Aachen/Wetter. Um zu Alemannia Aachen wechseln zu können, zahlte Heiner Backhaus die Ablöse selbst. Welche Rolle dabei die Nähe zur Heimat Wetter spielte:
Vom Osten in den Westen, sein kurzfristiger Wechsel sorgte für reichlich Schlagzeilen und Nebengeräusche. Und hatte mit der Sehnsucht nach der Heimat, die der Fußball-Weltenbummler für sich in Wetter an der Ruhr verortet, zu tun: Vor zwei Wochen war Heiner Backhaus noch Trainer bei Nordost-Regionalligist und DDR-Rekordmeister BFC Dynamo Berlin, am Samstag dirigiert er in gleicher Funktion Ex-Bundesligist Alemannia Aachen beim Heimspiel in der West-Staffel gegen den SV Rödinghausen. Weil der 41-Jährige, der in Wengern aufgewachsen ist, zurück in die Nähe der Familie wollte - und dafür selbst kräftig investiert hat. „Das hier ist eine überragende Symbiose, privat und sportlich in einem tollen Umfeld zu arbeiten“, erklärte Backhaus bei seiner Vorstellung in Aachen - und ist vom Engagement beim Traditionsklub überzeugt: „Es für mich eine ganz große Ehre, diesen wahnsinnig tollen Verein trainieren zu dürfen.“
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Eine gute erste Saison, nun zehn Punkte aus den ersten fünf Spielen der laufenden Spielzeit: Beim BFC Dynamo Berlin lief es für Heiner Backhaus eigentlich rund, als er vom Verein Anfang September vor dem Topspiel in Greifswald mit sofortiger Wirkung vom Trainings- und Spielbetrieb freigestellt wurde. Als Grund dafür wurde „vereinsschädigendes Verhalten“ genannt. Zuvor war das Interesse von Alemannia Aachen, das nach der Trennung von Trainer Helge Hohl einen Nachfolger suchte, an ihm bekannt geworden. Wenige Tage später einigte man sich auf eine Vertragsauflösung, der Weg zum Tivoli war frei. „Am meisten hat mich gewurmt, dass behauptet wird, ich hätte mich vereinsschädigend verhalten“, bekannte Backhaus später: „Es ist nicht vereinsschädigend, wenn man den Verein informiert, dass Alemannia Aachen angerufen hat - und es kribbelt auf der Haut. Das ist normal in dem Geschäft.“
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Für Regionalliga happig
Um dem Ruf des Regionalliga-Titelkandidaten und Kultklubs („Als Kind des Westens habe ich den Verein immer verfolgt“) folgen zu können, der mit nur einem Sieg aus sechs Spielen in die aktuelle Saison schlecht gestartet ist, engagierte sich Backhaus auch finanziell. Auch da die Aachener klarstellten, dass sie keine Ablösesumme zahlen könnten, so kaufte sich Backhaus selbst aus seinem Vertrag in Berlin heraus. „Ich habe dafür gesorgt, dass der Vertrag abgelöst wird“, bekannte er bei seiner Vorstellung: „Ich habe gefragt: Was kann ich dazu beitragen, dass ich zu Alemannia Aachen wechseln kann.“ Das wiederum sei „schon happig für Regionalligaverhältnisse“ gewesen: „Aber ich bin sicher, dass es eine gute Investition für mich war.“
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Beim TuS Wengern begonnen
Er investierte so viel, auch um näher an die Heimat und die Familie zu kommen, das sei mit ausschlaggebend gewesen. „Mein Eigenheim steht in Wetter an der Ruhr, 200 Meter von der wunderschönen Ruhr weg“, sagte Backhaus, der eine Wohnung in Würselen bezogen hat, und begründete den Wechsel auch damit, dass er näher bei seinen Kindern sein möchte. „Das gibt mir Kraft und ein Gefühl, nach Hause zu kommen. Das kenne ich schon nicht mehr, seitdem ich 16 war, weil ich Fußballspieler war und in ganz vielen Vereinen quer über den Planeten gespielt habe. Aber das Gefühl, einfach mal zuhause zu sein, ist mir nicht so oft vergönnt gewesen.“ Mit neun Jahren war Backhaus, der beim TuS Wengern mit dem Fußball begonnen hat, bereits in die Knappenschmiede des FC Schalke 04 gewechselt, hatte später in seiner bewegten Profi-Karriere mit vielen Stationen neben RW Essen, Hannover 96, Kickers Offenbach oder Union Berlin auch in Zypern, Malta oder Hongkong gekickt. Und war danach in zehn Trainerjahren in Leipzig, Rehden, Großaspach, Koblenz und Berlin aktiv, darunter in drei Regionalliga-Staffeln, aber eben nie im Westen.
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Das ist er nun, trifft auf Gegner wie Spitzenreiter Wuppertaler SV, RW Oberhausen oder Schalkes Reserve. Und arbeitet nur 90 Minuten Fahrzeit von der Heimat entfernt. „Am Kölner Dom vorbei zu fahren in Richtung Ruhrgebiet zu all meinen Lieben, das ist schon Luxus“, schwärmt er im Alemannia-Podcast. Aus Berlin, das betont Backhaus, habe er weg gewollt, weil er sich dort nicht wertgeschätzt gefühlt habe und kein uneingeschränktes Vertrauen in Vorstand und Gremien genossen habe: „Ich sehe mich nicht als Hütchenaufsteller, sondern als Coach. Doch ich konnte nicht der Coach sein, der ich bin.“ In Aachen, wo er - so Sportdirektor Sascha Eller - Kandidat Nummer eins als neuer Trainer war, soll das anders sein. Mit „einfachem, geradlinigem, leidenschaftlichem Fußball, der immer angreift - mit und ohne Ball“ will Backhaus den Klub vom Tivoli wieder in die Spur bringen. Und hofft diesmal auf ein längeres Engagement: „Bisher ist mir nicht vergönnt gewesen, eine Mannschaft länger zu entwickeln als ein Jahr.“