Hagen. Werden Sportler verletzungsanfälliger? Trainer Stefan Neff vom VfL Eintracht Hagen hat zu dieser These eine klare Antwort.
Verletzungen gehören zum Leistungssport wie der Kater zum Trinken. Diese Metapher trägt zwar nicht zu hundert Prozent, aber sie macht dennoch deutlich: Das eine geht kaum ohne das andere. Es ist heutzutage fast unmöglich, als Profi-Sportler eine ganze Karriere komplett ohne noch so kleine Blessuren zu überstehen. Früher, so die subjektive Wahrnehmung vieler ehemaliger Sportler, gab es weniger Verletzungen. Aber stimmt diese These? Ein prominenter Hagener Verein, der gerade sehr verletzungsgeplagt ist, ist die der Handball-Zweitligist VfL Eintracht Hagen.
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Trainer Stefan Neff unterstreicht die besagte These. Und er kennt auch einige Gründe für die gestiegene Zahl der Blessuren und Verletzungen: „Zum einen ist das Spiel in den letzten Jahren und Jahrzehnten einfach viel athletischer geworden“, sagt Neff. Zum anderen gebe es vor allem im Profi-Bereich immer mehr Spiele pro Saison. Auf bis zu 38 bis 40 Spiele kann ein Profi-Team im Handball kommen, je nachdem wie weit man im DHB-Pokal eben kommt.
Eintracht spielt einen Tag vor Weihnachten
Zudem finden die Partien im zunehmend wechselnden Turnus statt: „Mal spielen wir freitags, mal sonntags und – wie zum Beispiel jetzt gegen Coburg, halt auch mal unter der Woche. Vielleicht spielt so etwas auch eine Rolle, weil es immer weniger Phasen für die Regeneration gibt“, sagt der Cheftrainer vom VfL Eintracht Hagen. Manche Ansetzungen seien außerdem durchaus noch etwas gewöhnungsbedürftig und erinnern fast an Zustände im englischen Profi-Fußball, der bekanntermaßen nicht mal an Weihnachten pausiert: „Wir spielen zum Beispiel am 23. Dezember in Bietigheim. Für den Zuschauer sind das sicher schöne Termine, aber für die Sportler und uns als Trainerteam ist das nicht so optimal.“
Neff ist aber um eine differenzierte Einordnung bemüht: „Wir von unserer Seite jammern da nicht rum, denn wir haben uns das so ausgesucht. Und ohne Medien, Fans und so weiter wäre das, was wir machen, auch gar nicht möglich“, betont Neff. Insofern solle man das Thema auch nicht zu hoch hängen, beziehungsweise sich nicht über die Konsequenzen beschweren: „Verletzungen gehören zum Sport dazu. Wir sind darüber hinaus auch einfach noch in einer sehr intensiven Sportart unterwegs“, findet Neff.
Kaum schwerwiegende Verletzungen
Seine Zweitliga-Handballer haben am Montagabend trotz gravierender personeller Widrigkeiten jedenfalls die ersten zwei Punkte der Saison eingefahren. Das Thema Gesundheit ist bei der Eintracht aber seit dem Ende der Vorbereitung omnipräsent.
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„Ich bin aber schon fast froh, dass wir bis auf wenige Ausnahmen die letzten Jahre insgesamt trotzdem noch recht gut weggekommen sind, wenn man bedenkt, dass wir zuletzt zumindest kaum schwerwiegende Verletzungen wie Kreuzbandrisse oder Ähnliches hatten“, erläutert der VfL-Coach. Auch aktuell überwiegen auf der Liste des Eintracht-Lazaretts die „kleinen“ Krankheiten und Blessuren – und nicht die heftigen Langzeitausfälle.
Oft sind es Krankheiten wie Grippe oder Corona
„Wir haben zum Beispiel einen Corona-Fall, einer fällt aktuell mit einer Grippe aus. Der nächste ist im Training umgeknickt. Es geht – so schwierig die Situation aktuell auch sein mag – also noch schlimmer“, befindet Neff: „Wir hatten die letzten Jahre auch mal zehn Ausfälle, davon waren dann neun Corona-Fälle.“ Diese Tatsache relativiere die anfangs formulierte These dann wieder ein bisschen.
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Und außerdem: „Die Medizin hat sich ja auch weiterentwickelt. Was es da alles für Möglichkeiten gibt, ist schon heftig. Elektro-Therapien und viele technische Neuheiten kommen immer wieder dazu. Es gibt ein Laufband, auf dem man quasi ohne Gewicht und gewissermaßen schwerelos laufen kann“, berichtet Neff. Dadurch sollen Sportler nach schweren Verletzungen, etwa am Knie, ihre ersten Schritte zur Belastung des entsprechenden Körperteils machen und Vertrauen in ihren Körper gewinnen. Auch das, so findet Neff, müsse man bei der Beurteilung der Frage nach der steigenden Verletzungsanfälligkeit von Profi-Sportlern berücksichtigen. Man merkt: Die These ist zwar nicht ganz falsch, aber die Entwicklung ist durchaus komplizierter.