Hagen. Die Brüder Mats und Jan Grzesinski stehen bei den höchsten Hagener Handball-Teams unter Vertrag. Dabei wollen sie früher nur Fußballer spielen.

Die Anzeigetafel steht auf 33:39, noch wenige Sekunden zu spielen, dann haben die Handballer des VfL Eintracht Hagen den Aufstieg in die 2. Bundesliga perfekt gemacht. Auf der Hinfahrt war dem Teambus noch der Reifen geplatzt, was der Anspannung der Spieler nicht gut tat. „Nervosität war da, aber wir haben das alles gut gemeistert“, findet Mats Grzesinski. Der 20-Jährige bildet neben Tobias Mahncke den starken Rückhalt im Tor, wurde in seiner ersten Saison für die Hagener zu einer großen Stütze neben dem erfahrenen Stammtorwart.

Mit dem Aufstieg ist der gebürtige Herner auch familiären Problemen aus dem Weg gegangen. Denn sein Bruder Jan (21) wechselte im Mai zum Drittligisten TuS Volmetal. Die Aufeinandertreffen wären damit nicht nur zum Stadtderby geworden, sondern auch zum Brüderduell. „Ich habe alles dafür gegeben, dass es nicht dazu kommt“, schmunzelt Mats Grzesinski, der mit seinem Bruder zu Gast in unserer Redaktion war.

In der Vorbereitung treffen die beiden beim BDO-Cup dennoch aufeinander. „Ich könnte mir Schöneres vorstellen“, gibt Jan zu, auch wenn er sagt: „Wir haben ja keinen direkten Kontakt. Wären wir beide Feldspieler, wäre es noch einmal etwas anderes.“

Jan Grzesinski soll beim Handball-Drittligisten TuS Volmetal für Torgefahr sorgen. Der 21-Jährige Rückraumspieler wechselt vom FC Schalke 04.
Jan Grzesinski soll beim Handball-Drittligisten TuS Volmetal für Torgefahr sorgen. Der 21-Jährige Rückraumspieler wechselt vom FC Schalke 04. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Vater schon als Handballer aktiv

Doch wie fanden die beiden Brüder den Weg zum Handball? Ihr Vater betrieb den Mannschaftssport, schnupperte kurz Profiluft in der zweiten Bundesliga und warf ansonsten in der Ober- und Verbandsliga aufs Tor. „Papa hat uns zum Handball geschickt“, erinnert sich Mats Grzesinski, während sein Bruder ergänzt: „Eigentlich wollten wir aber immer lieber Fußball spielen.“ Doch der Hallensport brachte einen entscheidenden Vorteil mit sich: „Wir hatten bei uns in der Region viele Ascheplätze und das Wetter war auch nicht immer so gut“, schmunzelt Jan Grezsinski und sein Bruder bestätigt: „Da gehen wir lieber in die Halle.“ Und auch die Positionen waren schnell verteilt: „Mein älterer Bruder hat mich immer ins Tor gestellt, um drauf zu werfen. Für mich erst einmal etwas blöd, aber es hat ja ganz gut funktioniert“, hat der fast zwei Meter große Mats sich inzwischen mit seiner Position als Schlussmann angefreundet.

Und das zahlte sich aus. Über Jugendstationen bei SV-Teutonia Riemke, DSC Wanne-Eikel, HC Westfalia Herne und der JSG NSM Nettelstedt arbeiteten sich die Brüder nach oben - und spielten meist gemeinsam in einem Verein. „Das hat sich so ergeben, jeder wusste, dass ich da noch einen Bruder hatte, oder umgekehrt. Da war der Kontakt immer da“, sagt Jan Grzesinski.

Durch Zufall in Hagen gelandet

Dass nun beide in Hagen gelandet sind, sei aber Zufall. Nach einer Kreuzbandverletzung und seinem Abschied vom TuS N-Lübbecke, wurde Mats über seinen Berater auf die Eintracht aufmerksam. „Die Liga und der geplante Aufstieg haben mich gereizt. Und es war mir sehr wichtig, dass die Spielanteile stimmen. Sportlich lief es wirklich super bisher.“ Für den Familienmenschen war auch die Nähe zu seinen Eltern, Freunden und Geschwistern in Herne wichtig.

Ebenso ungeplant war der Wechsel von Jan Grzesinski, der auf Schalke eigentlich bis dahin zufrieden war. Doch die Aussicht, in der dritten Liga angreifen zu können, lockte den Rückraumlinken, der im September sein Wirtschaftsingenieur-Studium an der Fachhochschule in Recklinghausen beginnt, in die Volmestadt. Mit den Volmetalern will er in diesem Jahr alles für den Klassenerhalt tun. „Es sind zwar kleinere Staffeln, aber insgesamt steigen auch 25 Mannschaften ab. Da kann man schnell mal in solch eine Abstiegsrunde reinrutschen“, weiß er. Mit dem Druck im Tabellenkeller kennt sich der 21-Jährige bestens aus. Auch mit seinen vorherigen Mannschaften kämpfte er um den Ligaverbleib: „Da bin ich also schon geübt“, gibt er mit einem Schmunzeln zu.

Mit Druck umgehen

Mit Druck musste auch Mats Grzesinski umgehen. Der Aufstieg der Eintracht war fest eingeplant, das wusste das Team schon zum Saisonstart. „Es war uns allen bewusst und die Anspannung war zum Teil da. Auch, weil ich jetzt nicht mehr als Nachwuchsspieler ins Team kam, sondern eine ganz andere Rolle hatte. Aber ich bin sowieso eher der gelassenere Typ, deshalb passte das schon.“ Mit dieser Gelassenheit will er auch an die Aufgaben in der 2. Bundesliga herantreten: „Das ist die stärkste zweite Liga seit Ewigkeiten, auch durch die Absteiger. Ich denke wir werden auf jeden Fall die Klasse halten, den Rest wird man sehen.“

Privat sprechen die beiden kaum über Handball: „Wenn wir unterwegs sind, wird gar nicht über Handball gesprochen. Nach einem Spiel mal kurz vielleicht, aber sonst nicht“, sagt Jan Grezinski und sein Bruder Mats ergänzt: „Wenn ich Freizeit habe, will ich auch mal abschalten und nicht nur über Handball reden.“

Vor allem früher dominierte ein anderer Sport ihre Freizeit: Fußball. „Wenn ich ganz ehrlich bin, schaue ich auch lieber Fußball- als Handballspiele“, gibt Jan Grezinski zu. Die gemeinsame Liebe der Brüder ist Borussia Dortmund. Bevor es mit dem Handball in die höheren Spielklassen ging, besuchten sie regelmäßig Heimspiele des Fußball-Bundesligisten. Wenn es aber darum geht, selbst zu spielen, bleiben sie dem Handball treu. Auf gutes Wetter ist ihnen zu wenig Verlass.