. Der MTV, das ist der Männerturnverein C.R. 1846 Gießen, einer der ältesten Sportklubs Deutschlands, aus der die Profibasketball-Abteilung der Gießen 46ers hervorging. „Hier! Regiert! Der MTV!“, brüllten die 46ers-Fans laut und deutlich am Samstagabend im vierten Viertel des Heimspiels gegen Phoenix Hagen. Wenig später wiesen sie ihrem Gegner aus der Volmestadt und dessen Anhängerschaft noch freundlich daraufhin, dass sie nach Hause fahren können.

Die Gießen 46ers haben am 32. Spieltag der 2. Bundesliga ProA einen dominanten Sieg gegen ihren langjährigen Rivalen aus Hagen eingefahren. Phoenix lieferte nach zuletzt fünf Erfolgen in Serie eine schwache Leistung ab und unterlag in Hessen mit 68:87 (38:44) - und musste damit im Kampf um das Heimrecht für die Playoffs einen Dämpfer hinnehmen. Gießen zog an seinem bislang punktgleichen Gegner aus der Volmestadt in der Tabelle vorerst vorbei. Phoenix hat aber weiterhin gute Chancen darauf, das Heimrecht zu ergattern – dazu müsste aber am Samstag ein Heimsieg gegen Jena her.

Benzing macht ein starkes Spiel

Die Hagener hatten in Gießen einige Probleme, eines davon ist 2,08 Meter groß und hat das beeindruckendste Renommee aller ProA-Akteure: Der 167-fache Nationalspieler Robin Benzing, der seine Karriere in seiner Heimat ausklingen lässt, schenkte Phoenix 25 Punkte ein. Benzing ist inzwischen 35 Jahre alt und nicht mehr der Schnellste, aber sein sicheres Wurfhändchen, seine Finten und seine Erfahrung waren an diesem Spieltag zu viel für Phoenix. In der ProA weiß kein Spieler besser, wie man Fouls zieht und verkauft, die Partie gegen Phoenix war dafür einmal mehr Beleg: Benzing versenkte jeden seiner 17 (!) Freiwürfe. „Er ist der beste Deutsche in der Liga, ich bin stolz, dass er sich dazu entschieden hat, seine große Karriere hier bei uns in Gießen zu beenden“, sagte Gießens Trainer „Frenki“ Ignjatovic. „Er kann sicher noch ein, zwei Jahre auf höchstem Niveau spielen.“

Mehr als 200 mitgereiste Hagener Fans machen in Gießen mächtig Stimmung.
Mehr als 200 mitgereiste Hagener Fans machen in Gießen mächtig Stimmung. © Jörg Laube | Jörg Laube

Vor fast 3000 Zuschauern in der Halle, die der MTV regiert, drückten die 46ers ihren Spielstil durch, ließen Hagen kaum zu Schnellangriffen kommen und packten beim Rebound besser zu (45:36). Neben Benzing überzeugten vor allem die Importspieler Stefan Fundic (12 Punkte, 12 Rebounds) und Duane Wilson, der all seine 16 Zähler in der zweiten Hälfte sammelte.

Mackenzie fehlt aus privaten Gründen

Und die Phoenix-Basketballer? Die mussten ohne ihren teaminternen Topwerfer Brock Mackenzie auskommen, der aufgrund eines Trauerfalls in der Familie in seine Heimat reiste. Auch ohne den US-Amerikaner fand Hagen nahezu perfekt ins Spiel und führte in der sechsten Spielminute mit 16:4 - doch dann der Einbruch, der nur schwer zu erklären war. Die Hagener verloren insgesamt 21 Mal den Ball und agierten auch sonst zu behäbig. „Gießen hat Tempo gemacht und uns in unseren Aktionen sehr verlangsamt“, gratulierte Phoenix-Coach Chris Harris den 46ers zu einem „verdienten Sieg“.

Gießen hat Tempo gemacht und uns in unseren Aktionen sehr verlangsamt.
Chris Harris, Trainer von Phoenix Hagen

Nach dem Traumstart fanden zu wenige Hagener ihre Normalform im Angriff, 40 Prozent Trefferquote aus dem Feld waren nicht ansatzweise genug. Der Ex-Gießener Dennis Nawrocki erzielte keinen einzigen Korb aus dem Feld (0/5), auch Aufbauspieler Siler Schneider (3/11) fand gegen gallige 46ers-Defense nicht in die Partie. „Wir hatten nach dem Hinspiel eine Rechnung offen“, sagte Robin Benzing nach dem Spiel. „Ich bin stolz darauf, wie wir heute reagiert haben. Eine Mannschaft wie Hagen auf 68 Punkte zu halten, ist eine starke Leistung.“

Das Hagener Hauptrunden-Restprogramm: Jena (20. April) und Bayreuth (27. April) sind noch zu Gast am Ischeland. Dort, so die Hoffnung, regieren dann wieder die Hagener.

Punkteverteilung

Phoenix: Nawrocki (2), Schneider (8, 5 Ballverluste), Kraushaar (14), McCall (8), McAllister (2), Neugebauer, Uhlemann (7), Bohannon (9), Krause (9), Boner (9, 12 Rebounds); Topscorer Gießen: Benzing (25), Wilson (16).

Zum Scouting des Spiels Gießen-Hagen.