Hagen. Handballer Timon Schliepkorte ist an Covid-19 erkrankt. Nun will er klären lassen, ob er Langzeitschäden davon getragen hat. Mit Video.

Es waren Schlagzeilen, die für Bestürzung sorgten. Im Februar verstarb überraschend der portugiesische Handball-Nationaltorwart Alfredo Quintana an den Folgen eines Herzinfarkts, er wurde gerade einmal 32 Jahre alt. Doch wie anfällig sind (Leistungs-)Sportler für einen Herztod? Und welche Rolle kann eine Corona-Infektion spielen?

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Diese Fragen musste sich auch Timon Schliepkorte stellen. Der 25-Jährige Handballer des Drittligisten TuS Volmetal erkrankte im Januar an Covid-19. Nun möchte er wieder in das Mannschaftstraining einsteigen. „Ich hatte während der Infektion nur mit leichten Erkältungssymptomen zu kämpfen. Dann gingen der Geruchs- und Geschmackssinn für etwa zehn Tage verloren. Aber ansonsten ging es mir gut“, hatte der Hagener mit einem leichten Verlauf zu kämpfen. Inzwischen merke er keine Einschränkungen mehr. Doch eine Unsicherheit bleibt: „Man weiß es ja einfach nicht. Das Beispiel von Alfredo Quintana zeigt ja, dass es jeden Treffen kann. Er hat bei der WM und in der Champions League gespielt, da denkt man ja schon, dass er fit und gesund sein sollte und bei ihm alles abgecheckt wird. Und trotzdem passiert so etwas.“

Eine Herzensangelegenheit

Für den Volmetaler Marketingleiter Jens Schilling ist die Vorsorge eine Herzensangelegenheit: „In den Auflagen der Liga steht nur ein einziger Satz, nämlich, dass man die Spieler durchchecken lassen soll. Es steht aber nicht dabei wie. Ich könnte mir niemals verzeihen, wenn einem der Jungs etwas passiert, weil wir nicht gehandelt haben.“

Aus diesem Grund ist der Volmetaler Spieler in der Kardiologie des Agaplesion Allgemeinen Krankenhauses (AKH) vorstellig geworden. Bei einem Herzultraschall, einem Belastungs-EKG auf dem Ergometer und einer Blutuntersuchung soll herausgefunden werden, ob der 25-Jährige sich wieder in den Leistungssport stürzen kann oder ob die Erkrankung Schäden im Herzen hinterlassen hat. Dr. Kaffer Kara, Chefarzt der Kardiologie, erklärt, was genau das Virus im Körper anrichten kann: „Als es mit den Covid-Infektionen los ging, vermutete man zu Beginn vor allem eine Infektion der Atemwege und Langzeitschäden an der Lunge. Es stellte sich aber nach und nach heraus, dass es sich um eine Systemerkrankung handelt, bei welcher das Virus im ganzen Körper einmal Halt macht“, erklärt Kara.

Handballer beim Drittligisten TuS Volmetal beim Corona-Check

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    Zudem habe man bei durch Covid verstorbenen Personen festgestellt, dass sieben Prozent eine Herzbeteiligung aufweisen. „Das ist schon gar nicht so wenig bei der hohen Anzahl an Erkrankten und Verstorbenen“, gibt der Chefarzt zu bedenken. Daher seien im Anschluss systematisch weniger schwer Erkrankte untersucht worden. Und auch bei dieser Gruppe habe man festgestellt, dass bei bis zu zehn Prozent das Virus Spuren im Herzen hinterlassen habe. „Auf den MRT-Bildern konnte man leichte Herzmuskelentzündungen, eine sogenannte Myokarditis erkennen“, erklärt Kardiologe Kara.

    Plötzlicher Herztod

    Und wenn man mit eben dieser Myokarditis Sport betreibe, bestehe die Gefahr eines plötzlichen Herztods. „Das Herz ist ein Muskel, und wenn dieser Muskel entzündet ist, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder er erholt sich komplett und die Leistungsfähigkeit bleibt erhalten, oder das entzündete Herz erholt sich nicht mehr und hat nur noch eine Leistungsfähigkeit von 10 bis 20 Prozent. Dann kommt nur noch eine Transplantation in Frage. Auch solche Fälle haben wir leider mehrmals im Jahr.“

    Das „Problem“ beim Herzen sei vor allem eines: „Jedes Organ, welches mitbetroffen sein könnte, bringt einen nicht um, wenn es mal kurz nicht funktioniert. Anders sieht es beim Herzen aus: Wenn man das zu sehr ärgert, kriegt man eine Herzmuskelstörung und kann plötzlich umfallen. Das wäre dann der plötzliche Herztod.“

    Auch der Ultraschall ist unauffällig: Dr. Kaffer Kara (rechts) erklärt Timon Schliepkorte was bei seinem Herzschlag zu sehen ist. Folgenschäden durch die Corona-Infektion sind nicht zu sehen.
    Auch der Ultraschall ist unauffällig: Dr. Kaffer Kara (rechts) erklärt Timon Schliepkorte was bei seinem Herzschlag zu sehen ist. Folgenschäden durch die Corona-Infektion sind nicht zu sehen. © WP | Michael Kleinrensing

    Bei Timon Schliepkorte hingegen sieht es gut aus. Nachdem der Kardiologe beim Ultraschall keine Auffälligkeiten am Herzen feststellen konnte, ging es auf das Ergometer. „Die Patienten werden an ihre Maximalbelastung gebracht, damit geschaut werden kann, wie das Herz damit umgeht“, erklärt Kara den Effekt hinter den Intervallen.

    „Wenn diese beiden Untersuchungen in Ordnung sind, ist das schon mal sehr gut. Um ganz sicher zu gehen, kommt dann noch eine Analyse der Blutwerte hinzu. Wenn die ebenfalls unauffällig sind, spricht aus meiner Sicht nichts dagegen, wieder mit dem Sport anzufangen und einzusteigen.“

    Herz noch nicht regeneriert

    Allerdings gelte auch hier: Wer sich auch Wochen später noch schlecht fühle, sollte erneut einen Arzt aufsuchen. Wenn der Ultraschall und das EKG in Ordnung seien und die Blutwerte noch minimal erhöht seien, habe sich das Herz noch nicht komplett regeneriert. „Da sollte man sich dann auch weiterhin vorsichtig herantasten. Allerdings kommt es auch öfter vor, dass die Leute von Langzeitschäden lesen und sich lieber einmal durchchecken lassen wollen, um beruhigt zu sein.“

    Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie beobachtet auch Dr. Kara vermehrt Patienten, die sich nach einer Covid-Infektion in der Kardiologie durchchecken lassen wollen: „Es ist durchaus ein Anstieg festzustellen.“

    In den meisten Fällen könne der Arzt die Patienten allerdings beruhigen: „Wir machen die Untersuchungen 999-mal umsonst, aber für den oder die eine, wo man dann doch etwas feststellt, hat es sich dann doch gelohnt.“