Hagen. Beim ProA-Spiel zwischen VfL Bochum und Phoenix Hagen durften sich Gästefans in einigen Bereichen nicht klar zu ihrem Klub bekennen. War das gesetzeswidrig? Ein Jurist bezieht Stellung.

Abhaken, weitermachen, auf‘s nächste Spiel konzentrieren - dieses Credo beherzigen Sportvereine vor allem dann, wenn sie sich jüngst eine Niederlage eingefangen haben. In Fachkreisen spricht man auch davon, den Mund abzuwischen oder wahlweise abzuputzen. Auch beim Basketball-Zweitligisten Phoenix Hagen geht zurzeit der Blick nach vorne, aufs nächste Spiel in Bayreuth - wenngleich die Geschehnisse rund um das Derby bei den VfL Sparkassen-Stars Bochum die Hagener nicht so schnell loslassen.

Schmidt sucht Gespräch mit Bochum und Liga

Auf Nachfrage sagte Phoenix-Geschäftsführer Martin Schmidt, dass Phoenix die für die Basketball-Branche sonderbaren Gästefan-Regeln des VfL Bochum nicht juristisch prüfen und auch sonst keine Maßnahmen einleiten werde. Aber: Auf der kommenden Ligatagung der 2. Basketball-Bundesliga im Januar 2024 möchte er sich mit Tobias Steinert (Geschäftsführer Sparkassen-Stars Bochum) und Christian Krings (Geschäftsführer 2. Liga) an einen Tisch setzen, „um mal über das Thema zu sprechen. Was Bochum gemacht hat, ist mindestens fragwürdig. Und in meinen Augen kann die Liga das nicht gut heißen.“

Einen Austausch im Beisein der Ligaleitung halte Schmidt für notwendig, weil die bisherigen Gespräche mit Steinert nicht gefruchtet seien. Trotz zahlreicher kritischer Stimmen, unter anderem von Phoenix-Trainer Chris Harris, sei Steinert „kein Stück von seinem Standpunkt abgewichen. Das finde ich schade“, sagte Schmidt - vor allem vor dem Hintergrund, dass im Derby „alles wie erwartet friedlich ablief, wie ja auch im Derby der Vorsaison in Bochum.“

Eine Szene aus dem Spiel zwischen Bochum und Hagen.
Eine Szene aus dem Spiel zwischen Bochum und Hagen. © Bochum | Jonas Richter

Zur Erinnerung: Beim Auswärtsspiel von Phoenix Hagen in Bochum am vergangenen Samstag untersagte es der gastgebende VfL Bochum, sich außerhalb der ausgewiesenen Gästebereiche durch die Kleidung oder das Verhalten klar als Gästefan zu erkennen zu geben. Andernfalls werde man aus dem Heimbereich der Halle verwiesen. Der VfL stützte sich dabei auf die Hallenordnung der städtischen Rundsporthalle.

Jurist: „Verstoß gegen das Grundgesetz“

Alles also gesetzeskonform? Der Hagener Jurist Andreas Menzebach widerspricht: „Solche Regelungen stellen nicht bloß ein Ärgernis dar, durch das die Stimmung unnötig aufgeheizt wird, sondern einen Verstoß gegen das Grundgesetz.“ Menzebach verweist auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 11. April 2018 (1 BvR 3080/2009) im Zusammenhang mit dem Zugang zu Spielen der Fußball-Bundesliga: „Kurz zusammengefasst: Veranstalter dürfen ihr Hausrecht nicht dazu nutzen, bestimmte Personen ohne sachlichen Grund von einem solchen Ereignis auszuschließen. Andernfalls liegt ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot gemäß Art. 3 Abs. 1 GG vor. Gerechtfertigt ist ein Ausschluss nur, wenn Störungen durch die Betroffenen zu erwarten sind, die sich auf Tatsachen von hinreichendem Gewicht stützen lassen.“

Daher sei im entschiedenen Fall der Ausschluss eines Ultras, der sich an Landfriedensbruch, Sachbeschädigungen und Körperverletzungen beteiligt hatte, gerechtfertigt gewesen. Völlig anders stelle sich der Fall im Basketball-Derby zwischen Bochum und Hagen dar. Menzebach: „Das Tragen von Kleidung oder Bekundungen zur Unterstützung der ‚falschen‘ Mannschaft stellen keinesfalls eine Störung von hinreichendem Gewicht dar. Andernfalls hätten unter Beachtung des Gleichheitsgebots auch die wenigen Bochumer Fans, die sich in den als Gästebereich ausgewiesenen Block D1 verirrt hatten, aus diesem Bereich verwiesen werden müssen.“

Das Tragen von Kleidung oder Bekundungen zur Unterstützung der ‚falschen‘ Mannschaft stellen keinesfalls eine Störung von hinreichendem Gewicht dar.
Andreas Menzebach, Jurist aus Hagen

Umdenken in Bochum?

Andreas Menzebach hofft daher zweierlei: Dass bei den VfL Sparkassen-Stars ein Umdenken stattfindet und dass die Stadt Bochum die Hallenordnung der Sportstätte „auf einen grundgesetzkonformen Stand bringt“.

Unsere Redaktion hat die Stadt Bochum zum oben geschilderten Vorfall befragt, ebenso die Geschäftsführung der VfL Sparkassen-Stars Bochum, aber Stand jetzt (Montag, 20. November, 16 Uhr) noch keine Antwort erhalten.

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