Hagen. Sportvereine können wegen der Corona-Krise seit langem nichts anbieten, ziehen die Beiträge für Mitgliedschaften dennoch ein. Ist das rechtens?
Es ist ein sensibles Thema. Wenn es ums liebe Geld geht, können die Gemüter schnell erhitzt werden. Und deswegen sind Hagener Sportvereine bei ihrer Wortwahl vorsichtig, wenn sie in diesen Tagen ihre Mitglieder über den Einzug des Jahresbeitrages informieren. „Krisensituation“, „fehlende Einnahmen“ und „Solidarität“ sind einige der Schlagwörter, die in ihren Anschreiben vorkommen. Den Klubs ist die Lage bewusst: Sportvereine können, nein, dürfen seit Beginn der Corona-Krise fast nichts anbieten, bitten ihre Mitglieder aber dennoch zur Kasse. Ist das rechtens? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
Dürfen Sportvereine den Mitgliedsbeitrag einfordern?
Ja, das dürfen sie. „Keine Leistung, kein Geld“ gilt in der Regel nicht für die Mitgliedschaft in einem Sportverein. Denn im Gegensatz zu Fitness- oder Tanzstudios besteht hier keine vertragliche Leistungspflicht. Der Mitgliedsbeitrag für einen gemeinnützigen Verein dient laut Bundesfinanzministerium dem satzungsmäßigen Vereinszweck und ist an keine Gegenleistung gekoppelt. Darüber hinaus würde ein Erlassen des Beitrags die Gemeinnützigkeit des Vereins gefährden. So oder so gibt es wohl kaum einen Hagener Verein, der sich – insbesondere in Corona-Zeiten – eine Aussetzung der Mitgliedergelder erlauben könnte. „Vereine haben weiter viele Fixkosten zu tragen, zum Beispiel ans Finanzamt oder an die Stadt Hagen“, erklärt Stadtsportbund-Chef Reinhard Flormann im Gespräch mit unserer Redaktion.
Um Verständnis bittet auch Erdal Yildiz, 1. Vorsitzender des SV Boele-Kabel, seine Mitglieder: „Die laufenden Kosten sind größtenteils geblieben. Die Kosten für das Jugendheim – Miete, Nebenkosten und so weiter – sind weiterhin zu zahlen, wie auch die jährlichen Abgaben an den Verband. Um ehrlich zu sein, müssen wir an den Mitgliedsbeiträgen festhalten, um die Zukunft des Vereins zu sichern.“ Zudem bezahlen manche Sportklubs Übungsleiter und hauptamtliche Mitarbeiter auch im Lockdown.
Können Vereine den Mitgliedsbeitrag reduzieren?
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Das ist möglich. Um Beiträge zu ändern, brauchen Vereine einen Mitgliederbeschluss, wofür sie allerdings eine Mitgliederversammlung einberufen müssten. Ein „Corona-Rabatt“ erscheint erstmal sinnig, denn die Vereinsausgaben sind aktuell geringer als im Regelbetrieb. Eine Sportstättennutzungsgebühr muss nicht an die Stadt entrichtet werden, wenn die Hallen und Plätze nun mal nicht bespielt werden. Aber dennoch: Die Einnahmeverluste, die durch Aussetzen von Spielbetrieb, Turnieren und Festen entstehen, sind substanziell. „Wenn Sie den Mitgliedsbeitrag senken, gibt es auch weniger Zuschüsse für die einzelnen Abteilungen des Vereins. Das wäre ein großes Problem, insbesondere für die kleinen“, erklärt Flormann, der den Finger in die Wunde legt:. „Eine Reduzierung ist keine brauchbare Lösung. Eine brauchbare Lösung wären Lockerungen aus Berlin für den Sport.“
Und wenn man sich den Beitrag nicht leisten kann?
Notleidende Mitglieder sollten sich bei ihren Klubs nach einer Ausnahmeregelung informieren. Manche Vereine bieten Ermäßigungen bzw. Stundung von Beiträgen an. Dafür sollten Mitglieder ihre individuelle Notlage schildern.
Leiden die Vereine jetzt unter Mitgliederschwund?
Die meisten Hagener Sportler zeigen sich solidarisch mit ihren Vereinen, bestätigt Flormann. Genaue Zahlen hat der SSB-Vorsitzende noch nicht zur Hand. In seinem Heimatverein TSV Fichte Hagen, wo Flormann erster Vorsitzender ist, gebe es im Vergleich zum Vorjahr rund 100 Mitglieder weniger – eine normale Fluktuation. Das Problem liegt woanders. Weil das Vereinsleben brach liegt, können keine neuen Mitglieder gewonnen werden. Ein Dilemma, das die Vereine nachhaltig schädigen kann.
+++ Info +++
Der TuS Breckerfeld hat seine zum 1. Januar 2021 geplante Erhöhung der Mitgliedsbeiträge ausgesetzt und um ein Jahr verschoben. „Mit der Verschiebung der Beitragserhöhung möchten wir von Vereinsseite her zum Ausdruck bringen, dass wir die große Geduld unserer Mitglieder, die uns derzeit zum allergrößten Teil trotz fehlender Sportangebote die Treue halten, sehr zu schätzen wissen“, sagte TuS-Vorsitzender Hanswalter Dobbelmann.