Hagen/Münster. Vom Wutausbruch eines Trainers und der Zerstörung eines Dienstfahrrads: Der Hagener Point Guard Jasper Günther ist zu Gast im Kabinengeflüster.

Vom Wutausbruch eines Trainers und der Zerstörung eines Dienstfahrrads: Auch der Jüngste in unserer Serie „Kabinengeflüster“ hat einiges an witzigen und denkwürdigen Geschichten zu erzählen. Jasper Günther (22), der Aufbauspieler von ProB-Ligist WWU Baskets Münster und ein Hagener Original, ist zu Gast in der vorletzten Folge.

Eier auf den Boden

„Wenn es um Hagener Basketball-Geschichten geht, dann darf Vid Zarkovic nicht fehlen“, grinst Jasper Günther. Unter dem exzentrischen Coach aus Serbien spielte Günther im Alter von 16 Jahren bei Oberligist BB Boele-Kabel. Eine junge Truppe mit vielen NBBL- und JBBL-Akteuren, die sich allerdings schwertat und bis zum Schluss um dem Klassenerhalt bangen musste. In einem Must-Win-Spiel in eigener Halle lagen die Boeler drei Minuten vor Schluss mit zwölf Punkten hinten.

Weiß, was er sagen muss, um seine Jungs zu motivieren: Coach Vid Zarkovic.
Weiß, was er sagen muss, um seine Jungs zu motivieren: Coach Vid Zarkovic. © Michael Kleinrensing

Vid Zarkovic fluchte und tobte. „Sein Kopf war knallrot und er schrie uns an“, erinnert sich Günther, für den die Situation als 16-Jährigen nicht einfach war. Sein damaliger Coach zerschmetterte vor Wut das Taktikbrett, aber das hielt ihn nicht davon ab, eine wichtige Anweisung mit dem Edding zu notieren. „BALLS“ (zu Deutsch: Eier) schrieb Zarkovic auf den Hallenboden. „Er brüllte: Put the balls on the Boden now“, lacht Günther.

Aber das Team folgte damals Zarkovic’ Order. Die Boeler drehten das Spiel und hielten die Klasse. Noch heute ziert der Schriftzug „BALLS“ die Boeler Halle und erinnert an einen legendären Sieg. Günther: „Vid ist ein toller Coach, der super Jugendarbeit macht. Ich wünsche es jedem Hagener Basketballer, mal für ihn spielen zu können.“

Mit Coach unter einem Dach

Als Phoenix Hagen 2017 aus der Insolvenzasche auferstand und in der ProA an den Start ging, war die Vorbereitung ein großes Chaos. Nachdem Cheftrainer Matthias Grothe viel zu früh von uns ging, übernahm interimsmäßig Kai Schulze, doch die Suche nach einem neuen Vollzeit-Headcoach lief auf Hochtouren. Jasper Günther war damals eines der Talente des neu formierten Phoenix-Teams. „Eines Tages kam Dominik Spohr nach dem Training zu mir und fragte mich: Weißt du schon, wer der neue Trainer wird? Ich sagte ihm: Ja, ich glaube schon“, erzählt Günther, der damals aber Chris Harris als Grothe-Nachfolger im Sinn hatte. Spohr fragte seinen jungen Mitspieler: „Und, wie findest du es, dass dein Vater jetzt dein Trainer wird?

Haben Basketball im Blut: Jasper, Dietmar und Per Günther (von links).
Haben Basketball im Blut: Jasper, Dietmar und Per Günther (von links). © WP | WP

Jasper Günther war völlig baff. Er war mit Abstand der letzte im Team, der erfuhr, dass der Mann, mit dem er unter einem Dach lebte, sein neuer Coach wird. „Am selben Abend habe ich meinen Papa noch gefragt, wieso er mir nicht mal erzählt hat, dass er jetzt Co-Trainer wird.“ Wie bitte, Co-Trainer? Falsch gedacht. „Wenn ich es mache, dann nur als Chefcoach“, sagte Dietmar Günther.

Für den damals 18-jährigen Jasper war es eine „ganz skurrile Situation“, unter seinem Vater hatte er bislang noch nicht gespielt. Nach dem Training verschwand Jasper stets schnell, denn wenn sich Mitspieler mal über das Training beschwerten, dann wollte er das nicht mit anhören. „Es war auch nicht einfach, wenn ein Teammate wenig gespielt und sich darüber aufgeregt hat“, denkt der Aufbauspieler zurück.

Nichtsdestotrotz will Jasper Günther, die kurze, aber intensive Zeit unter seinem Vater als Coach nicht missen. „Es war auch cool und wir waren sehr erfolgreich. Ich wünschte, er hätte die Saison noch zu Ende coachen können.“

Das geschundene Dienstrad

Beim ProB-Ligisten WWU Baskets Münster gibt es keine Dienstautos, sondern Dienstfahrräder. Zwei Wochen, bevor Jasper Günther von Phoenix zu den Universitätsstädtern wechselte, durfte er schon mal einen der Vereinsdrahtesel testen. An einem spielfreien Wochenende besuchte der Hagener seinen Kumpel und späteren Mitspieler sowie WG-Nachbarn in Münster. Mit dem Fahrrad fuhren die Jungs zu einer Party, Günther nahm das Bike vom WG-Nachbarn seines Freundes. „Das war ein amerikanischer Spieler, der damals einen Vertrag auf Zeit hatte und schon auf gepackten Koffern saß“, erinnert sich Günther.

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Der Hagener trank an dem Abend das eine oder andere Bier, und wie es vermutlich kommen musste, stürzte Jasper auf der Rückfahrt um vier Uhr morgens. Der Lenker war verbogen, die Lichter kaputt, die Kette hinüber. Zwei Wochen später, Ende 2019, lösten Phoenix Hagen und Günther gemeinsam den Spielervertrag auf, der flinke Aufbauspieler wechselte nach Münster. Und welches Dienstrad bekam der Hagener Junge? Natürlich das Bike, das er fast komplett in Schutt und Asche fuhr. Karma? Vermutlich. „Es war so klar. Ich musste auch noch die Reparatur dafür bezahlen“ grinst Günther.

Wer ist dieser Grothe?

Wenn Jasper Günther an ein Tryout für die Jugend-Bundesliga-Mannschaft von Phoenix Hagen im Jahr 2014 zurückdenkt, muss er heute noch den Kopf schütteln. Coach der Talentschmiede war damals der große Matthias Grothe. Zu den Tryouts im Sommer kamen stets viele Talente, auch von außerhalb. Alle wollten sich bei „Matze“ beweisen. „Er war der Trainer in der Region, für den man als junger Spieler zocken wollte“, weiß Günther. Vor sieben Jahren wollte sich auch ein junger Spieler zeigen, der viel Athletik bewies, aber nicht besonders viel Grips.

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Als sich im Probetraining alle Basketballer dehnten und etwas zur Ruhe kamen, schaute jener junge Spieler neugierig auf das Riesentrikot von Matthias Grothe, das zu Ehren der Phoenix-Legende unter der Hallendecke der Krollmann Arena hängt. Und tatsächlich fragte der Spieler den Coach und Campleiter höchstpersönlich, „wer denn eigentlich dieser Grothe ist“. Jasper Günther lacht. „Er meinte das ernst. Matzes Blick werde ich nie vergessen. Wenn Blicke töten könnten...“

+++ Über die Serie +++

In der Serie „Kabinengeflüster“ sprechen aktuelle und ehemalige Größen des Hagener Basketballs über prägnante, kuriose und witzige Momente ihrer Laufbahnen.

Die Serie hat unsere Zeitung in Zusammenarbeit mit den Basketballern Yannick Opitz und Sören Fritze, die bei Erstregionalligist BBA Hagen aktiv sind, ins Leben gerufen. Beide spielen seit 2018 für die BG bzw. BBA Hagen.