Hagen. Cedric Geitmann (21), Kreisläufer des TuS Volmetal, wird durch die Corona-Pause deutlich, was ihm wichtig ist. Er wendet sich vom Handball ab.

„Endlich zurück ins Training!“ Das wird der Gedanke der meisten Sportler nach der langen Corona-Pause gewesen sein. Wieder gemeinsam trainieren, die Mannschaftskollegen wiedersehen, aktiv werden – all das ist in den vergangenen Monaten zu kurz gekommen sind. Doch während bei vielen die Euphorie zurückkehrt, sieht es bei Cedric Geitmann anders aus. Der 21-jährige Kreisläufer des Drittligisten TuS Volmetalhat in der Sportpause eine ganz andere Entscheidung getroffen: Er hat genug vom Handball! Nach seinem Abschied aus Dahl fühlt er sich befreit.

Verletzungen warfen den gebürtigen Schalksmühler immer wieder zurück. Die Knie und die Füße litten unter dem Kontaktsport ebenso wie die Schulter im Wurfarm. „Es braucht nur ein kleiner Stein auf dem Weg liegen und ich knicke direkt um“, erzählt Geitmann von seinen lädierten Bändern im Fuß. Auf Asphalt kann er nicht mehr joggen, nur noch auf Waldwegen, „sonst kann man die Trainingseinheit direkt vergessen, da machen die Knie nicht mehr mit.“

Lebensfreude geraubt

Ein Zustand, der ihm immer mehr Lebensfreude geraubt hat und auch in seine Freizeit und die Arbeit eingriff, wenn er nach einem Spiel Blessuren auskurieren musste. Was aber noch viel entscheidender für den jungen Sportler ins Gewicht fällt, ist die fehlende Motivation: „Ich hatte einfach keine Lust mehr. Nach dem Training war ich der Erste, der in der Umkleide war, seine Tasche gepackt hat und gefahren ist. Ich will meine Zeit nicht mehr in der Handballhalle verbringen“, bringt Geitmann es auf den Punkt.

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Dass die Vorbereitung nicht unbedingt zum Lieblingsteil vieler Mannschaften gehört, ist auch Geitmann bewusst, der betont, dass sein Rücktritt nicht spontan gewesen sei: „Ich habe mir sehr lange Gedanken gemacht. Natürlich ist die Vorbereitung sowieso nicht sonderlich beliebt, aber es ist auch das Training allgemein, auf das ich einfach keine Lust mehr habe.“ Zwar seien die Spiele und besonders die Derbys wie beim BDO-Cup im vergangenen Jahr immer etwas Schönes gewesen, doch auch das könne nicht mehr die negativen Seiten aufwiegen. „Ich möchte am Wochenende auch mal lieber entspannen oder etwas unternehmen als nach Kassel oder sonst wohin zu fahren und mich tot zu quälen.“

Seit seinem dritten Lebensjahr ist er in den Sporthallen zu Hause gewesen, spielte erst für seinen Heimatverein SGSH Dragons, bevor es im vergangenen Jahr zum TuS Volmetal ging. Ein Schritt, den er nicht bereut hat. Denn weder der Verein noch die Mannschaft haben etwas mit seiner Entscheidung zu tun, wie er sagt: „Es sind alles mega nette Leute und ein sehr familiärer Verein, bei dem ich mich auch sehr wohl gefühlt habe.“

Vater kann es nicht nachvollziehen

Umso größer war die Überraschung bei seinen Mannschaftskollegen und seinem Umfeld, als er bekannt gab, mit dem Handball aufhören zu wollen. Dass er auf großes Unverständnis stoßen wird, war Geitmann schon vorher bewusst. Sein Vater, früher selbst Handballer, musste seine Karriere ebenfalls mit 21 aufgrund von Verletzungen beenden. „Er kann es nicht nachvollziehen. Nachdem er selbst nicht mehr spielen konnte, hätte er sich für mich gewünscht, dass ich höherklassig aktiv werden kann“, wird Geitmann die Vorstellungen seines Vaters nicht mehr erfüllen. „Aber es ist mein Leben“, sagt Geitmann fast schon trotzig. Es ist ein Satz, den er in den vergangenen Tagen oft sagen musste. Auch gegenüber seinen Mannschaftskollegen und Trainern, die zum Teil überrascht reagierten. Doch für den 21-Jährigen steht fest: „Ich will das einfach nicht mehr. Am Sonntag lag ich oft vor Schmerzen nur den ganzen Tag im Bett.“

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Im vergangenen Jahr kaufte sich der Lagerist ein Motorrad und hat nun einen Urlaub mit seiner Freundin geplant. „Zehn Tage wollen wir unterwegs sein“, sagt er voller Vorfreude. Denn auch Urlaube seien nicht immer einfach mit dem Handball zu vereinbaren gewesen. „Während der Saison konnte man nicht fehlen, aber auch während der Vorbereitung nicht. Das war viel Planung.“ Kleinigkeiten, auf die er nun nicht mehr achten muss.

Erste Anfragen erhalten

Nachdem publik wurde, dass der Kreisläufer sich zurückzieht, kamen schon die ersten Anfragen von Vereinen, doch erst einmal will sich Geitmann zurückhalten: „Der höherklassige Handball ist für mich vorbei, aber wer weiß, ob ich nicht vielleicht in ein paar Monaten doch wieder Lust habe in einer tieferen Liga loszulegen.“

Und ein Mensch dürfte über seine Entscheidung besonders froh sein: seine Mutter. Sie prophezeite ihm schon früh, dass er nicht lange Handball spielen würde: „Mit fünf Jahren habe ich mir zum ersten Mal den Daumen gebrochen, da wusste sie es schon“, erinnert sich der 21-Jährige und erzählt: „Ich bin früher parallel noch geschwommen und meine Mama war immer dafür, dass ich doch damit weitermache, um mich nicht zu verletzen.“ So dürfte zumindest seine Mutter nun beruhigt sein.