Sioux City/Hagen. Jil Hellerforth, Tennisspielerin des TC Halden 2000, blickt auf ein ereignisreiches erstes Jahr am US-College zurück. Corona-Lage völlig anders.

Sioux City ist eine beschauliche Stadt im Nordwesten der USA. Ein Ort, an dem sich Moderne und Geschichte begegnen, fernab vom Rummel der amerikanischen Metropolen. Im Stadtkern ragen ein paar modische Wolkenkratzer in die Höhe, während sich durch viele Straßen alte Eisenbahngleise strecken. Sioux City ist bekannt für sein Popcorn und seinen Honig, und die meisten, die dort aufwachsen, bleiben auch. Ins Stadtbild passt das altehrwürdige Morningside College, eine Bildungsinstitution, die vor 127 Jahren von der Evangelisch-methodistischen Kirche erbaut wurde.

Jil Hellerforth in zwei Sportteams erfolgreich

Dieser geruhsame Ort ist seit zehn Monaten das neue Zuhause von Jil Hellerforth. Die 18-jährige Mannschaftsführerin des Tennisclubs Halden 2000 ist eine Ausnahmesportlerin, weshalb ein Talentscout ihr ein Stipendium für das Morningside College anbot. Die junge Frau zögerte nicht lange und wagte sich ins Abenteuer USA. Hellerforth studiert Business Administration (BWL), aber sie ist auch fest eingeplant für die Universitätsteams ihrer beiden liebsten Sportarten: Fußball und Tennis.

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Hellerforths erstes Universitätsjahr neigt sich dem Ende entgegen, in zwei Wochen nimmt die 18-Jährige den Flieger zurück in die Heimat. „Mein erstes Jahr war auf jeden Fall erfolgreich“, freut sich Hellerforth. Und das sowohl akademisch als auch sportlich. All ihre Kurse hat sie mit sehr guten Noten bestanden; drei Prüfungen stehen noch an, so genannte Finals, „aber da bin ich zuversichtlich“.

Champion mit der Tennismannschaft

Sportlich hat sich die gebürtige Lüdenscheiderin ebenfalls bestens eingelebt. In der regionalen Fußballliga hat ihr Team den zweiten Platz belegt und den Sprung zu den nationalen Titelkämpfen geschafft, auch wenn sich Jil Hellerforth über eine knappe 1:2-Niederlage im entscheidenden Spiel ärgert. Hellerforth wurde zur Stürmerin umfunktioniert – hier spielte sie zuletzt für Regionalligist FFC Recklinghausen als Verteidigerin – und dennoch kämpfte sie sich nach anfänglichen Schwierigkeiten in die feste Rotation der Mustangs.

Ein starkes Team: Jil Hellerforth (Dritte von links) und ihre Mitspielerinnen reisen zu den nationalen Tenniswettbewerben.
Ein starkes Team: Jil Hellerforth (Dritte von links) und ihre Mitspielerinnen reisen zu den nationalen Tenniswettbewerben. © Morningside College

Und im Tennis? Auch da trumpfte das sportliche Multitalent auf, gewann mit ihrer Mannschaft den Titel der „Great Plains Athletic Conference“. „Somit werde ich mit meinem Tennisteam nach Mobile Beach/Alabama fliegen und da bei den Nationals antreten. Ob wir da gute Chancen haben, ist eher unwahrscheinlich, aber ich freue mich trotzdem sehr, alleine die Erfahrung machen zu dürfen. Für uns ist es Erfolg genug, zu den besten 32 zu gehören.“

Jil Hellerforths Alltag in den USA

Der Erfolg kommt nicht von ungefähr. Der Alltag von Jil Hellerforth und ihren Kommilitoninnen ist stringent durchgetaktet. Morgens früh geht’s zum Unterricht, von 16 bis 18 Uhr steht Tennistraining an, von 18 bis 20 Uhr Fußballtraining. „Mittags esse ich immer mit meinen Freundinnen und Teamkollegen und abends gehen wir immer alle gemeinsam mit dem Team essen“, erklärt Jil Hellerforth den Tagesablauf. Für die nötige Kondition, um das straffe Programm auch körperlich durchstehen zu können, stand anfangs sogar noch morgens von 6 bis 8 Uhr Lauftraining auf dem Plan. In den USA wird härter und öfter trainiert, sagt Hellerforth. Der Fußball ist dort schneller, athletischer. „Wer nicht fit ist, spielt auch nicht.“

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Zur Ruhe kann sie aber auch kommen. In diesem Semester hatte Jil Hellerforth dienstags und donnerstags frei, dann hat die Lüdenscheiderin Hausaufgaben erledigt, und was sonst nun mal so gemacht werden muss: Wäsche, Zimmer aufräumen, solche Dinge.„Besonders gut hat mir gefallen, als wir mit dem Fußballteam nach Kansas City gefahren sind, um da zwei Spiele zu bestreiten“, freut sich die Spielerin von Halden 2000. „Als wir einen Tag frei hatten, sind wir alle gemeinsam mit dem Jungenteam in eine Mall gegangen und das war wie ein Urlaub mit ganz vielen Freunden.“

Sich in einer fremden Kultur zurechtzufinden, war für sie kein Problem, sagt Hellerforth. Auch die kleine Sprachbarriere machte nichts. Dadurch, dass Hellerforth in zwei Sportmannschaften spielt, habe sie automatisch schnell Anschluss gefunden.

Corona in den USA

Im Gegensatz zum Gros der Sportlerinnen und Sportler in ihrer Heimat, hat die Corona-Pandemie Jil Hellerforths Pläne nicht durchkreuzt. Im US-Bundesstaat Iowa sind die Auflagen deutlich lockerer, sagt sie, eine Maskenpflicht hat der Gouverneur Kim Reynolds bereits vor Monaten aufgehoben. „Corona ist hier nicht wirklich einschränkend“, berichtet Hellerforth. Vor Sportereignissen werde zwar Fieber gemessen und nach Symptomen gefragt, und manche Mitspielerinnen hätten auch schon in Quarantäne gemusst, aber grundsätzlich sehe man den Sport in den USA nicht als Ansteckungsherd.

Jil Hellerforth (in blau-weiß) ist am College jetzt Stürmerin – zuvor war sie Abwehrspielerin.
Jil Hellerforth (in blau-weiß) ist am College jetzt Stürmerin – zuvor war sie Abwehrspielerin. © Morningside College

Das Impfen geht in den Staaten jedenfalls zügiger vonstatten, wie Jil Hellerforth erzählt: Bereits im März wurde ihr das Johnson&Johnson-Vakzin gespritzt, danach ging es ihr jedoch zehn Tage lang mies. „Ich hatte sehr starke Kopfschmerzen und Schwindel. Unglücklicherweise hatten wir drei Tage später ein Fußballspiel und mir ging es dabei sehr schlecht. Da jedoch fast das ganze erste Team die Impfung bekommen hatte, habe ich trotzdem normal gespielt.“

Zurück in die Heimat

Ab dem nächsten Wochenende wollen Jil Hellerforth und ihr Tennisteam sich in den nationalen College-Wettbewerben beweisen, danach fliegt sie zurück in die Heimat. Und hier steht schon kurz danach, wenn der Westfälische Tennisverband seine Pläne nicht umwirft, die Sommersaison an. Mit Halden 2000 geht Hellerforth in der Südwestfalenliga an den Start. Sie sehnt sich danach, Familie und Freunde wiederzusehen.

Aber auf den Saisonstart im August in ihrer neuen Heimat, dem beschaulichen Sioux City, freut sie sich ebenso. Dann wird sie ihr zweites von insgesamt vier Jahren am College beginnen: „Ich bin sehr gut angekommen und glücklich über meine Entscheidung. Natürlich freue ich mich jetzt auch auf zu Hause, aber meine Freunde von hier werde ich vermissen.“