Hagen. Von Paul Giese hat man bei Basketball-Zweitligist Phoenix Hagen zunächst nichts erwartet, jetzt ist er aus dem Team nicht mehr wegzudenken.

Wenn man die Leute in der Hagener Innenstadt während der vergangenen Saison gefragt hätte, auf welcher Position Paul Giese bei Basketball-Zweitligist Phoenix Hagen spielt, dann hätten die meisten das vermutlich für eine Fangfrage gehalten. Wer bitte? Nein, einen Giese habe ich am Ischeland noch nie gesehen. Haha, nächste Frage!

Die richtige Antwort war allerdings: Shooting Guard. Und auch ein bisschen Small Forward. Aber das Unwissen hätte man niemandem übel nehmen können. Zwar stand Paul Giese im Kader von Phoenix Hagen und es gibt auch Bilder, die das beweisen, aber der heute 23-Jährige war nur ein Trainingsspieler für den ProA-Klub. Jemand, der seine Arbeit eigentlich für Regionalligist BG Hagen verrichtete und die Phoenix-Profis hin und wieder im Training fordern sollte.

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Auch in dieser Spielzeit war diese Rolle für den gebürtigen Berliner vorgesehen. „Ich habe Paul ganz ehrlich gesagt, dass er in dieser Saison vielleicht gar nicht spielen wird und dass er nicht enttäuscht sein soll“, blickt Hagens Trainer Chris Harris zurück. Doch dieser Rolle ist Giese längst entwachsen. Der Guard ist Stammspieler bei Phoenix, bekommt seit diesem Jahr rund 15 Minuten Spielzeit pro Partie.

Hartnäckiger Verteidiger und Dreierschütze

Paul Giese ist die Art von Spieler, die jede Mannschaft gerne in ihren Reihen hat, gegen die aber niemand spielen möchte. Der 1,84 Meter große Guard verteidigt hartnäckig und ist sich für nichts zu schade auf dem Feld. Seine Gegner seufzen regelmäßig, wenn der Musterathlet ihnen den Ball klaut oder aus dem Nirgendwo angeflogen kommt und ihren Wurf blockt. Giese ist stolz auf seine Verteidigung. „Es ist ein schönes Gefühl, wenn man es dem Gegner so schwer macht, dass er beim nächsten Mal nicht mehr den Ball bringen möchte“, grinst er.

Phoenix-Trainer Chris Harris (links) setzt in dieser Saison auf die Qualitäten seines Guards Paul Giese.
Phoenix-Trainer Chris Harris (links) setzt in dieser Saison auf die Qualitäten seines Guards Paul Giese. © Michael Kleinrensing

Gieses Verteidigungskünste sind das eine, seine sagenhafte Trefferquote von jenseits der Dreierlinie das andere: 51 Prozent seiner Distanzwürfe trifft der Guard. Auf 3,7 Punkte kommt er im Schnitt. Tendenz: steigend. Bei der knappen Auswärtsniederlage in Tübingen traf Giese zum Ende des Spiels zwei wichtige Dreier und hielt die Hagener Siegchancen am Leben. „So gut habe ich noch nie in meinem Leben getroffen. Meine Coaches und meine Mitspieler sprechen mir immer Mut zu und haben Vertrauen in mich“, freut sich Giese.

Giese charakterlich „wahnsinnig guter Typ“

„Three and D“ – so nennen die Amerikaner den Spielertyp, der sich durch starke Verteidigung und präzise Dreierquoten auszeichnet. Ein Stil, für den Paul Giese steht. Sein Cheftrainer Chris Harris setzt daher immer mehr auf die Qualitäten des 23-Jährigen. „Paul macht alles vorbildlich für uns. Es spricht für ihn, wie schnell er sich diesem Niveau angepasst hat und sich weiterentwickelt“, sagt Chris Harris und fügt an: „Charakterlich ist er ein wahnsinnig guter Typ. Wir müssen uns bei BG bedanken, die vor zwei Jahren sein Talent erkannt und ihn nach Hagen geholt haben.“ In einer Zeit, in der vieles gegen Phoenix Hagen läuft, ist die Entwicklung von Paul Giese neben der Rückkehr von Marcel Keßen die Wohlfühlgeschichte dieser Saison.

So gut Paul Gieses sportliche Entwicklung auch ist: Basketball ist längst nicht alles für den Berliner mit nigerianischen Wurzeln. Zum einen absolviert er einen Bundesfreiwilligendienst bei der Hagener Organisation „Frame - soziale Dienste“. Diese Kooperation hat ein Engagement bei Phoenix erst möglich gemacht. „Ich arbeite zusammen mit Jugendlichen, insbesondere mit geflüchteten und begleite sie zum Beispiel beim Einkaufen oder zu Arztterminen“, erklärt Giese. Eine Tätigkeit, die ihn erdet und ihm „viel Spaß macht“.

Mit Kumpel eigenes Modelabel gegründet

Zum anderen ist Paul Giese unter die Unternehmer gegangen: Ende 2020 gründete er mit seinem guten Freund Thabo „Iniko“ – eine Modemarke, die die Vielfalt der Farben und Muster afrikanischer Stoffe mit dem Bekleidungsstil der westlichen Welt verbindet. Dabei setzen die beiden Gründer, die sich seit Kindheitstagen kennen, auf moderne Trends: Individualität, Nachhaltigkeit und Qualität statt billiger Massenware.

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Für Giese Herzensprojekt und Tribut an seine afrikanischen Wurzeln zugleich. „Es ist auf jeden Fall aufregend und wir sind sehr motiviert. Thabo ist in Berlin und erledigt die Dinge, die man vor Ort machen muss wie zum Beispiel Shootings. Ich kümmere mich hier um unsere Webseite“, erklärt er. Noch steckt das Modeprojekt in seinen Kinderschuhen und hat viel Potenzial. Wenn es sich aber so überraschend gut entwickelt wie Paul Giese selbst, dann wird es wohl bald ein großer Erfolg.

+++ Info +++

Der erste Verein von Paul Giese war Königswusterhausen. Dort lernte er eine Trainerin kennen, die Kontakte zu Omar Rahim, den Geschäftsführer der EN Baskets Schwelm, pflegte. Über diesen Kontakt kam für ihn 2018 der Umzug von Berlin nach Schwelm zustande.

2019/20 spielte Giese für BG Hagen und Phoenix mit Doppellizenz. Seit dieser Saison läuft er nur noch in der ProA auf.