Hagen. Blau-Weiß Vorhalle wird 50 Jahre alt. Es ist ein besonderer Klub mit einer besonderen Historie und einer herausfordernden Zukunft. Ein Besuch.

1972 steht an der Weststraße noch VW Röttger. Da, wo heute das Autohaus Gottfried Schultz steht. Teile des Gebäudeensembles, zum Beispiel der hohe Turm am Vorhaller Kreisel, zeugen noch von dieser Zeit. Alte Vorhaller wissen: An dem Turm tickte mal eine Uhr. Sie ist nicht mehr da, steht aber in gewisser Weise symbolisch für das, was hier in jener Zeit gegründet wurde. Die Sportgemeinschaft Blau-Weiß Röttger. Eine Betriebs-Fußballtruppe, aus der Anfang August 1972 der heutige Verein Blau-Wei Vorhalle entstand. Eine Zeitreise und ein Ausblick zum 50-jährigen Jubiläum eines ziemlich besonderen Klubs.

Der Kunstrasenplatz auf dem Vorhaller Vossacker. Als Blau-Weiß Vorhalle begann, war hier noch eine Ascheplatz-Anlage.
Der Kunstrasenplatz auf dem Vorhaller Vossacker. Als Blau-Weiß Vorhalle begann, war hier noch eine Ascheplatz-Anlage. © WP | Michael Kleinrensing

Elmar Schulte und Volker Rüggeberg waren Männer der ersten Stunde. Gekickt werden musste zunächst am Ischeland, denn erst 1979 erhielt Vorhalle den Sportplatz am Vossacker. Damals noch raue, unverzeihliche Asche. Wenn der Wind pustete, wirbelten die Asche-Rosen vom Vossacker herunter. Der Klub, damals nur eine Fußball-Gemeinschaft, wuchs. In Nachbarschaft zu den etablierten: SG Vorhalle 09 und dem TSV Vorhalle. Blau-Weiß – wie Elmar Schulte heute sagt übrigens keine Anlehnung an Schalke – war aber noch ein Herrenklub. Dass sich das Anfang der 90er-Jahre änderte hat mit vielen Blicken zu tun, die die Kicker immer wieder auf das damals brachliegende Gelände zwischen Sportplatz und Karl-Adam-Halle und der Autobahn A1 warfen.

Der Bau eines eigenen Klubheims

1988 sprechen die Blau-Weißen erstmals mit der Stadt über eine Nutzung des Geländes. Im Frühjahr 1991 fällt die politische Entscheidung. Blau-Weiß darf auf besagtem Gelände Klubheim und Tennisplätze errichten. Nach langem Planungsprozess malocht ein harter Kern aus mehreren Blau-Weißen, der den Klub bis heute prägt, jeden Tag nach der Arbeit für den Traum eines eigenen Klubheims. Alles, nahezu jeder Handgriff geschieht in Eigenregie. Es ist ein besonderer Spirit in einer Zeit, in der es keine Smartphones gibt, der VW Jetta noch das Ortsbild prägt, Uwe Poggensee noch ein Elektrofachgeschäft in der Vorhaller Straße betreibt und die Trainingsanzüge noch aus Ballonseide sind.

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Klaus Selent, ein, wenn man das so sagen darf, Blau-Weiß-Urgestein, schrieb in der Festschrift zum 25-jährigen Bestehen darüber, wie kräftezehrend, aber zusammenschweißend diese Zeit war. Neben ihm sind maßgeblich Michael Glitsch, Wolfgang Linnemann, Armin Müller, Thomas Naumann, Peter Schierz, Jürgen Venzke und Jörg Zagler am Bau beteiligt.

Zusammenhalt als DNA bei Blau-Weiß Vorhalle. In der ersten Mannschaft, da legen sie am Vossacker Wert drauf, werden keine Gehälter bezahlt.
Zusammenhalt als DNA bei Blau-Weiß Vorhalle. In der ersten Mannschaft, da legen sie am Vossacker Wert drauf, werden keine Gehälter bezahlt. © Michael Kleinrensing

Blicken wir noch mal auf die alte Röttger-Uhr und ihre Symbolwirkung. Der Sportverein ist in jenen Jahren vital. Der Bau der Tennisplätze am Vossacker lockt neues Publikum, neue Mitglieder. Fußball und Tennis sind nun die Standbeine. Frauen und Kinder treten ein. Das Sommerfest der Blau-Weißen wird Kult im Stadtteil. Fußball, Tresen, Musik. Doch die Uhren ticken heute etwas anders. Blau-Weiß befindet sich, wie so viele Klubs, mit seinen 150 Mitgliedern in einer Phase, in der es sich neu erfinden muss. „Klar, auch unser Kern ist älter geworden“, sagt der Vorsitzende Armin Müller, seit 40 Jahren im Klub. Die Anpacker alter Tage haben sich etwas mehr in die zweite Reihe zurückgezogen.

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Vereine wie Blau-Weiß kämpfen heute umso mehr um die Zukunft. Das ist dem Zeitgeist geschuldet, verändertem Freizeitverhalten, veränderter Haltung vielleicht im Fußballbetrieb. „Wir sind hier stolz darauf, dass aus unserer ersten Mannschaft niemand Geld bekommt. Wir spielen zum Spaß und weil hier einfach die Gemeinschaft stimmt“, sagt Matthias Doroschewski, Abteilungsleiter Fußball. Die „Erste“ spielt in der Kreisliga B. Mittlerweile nicht mehr auf Asche, sondern auf einem traumhaften Kunstrasenplatz auf dem Vossacker. Vorbei die Zeit der Asche-Rosen. Die Uhren ticken , wie gesagt anders.

Den oberen der beiden Tennisplätze haben die Blau-Weißen zuletzt aufgegeben. Der untere wird weiter gepflegt. „Aber es sind nur noch eine Handvoll Mitglieder, die Tennis spielen“, sagt Armin Müller. Nebenan, beim TSV Vorhalle, ist der Tennisplatz schon ganz aufgegeben worden. Eine Aktion „Fußball trifft Tennis“ soll in den nächsten Tagen noch einmal die Tennis-Lust bei den Blau-Weißen wecken.

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Eine neue Generation

Matthias Doroschewski, zuvor über 20 Jahre aktiv bei Fortuna Hagen, wirbt für den kleinen Klub und sein Gelände mit der herrlichen Aussicht ins Ruhrtal, nach Wetter, zum Kaisberg und Richtung Herdecke. „Hier wächst gerade eine neue Generation von Jungs heran, die bei Blau-Weiß wieder zusammen groß werden will.“ Mit „groß“ meint er die Zeiten, die wir in der Mitte dieses Textes beschrieben haben. Mit der SG Vorhalle 09 hat man nun eine Altherren-Spielgemeinschaft gebildet und tritt damit im Hagener Kreis an. „Blau-Weiß muss auch hier sichtbar bleiben“.