Sprockhövel. Der eine spielt in der Oberliga, der andere schießt Bundesliga-Tore. Doch die Bindung zwischen Christopher und Christian Antwi-Adjei ist eng.

Zwei Spiele verbleiben dem VfL Bochum in der Fußball-Bundesliga noch, der Klassenerhalt ist nach dem 3:2-Erfolg über den FC Augsburg weiter möglich. Am Samstag steht das Kellerduell beim Hauptstadtklub Hertha BSC an. Ein fester Bestandteil im Team von Chefcoach Thomas Letsch ist Offensivspieler Christopher Antwi-Adjei, Spitzname Jimmy. Der gebürtige Hagener hat sich in der laufenden Spielzeit mehrfach ausgezeichnet und glaubt fest an den Ligaverbleib. Besonders viel Unterstützung erhält er hinter den Kulissen – von seinem Zwillingsbruder Christian.

Gemeinsam haben sie im Alter von vier Jahren mit dem Kicken losgelegt, in der Jugend bei Fortuna Hagen. Sie waren danach gemeinsam bei SV Haspe und durch ihr Talent in der C-Jugend des MSV Duisburg, ehe es zur Eintracht Dorstfeld ging. Danach trennten sich die Wege mehr und mehr, doch die enge Verbundenheit der heute 29-Jährigen blieb. Wenn es zeitlich passt schaut sich Christian jedes Heimspiel und vereinzelt Auswärtspartien seines Bruders an – mitunter gemeinsam mit Stanley, dem jüngeren Bruder der Zwillinge.

Als Jimmy nach seiner Regionalligasaison bei der TSG Sprockhövel (2016/17) der Sprung zum SC Paderborn in den Profifußball gelang, spielte sein Zwillingsbruder in der Landesliga beim SV Hohenlimburg. Aktuell ist Christian Antwi-Adjei in der höchsten Amateurspielklasse, der Oberliga, am Ball. Beim SV Westfalia Rhynern – ein Ligakonkurrent der TSG Sprockhövel. Dort spielte Christian zuvor, aber nicht parallel mit Jimmy. Der war jedoch vor einigen Wochen vor Ort in Sprockhövel zum Spiel gegen Rhynern.

„Wenn es sich anbietet, schaue ich mir auch Spiele von Chris an und Sprockhövel hat sich doppelt angeboten. Ich hatte dort eine gute Zeit, in der ich Spaß hatte und im Umfeld des Vereins habe ich keinen Druck gespürt. Außerdem habe ich mir über die TSG nach und nach meinen Traum erfüllt und bin nun Fußballprofi“, sagt der wendige Flügelspieler, der in der noch laufenden Bundesliga-Saison vier Tore erzielt und sieben vorbereitet hat. Gegen Augsburg traf er zur VfL-Führung. Er ist mittlerweile in Bochum heimisch, sein Bruder wohnt nach wie vor in Hagen.

Länderspieleinsätze aus der Ferne

Jegliche Entfernung stellt der Einheit aber keine Hürden in den Weg. Als Jimmy im Jahr 2019 erstmals für zwei Länderspiele in das Nationalaufgebot Ghanas nominiert wurde, wollte sein Zwillingsbruder mit in die Heimat der Eltern reisen. Es klappte jedoch nicht. Für das Spiel gegen Südafrika im eigenen Land fehlte Jimmy auch erst noch ein gültiger Nationalspieler-Pass, so dass er damals zunächst nicht eingesetzt werden konnte. Erst im Auswärtsspiel gegen Sao Tomé und Principe wurde er eingewechselt, in einer Partie für die Qualifikation zum Africa-Cup. „Ich habe das Spiel über einen Livestream von der Arbeit aus verfolgt und war so trotzdem nah dran und unheimlich stolz“, erzählt Christian Antwi-Adjei.

Zu den beiden weiteren der bislang insgesamt drei absolvierten Länderspieleinsätze war er ebenfalls nicht dabei, da sie im Sommer 2022 im Rahmen eines Turniers in Japan ausgetragen worden sind. Doch sie tauschen sich regelmäßig aus. „Das hilft mir sehr, ich bin extrem dankbar. Und Chris freut sich immer mehr für mich als ich selbst, wenn es bei mir super läuft“, verrät Jimmy. Sein Bruder fügt hinzu: „Nach Spielen sprechen wir kurz, auch unten am Spielfeldrand. Ich gratuliere oder baue ihn auf. Wir geben uns gegenseitig Tipps und schildern unsere Sicht der Dinge.“

Ehrlicher Austausch

Der ehrliche Austausch bringe beiden etwas und sie wissen, wie es der andere meint – nämlich nie im bösen Sinne. Chris sagt mit einem Lachen: „Er kann vor allem was zu meiner richtig impulsiven Art auf dem Platz sagen.“ Dass beide fußballbegabt sind, ist ohnehin sofort zu erkennen. Und Jimmy ist eben auf der höchsten Ebene in Deutschland angekommen. „Mich freut es sehr, dass er seinen Weg gegangen ist. Das macht mich ebenfalls glücklich und ich bin mit meinem Herzen dabei“, gibt Chris einen Einblick in sein Inneres.

Und sein Bruder spiele eine super Bundesliga-Saison. Was eben auch Zahlen belegen. Beim VfL fühlt er sich pudelwohl, sein Vertrag ist bis Juni 2024 gültig und bis dahin möchte sein Bruder die Atmosphäre im Ruhrstadion miterleben. Dort sitzt er bei den Spielen auf der Haupttribüne und bekommt oft Gänsehaut – dabei ist er eigentlich BVB-Fan. Jimmy möchte auch kommende Saison mit dem VfL in der ersten Liga auflaufen: „Wenn man in der Bundesliga spielt, möchte man dort auch bleiben.“ Er hat sich hinsichtlich seiner extremen Schnelligkeit noch weiter verbessert, auch den schwächeren linken Fuß stärker trainiert und in puncto Taktik mit dem gesamten Team dazugelernt. „Kleinste Fehler werden in der Bundesliga bestraft. In der Regionalliga mit der TSG Sprockhövel haben wir unter Trainer Andrius Balaika mit viel Pressing agiert. Mit Bochum kommt es gegen Teams wie Bayern München oder RB Leipzig natürlich noch viel mehr auf die Defensive an, was auch ich weiter dazugelernt habe“, erzählt der Hagener. Er will seinen Traum weiter leben und ist überzeugt, dass noch alles für Bochum möglich ist. Sollte es zum Ligaverbleib kommen, würde sein Bruder Chris nicht mehr an sich halten können. Er sagt: „Ich würde einfach nur ausrasten. Für mich und Jimmy.“