Hagen. Der Hagener Nas Rahim (37) ist Fitnessmodel und Werbegesicht von McFit. Sein Weg dorthin war voller Hindernisse. Uns erzählt er seine Geschichte.
Vor zwölf Jahren lag das Leben von Nas Rahim in Trümmern. Der junge Mann steckte in einer fast ausweglosen Situation: Schwere Verletzung, drohende Abschiebung – bei Nas Rahim kam einiges zusammen. Trotz der widrigen Umstände hat sich der 37-jährige aus der misslichen Lage herausgekämpft und es zum internationalen Fitnessmodell sowie Personaltrainer geschafft – doch der Weg dahin startete dramatisch.
Rückblende: Es war das Jahr 2010, als „Coach Spider“, wie er von den meisten genannt wird, die Türklingel hörte. Rahim wusste sofort Bescheid, was ihn erwarten würde. Er schaute aus dem Fenster und sah die Streifenwagen. In seiner Hand hielt er den Brief von der Ausländerbehörde, den er wochenlang ignoriert hatte. Immer in der Hoffnung, das Problem würde sich schon irgendwie von selber lösen.
Vor Angst springt er aus dem Fenster
Doch der Abschiebungsbescheid sollte ihn nach sechs Jahren in Deutschland wieder in seine Heimat nach Togo schicken. Rahims Antrag auf Asyl wurde abgelehnt. „Ich hatte plötzlich enorme Panik. Für mich ging es nur ums Überleben und ich wollte einfach wegrennen“, erinnert sich der Hagener. Die Beamten waren schon vor der Tür, die Zeit wurde immer knapper. Also nahm Nas Rahim den noch einzigen möglichen Ausgang, der ihm damals durch den Kopf ging. Um vor der Polizei zu fliehen, rannte er zum Fenster und sprang – aus dem dritten Stock.
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Bei dem schier aussichtslosen Fluchtversuch verletzte er sich schwer und musste anschließend ins Krankenhaus. Als Rahim unserer Redaktion die Szene erzählt, lächelt er unentwegt, als würde er von den schönsten Momenten seines Lebens berichten. Immer im Hinterkopf, wie sich sein Leben danach positiv entwickeln sollte.
Zunächst musste er aber in den Rollstuhl, schwere Rückenschmerzen plagten ihn über lange Zeit. Eine der schwersten Zeiten seines Lebens. Immerhin, das klärte sich zwischenzeitlich, durfte Rahim weiter in Deutschland bleiben. Erst wegen seiner Gesundheit, dann wegen seiner kleinen Tochter, die hier geboren wurde. Zwar bedeutete das Klarheit für ihn, aber wie es mit seinem Rücken weiterging, stand in den Sternen.
Rücken macht ihm zu schaffen
Fieberhaft suchte der heute 37-Jährige nach einem Weg, wie er seine Beschwerden lindern könnte. Vor zehn Jahren kam Rahim dann auf die Idee, sich im Fitnessstudio um die Ecke anzumelden, dem McFit in Wehringhausen. Es war die beste Entscheidung, die er nur treffen konnte, sagt er heute: „Ich habe schnell gemerkt, dass es mit meinem Rücken immer besser wurde und irgendwann waren die Schmerzen komplett weg. So habe ich angefangen, das Krafttraining zu lieben“, meint er.
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Es war für den Hagener der erste Sport, den er mit Herz und Leidenschaft ausübte. Zuvor spielte er in seiner Heimat zum Spaß nur ein wenig Fußball. Rahims Karriere in der Fitnesswelt sollte von nun an steil bergauf gehen. Weil er so häufig im Hagener McFit trainierte, wurde er dort sehr schnell bekannt. Nach einiger Zeit fragte ihn der Filialleiter, ob er dort nicht arbeiten und das Studio putzen möchte – das Angebot nahm Nas Rahim an und verbrachte in Teilzeit viele Nächte im Studio gegenüber der Volkshochschule.
Der Start der Fitnesskarriere bei McFit
Es war der Startschuss für Rahims Fitnesskarriere. Denn es war ein Arbeitskollege in der Muckibude, der den Sportler dazu überredete, einen eigenen Account auf Instagram zu erstellen, auf dem er Übungsvideos hochlädt. Heute hat Rahim fast 6000 Follower auf der sozialen Plattform, die damals noch Neuland für ihn war.
Weil er das Hagener Studio immer fleißig in seinen Postings markierte, wurde nach einiger Zeit die Zentrale der Fitnesskette auf ihn aufmerksam. Das Management fragte ihn, ober nicht Videos für die Fitnessstudiokette drehen möchte. „Ich war damals geschockt. Ich war stolz und habe noch mehr Motivation bekommen“, erinnert sich Rahim an den Schlüsselmoment.
Den ersten Film drehte Rahim mit einem Freund in der Hagener Filiale, den Verantwortlichen gefiel das eingereichte Material. Deshalb flimmert nun bereits seit 2017 sein muskulöser Körper täglich auf den Bildschirmen der Studios in ganz Europa – und die Besucher sollen mit seinen Videos motiviert werden, sich selber noch mehr anzustrengen. Im Hagener Studio blieb das Ganze nicht unbemerkt. Der Sportler stieg schnell vom Reinigungspersonal zum Coach auf und machte seinen Trainerschein. Mehrere Jahre kümmerte er sich mit wertvollen Tipps selbst um die Besucher und leitete Gruppenkurse.
Neuer Motivationsfilm mit Rahim
Vor kurzem wurde der neuste Motivationsfilm von Rahim in den Filialen der Fitnesskette veröffentlicht. Deswegen schaut er mit Stolz immer wieder hoch zu den Bildschirmen, während er von den negativen Aspekten seines Daseins als Fitnessmodell spricht. Öfters fällt es ihm schwer, selbst konzentriert zu trainieren, weil er oft angesprochen wird, wenn er seine Übungen machen will.
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Im Hagener McFit kennt fast jeder Nas Rahim, alle paar Minuten grüßt ihn ein Studiomitglied. „Manchmal ziehe ich dann meine Kapuze über den Kopf und stecke Kopfhörer in die Ohren, ohne Musik zu hören“, berichtet ein herzensfroher Mensch von seiner Bekanntheit in der Fitnessbranche.
Den nächsten Schritt in seiner Karrie ging der Kraftsportler während der Corona-Pandemie. Als die Fitnessstudios schließen mussten, machte Rahim sich als Personaltrainer selbstständig, seinen Nebenjob im Hagener Fitnessstudio legte er gleichzeitig auf Eis.
„Coach Spider“ hat noch hohe Ziele
Aktuell kann Rahim aber noch nicht von der Fitness alleine leben. Um sein Leben zu finanzieren, arbeitet er in einem Lager in Ennepetal. Der Hagener peilt aber in den nächsten Jahren an, seine große Leidenschaft zum Hauptberuf zu machen. „Ich würde gerne auf Flyern und Plakaten zu sehen sein. Auch eigene Produkte auf den Markt zu bringen, das wäre ein Traum für mich“, setzt er sich hohe Ziele. Bei den Hindernissen, die er bisher aus dem Weg geräumt hat, scheint die Umsetzung nur eine Frage der Zeit zu sein.