Hagen. Sabrina Galant ist mit 25 zufällig zum Kraftsport gelangt. Gewichte zu heben, gibt der Sportlerin des SSV Hagen viel. Das ist ihre Geschichte.

Sabrina Galant geht weit runter in die Hocke, konzentriert sich und legt die Hände um die Stange, an dessen Enden jeweils dicke Gewichtsscheiben aufgelegt sind. Sie holt tief Luft, schnellt aus den Knien heraus in den Stand und wuchtet die Last vom Boden aus mit am Ende gestreckten Armen in die Höhe. Geschafft! Die schwere Last lässt die 32-Jährige wieder zurück auf die Fallschutzmatten am Boden prallen. Die junge Frau ist Gewichtheberin beim SSV Hagen und für ihren Verein ab und an auf Bundesebene am Start. In Hagen hat sie in den vergangenen sieben Jahren effektiven Input bekommen.

Eigentlich war es ein Zufall, dass Sabrina Galant (ehemals Kubatzki) auf der Matte steht. Sie war immer schon sportlich unterwegs, ging laufen, schwimmen oder fuhr Rad. Auch Volleyball und Handball gehörten zu ihren Sportarten. „Ich habe mich Mitte 20 für verstärkt für Fitness und Kraftsport interessiert“, erzählt sie. Ihr Stiefvater Uwe Schmidt lockte sie dann eines Tages mal in die Krafthalle des Schulzentrums Wehringhausen, wo er selbst Gewichtheben betreibt. Ihr erster Eindruck war positiv: „Ich fand es vor allem interessant, wie sehr man sich auf die Kniebeuge konzentrieren muss und die Schnellkraft benötigt“, erinnert sie sich. Sie hatte Respekt vor den Gewichten und anfangs auch eine gewisse Angst, gibt sie zu: „Ich musste sie überwinden, wenn ich unter der Stange stehe.“

Sabrina Galant hat mit 25 Jahren und viel Potenzial angefangen

Sabrina Galant wird von dem sehr erfahrenen Experten Peter Csitneki angeleitet.
Sabrina Galant wird von dem sehr erfahrenen Experten Peter Csitneki angeleitet. © Hendrik Steimann | Hendrik Steimann

Damals war sie 25 und ist seitdem fester Bestandteil im SSV-Team. Auf Bezirks-, Landes- und auch Bundesebene trat die heute 32-Jährige bei Wettkämpfen an. Erfolge motivierten sie, dabei zu bleiben. „Selbst ein Kilo mehr macht mich stolz. Auch die Tatsache, dass ich mich unter Männern behaupten kann“, freut sie die Athletin. Im Gewichtheben gibt es generell keine extrem gestählte Personen. Im Gegenteil: Sabrina Galant wirkt schmächtig, bringt aber genau deswegen beste Grundvoraussetzungen mit. Schnellkraft ist entscheidend. Wenn der Körper nicht in die tiefe Ausgangsposition gebracht werden und ruckartig arbeiten kann, gelingt unter anderem der entscheidende Umsprung beim Aufrichten nicht. Natürlich gehört Krafttraining dazu, um nach und nach mehr Gewichte hieven zu können.

Deutsche Meisterschaft wäre möglich

Neben Sabrina Galant gehören drei weitere Frauen zur Gruppe der Gewichtheber des SSV Hagen. Sie erreichte zuletzt bei den Deutschen Ü30-Meisterschaften den fünften Platz. Ihr Level möchte sie halten und sich stetig schrittweise verbessern. Die reine Deutsche Meisterschaft sei ein hochgestecktes Ziel, doch die Trainer trauen auch dies der talentierten Sportlerin zu. Für sie selbst muss es Sinn machen und sie wirft immer den Blick die Konkurrenz. Einen Start schließt sie zumindest nicht aus.

Sabrina Galant war im Sommer die Einzige, die aus der Kampfgemeinschaft mit Westerholt übrig blieb. Die KG startete in der Regionalliga, musste sich dann aber auflösen. Ein Neustart wäre nun nur in der Bezirksliga möglich, der untersten Ebene.

Hauptsächlich ist jedoch die Technik entscheidend. „Das ist vielen nicht bewusst und deshalb ist es auch schwierig, Nachwuchs zu finden. Interessierte Jugendliche wollen innerhalb kurzer Zeit viel Gewicht heben können. Doch das schaffen sie nicht, weil es Geduld und intensive Arbeit dafür braucht. Sie sind dann schnell wieder weg“, berichtet SSV-Trainer Johannes Sarasa. Er gehört zum Trainerteam, das neben ihm aus Helmut Schröer und Peter Csitneki besteht. Vor allem Csitneki bringt viel Erfahrung mit und kann jungen Sportlern und Neueinsteigerinnen wie Sabrina Galant helfen. Denn er stand früher in seiner Heimat Ungarn selbst im Nationalkader und hätte beinahe an den Olympischen Spielen 1968 in Mexiko teilgenommen. Doch kurz vorher verletzte er sich bei einem Autounfall und wechselte vom aktiven Leistungssport auf die andere Seite: Er war von 1970 bis 1980 Bundestrainer in Ungarn. Mit Peter Baczako betreute er beispielsweise einen ehemaligen Jugend-Weltmeister und späteren Olympiasieger.

Professionelle Trainingspläne in Hagen übernommen

Die Trainingspläne haben die SSV-Gewichtheber übrigens von dem ungarischen Kraftsportler übernommen und nutzen das professionelle Wissen. „Ich bin stolz und dankbar, so einen Trainer mit im Team zu haben“, freut sich Johannes Zasara. Was er und auch Sabrina Galant von dem ehemaligen Zweitliga-Starter und Trainer des SSV Hagen gelernt haben: „Man muss sich an jedem Einzelversuch orientieren, um sich zu verbessern. Alles basiert auf technischen Feinheiten.“ Peter Csitneki gibt immer noch Tipps, wenn die Sportler ihn fragen. Doch er zieht sich langsam zurück, da er auf die 80 Jahre zugeht. „Wenn man so viel erlebt hat, reicht es irgendwann mal“, sagt er mit einem Schmunzeln. Er und die SSV-Trainer wissen, dass die internationale Ebene sich vor allem in der Anzahl der Kilos unterscheidet, die saubere Technik aber immer die Basis bleibt.

Mir gibt der Sport Selbstsicherheit und Selbstbewusstsein.
Sabrina Galant, Gewichtheberin des SSV Hagen

Die Gewichtheberin bringt vor allem Schnellkraft und die nötige Geduld mit.
Die Gewichtheberin bringt vor allem Schnellkraft und die nötige Geduld mit. © Hendrik Steimann | Hendrik Steimann

Das hat auch die junge Heberin Sabrina Galant festgestellt. Für sie, die in der Regel dreimal pro Woche den Weg von Hemer aus nach Hagen fährt, wird jedes Jahr eine Einzellizenz beantragt. Die Polizistin ist in der Gewichtsklasse 59 oder 63 unterwegs, im Zweikampf. Ihre Bestleistungen: 56 Kilogramm im Reißen und 63 Kilogramm beim Stoßen. „Das Gewichtheben Selbstsicherheit und Selbstbewusstsein. Er ist zudem Ganzkörpertraining und bereitet gerade den Rumpf auf Bewegungen im Alltag vor. Dann liegt es an einem selbst, es sportlich weiter zu schaffen“, so die Gewichtheberin.