Herdecke. Die Duschen in Herdeckes Sportstätten bleiben kalt - „Skandal“ oder notwendig. Und gibt es Ausnahmen? Das denken die Sportler:

Davon werden die Sportler zwischen Bleichstein und Kalkheck im Wortsinn kalt erwischt: Als zweite Stadt des Ennepe-Ruhr-Kreises nach Witten dreht Herdecke in den Sportstätten angesichts der Gaskrise die warmen Duschen ab, um frühzeitig Energie zu sparen. „Die Warmwasserversorgung wird in allen städtischen Gebäuden inklusive den Sportstätten abgestellt“, heißt es in einer Presseerklärung der Stadt, das ist eine Maßnahme zur Energieeinsparung neben der Absenkung der Temperatur in städtischen Gebäuden und Sporthalle sowie der Wassertemperatur in den Bädern. Wie die heimischen Sportler dazu stehen, dazu hat die WP-Sportredaktion Reaktionen gesammelt.

Nicht sozial gerecht

Kritik an der Entscheidung der Stadtverwaltung übte FDP-Ratsmitglied und Handballtrainer Enric Tange. „Natürlich müssen wir Energie sparen. Aber die Kosten werden hier von der Stadt auf die Familien und Sportler umgelegt, die dann zuhause duschen. Sozial gerecht ist das auf gar keinen Fall!“, sagte er: „Und dies ohne Rats- oder Ausschuss-Beschluss zu bestimmen, ist für mich ein handfester Skandal!“

„Wir hatten schon Angst, dass das warme Wasser während der Ruhrtalmeisterschaft abgedreht wird, das wäre eine Katastrophe gewesen“, sagt Uwe Hölterhoff, 1. Vorsitzender des FC Herdecke-Ende. Doch nach dem Turnier konnte am Kalkheck noch warm geduscht werden, auch am Montag nach dem Training von „Endes Ewigen Talenten“ galt das. Die Ender Drittvertretung - auf dem Trikot postuliertes Motto „Duschen ist im Verein am schönsten“ - richtet sich aber darauf ein, dass bereits am Mittwoch nach dem Testspiel gegen den TuS Esborn die Duschen kalt bleiben. „Wenn es sein muss, dann ist das so“, sagt Trainer Michael Müller, der die Energiespar-Maßnahme richtig findet: „Dann muss man das Bier nach dem Spiel eben schneller trinken, bevor einem zu kalt wird.“ Hölterhoff wiederum zweifelt am Sinn. „Ein bisschen fragwürdig ist das schon. Warum reduziert man die Temperatur im Freibad nur um ein Grad, da könnte es doch kälter sein“, fragt er sich, „stattdessen können die Kinder nicht mehr warm duschen.“ Außerdem verlagere man das Problem nur: „Dann müssen alle zuhause duschen, da wird insgesamt keine Energie gespart.“ Und Klubmitglieder würden sich fragen, wozu sie Beitrag zahlen würden, wenn sie diese Kosten jetzt auch tragen müssten.

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Handballer sind nicht aus Zucker

Bei Nachbar TSG Herdecke sieht man das Thema, gerade im Sommer, einigermaßen gelassen. „Das Verständnis dafür ist in dieser Krise ja grundsätzlich da“, sagt Klubchef Markus Requardt, „auch wenn es uns natürlich beeinträchtigt.“ Und da die Duschanlage am Bleichstein in die Jahre gekommen sei, habe man dort auch im Winter nicht immer heißes Wasser. Wobei der TSG-Chef darauf verweist, man solle zwischen Hallen- und Freiluftsportlern unterscheiden: „Gerade im Winter finde ich das schon speziell. Wenn man durchgefroren oder nassgeregnet vom Platz kommt, sollte man warm duschen können.“

In der Bleichsteinhalle spielen und trainieren die Handballer der HSG Herdecke/Ende. „Dort war schon am Freitag die Dusche kalt“, sagt Klub-Vize Werner Kreft und betont: „Das ist bedauerlich, aber im Moment kein Drama. Kaltes Wasser ist mir lieber als eine Bombe auf dem Kopf.“ Handballer seien nicht aus Zucker, betont er, man sehe das entspannt. „Ob das als Einsparung etwas bringt oder Aktionismus ist, muss man dann sehen“, sagt Kreft, zumal die Sportler dann daheim duschen würden: „Aber manch einer wird sich überlegen, ob er noch eine Viertelstunde duscht.“

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Stadtsportverband eingebunden

Am Bleichstein stellt sich zudem die Frage, wie es bei kommenden Großveranstaltungen mit auswärtigen Gästen aussieht. So erwartet die HSG am 13. August Drittligist Ahlener SG, während zur 111-Jahr-Festwoche der TSG am 27. August die Traditionsmannschaft von Borussia Dortmund mit Ex-Profis kommt. „Seitens der Stadt hat man signalisiert, dass man bei Meisterschaftsspielen flexibel auf die betroffenen Vereine zugehen würde“, sagt Thomas Bieber, Vorsitzender des Stadtsportverbands Herdecke, der sich von der Stadtverwaltung in die Entscheidungsfindung einbezogen sieht. „Wir tragen das mit“, betont Bieber, „und das Duschen zuhause haben die Sportler ja schon während der Corona-Zeit gemacht.“

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Ob es tatsächlich Ausnahmen für den Spielbetrieb geben wird, sei noch nicht definitiv entschieden, sagt Stadtsprecherin Anna Gemünd auf Nachfrage. Und verweist auf das Treffen aller Bürgermeister des Ennepe-Ruhr-Kreises am Mittwoch, dort werde eine kreisweit einheitliche Linie angestrebt. Im Laufe dieser Woche werde zunächst in allen Gebäuden das warme Wasser abgestellt. Die Notwendigkeit hatte die Verwaltung zuvor betont: „Die derzeitige Situation verlangt von uns allen im Privaten aber auch im öffentlichen Bereich, dass wir frühzeitig Energie und insbesondere Gas dort einsparen, wo es geht.“