Esborn. Erstmals in seiner Klubgeschichte hat der TuS Esborn ein Mädchen-Fußballteam. Warum es in Westfalen keine Gegner findet:

Frauenfußball gibt es am Böllberg nicht, interessierte Mädchen mussten bisher in die Nachbarschaft ausweichen. Das hat sich in der Saison 2022/2023 grundlegend geändert, erstmals in der Vereinsgeschichte stellt der TuS Esborn ein A-Juniorinnen-Team. Die Spielerinnen kamen im Sommer aus dem benachbarten Witten vom SV Bommern, eine ganze Reihe von ihnen kehren so in ihr Heimatdorf zurück. Und da es in Westfalen keine Ligen für die Altersklasse U19 gibt, treten sie in einer Kreisklasse des Verbands Niederrhein an. Bisher sehr erfolgreich, verloren haben sie nur am Grünen Tisch.

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Die längste Auswärtsreise geht über 80 Kilometer, dauert gut eine Stunde - eine Strecke. Am 29. April 2023 muss sich das Team des TuS Esborn auf den langen Weg zum FC Neukirchen-Vluyn machen, den man im Hinspiel gerade mit 6:5 besiegt hat. Die anderen Partien in der Kreisklasse Rees/Bocholt sind schneller erreicht, auch wenn mit der JSG Schonnebeck/​Wattenscheid 11er neben dem TuS nur noch eine weitere westfälische Mannschaft hier vertreten ist. „Es hat doch einen gewissen Reiz, nicht nur um den Kirchturm herum zu spielen“, findet Trainer Alex Lanwehr das nicht schlimm: „Auch als SV Bommern haben wir häufig gegen Teams aus Wuppertal oder Solingen gespielt. Der Verband am Niederrhein macht mehr für den Mädchenfußball als Westfalen.“

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Vom SV Bommern ist das U19-Team mit Trainer Alex Lanwehr (links) zum TuS Esborn gekommen.
Vom SV Bommern ist das U19-Team mit Trainer Alex Lanwehr (links) zum TuS Esborn gekommen. © TuS Esborn

Seit zehn Jahren zusammen

Mit seinen Spielerinnen des Jahrgangs 2004 und 2005, die zum Teil seit zehn Jahren zusammen spielen, war Lanwehr beim SV Bommern sehr erfolgreich, wurde bei den C-Juniorinnen Meister, spielte in der U17-Bezirksliga. Da Bommern aktuell zwei Damen-Teams und eine starke weibliche Jugend in U17 und U15 hat, wollte man in einem eigenen Team antreten. „Beim Schritt von der U17 zu den Frauen gehen viele Talente verloren. Deshalb wurde die Idee zu einer U19 geboren“, sagt Lanwehr, in seinem Stammklub ließ sich das aber nicht realisieren: „Einige beim SV Bommern, die eigentlich nichts mit den Damen zu tun haben, haben das verhindert.“ Schweren Herzens, so der Wittener, der drei Töchter in die Jugendteams des SVB gebracht hat, entschloss man sich zum Wechsel eines kompletten Teams. „Für mich als Bommeraner Urgestein war das ein schwerer Weg, wir wären gern geblieben“, sagt er: „Aber jetzt sind wir froh, den Schritt gemacht zu haben. Wir sind glücklich in Esborn.“

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Denn beim TuS Esborn sei man gut aufgenommen worden, am Böllberg habe man alle Möglichkeiten. „Einige Spielerinnen kommen auch aus Esborn“, verweist er auf Akteurinnen wie Linda und Annabel Noele, Ella Nieth oder Maren Fladrich, „bisher kamen sie den kurzen Weg nach Bommern, jetzt ist es umgekehrt.“ Im Achtsitzer-Bus fährt der Coach die in Witten wohnenden Teammitglieder zu Training und Spiel in die neue Heimat. Dabei ist seine jüngste Tochter Nela Schlott, die aus der U17-Bundesliga des FC Iserlohn zu ihrem alten Team, das aktuell einen Kader von 18 Spielerinnen hat, zurückgekehrt ist. Und nach einem Knöchelbruch wieder fit ist und sportlich helfen kann.

Damen-Team ist Ziel

Was bisher sehr gut gelang, eine Niederlage auf dem Feld musst man noch nicht hinnehmen. Der 7:4-Sieg im Verbandspokal beim Mülheimer FC und das 2:2 beim Ligaauftakt bei Rhenania Hamborn wurden allerdings für den jeweiligen Gegner gewertet. „Einige Spielerinnen sind erst seit November spielberechtigt“, erklärt Lanwehr, seitdem siegte man auch bei Post /​ Gräfrath Solingen (4:1) und gegen FC Neukirchen-Vluyn im ersten Heimspiel (6:5 nach 1:5-Rückstand). Und holte zuletzt beim 1. FFC Düsseldorf ein 5:5. „Wir wollen attraktiven, technisch anspruchsvollen Fußball spielen“, erklärt der Coach die Philosophie: Die Idee ist, dass die Spielerinnen selbstbestimmt mit entscheiden.“

So will Lanwehr mit der U19 als erster Mannschaft auch eine langfristige Basis für Mädchen- und Frauenfußball in Esborn schaffen. „Aus Spielerinnen werden Trainerinnen, die selbst spielen und im Kollektiv entscheiden“, ist seine Vorstellung: „Das Ziel ist es, später als Damenmannschaft in Esborn zu spielen.“ Eine Mannschaft, die es bisher auf dem Böllberg-Sportplatz noch nicht gab.