Hagen. Im Ranking der „Großstädte ohne Profifußball“ belegt Hagen den zweiten Rang. Doch was sind die Ursachen? Denn genügend Nachwuchstalente gibt es.

„Die größten Erfolge allerdings konnte die Basketball-Abteilung des SSV erreichen.“ Dieser Satz im Wikipedia-Artikel des SSV Hagen könnte charakteristisch für den Hagener Fußball stehen. Die Zeiten, als sich der Klub vom Höing den Aufstieg in die damals zweithöchste Spielklasse sicherte, sind lange vorbei. Nachgemacht hat es dem Sport- und Spielverein danach kein Hagener Team mehr, am höchsten spielen aktuell der SV Hohenlimburg 10 und die SpVg. Hagen 11 in der Westfalenliga.

Für beide wäre es noch ein weiter Weg bis in den Profifußball. Das unterstrich jüngst auch das Fußballmagazin „Kicker“. „Großstädte ohne Profifußball – kein Team in Liga 1 bis 4“ lautete der Titel der Bilderstrecke. Auf Rang zwei (189.000 Einwohner) steht Hagen. Der Spitzenplatz wurde der Volmestadt nur streitig gemacht, weil die Thüringer Landeshauptstadt Erfurt ihr Team in der Spielzeit 2020/21 nach einer Insolvenz aus der Regionalliga zurückziehen musste.

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Regionalliga West

Sollte es für den Hagener Fußball einmal in die vierthöchste Liga gehen, würde der Weg in die Staffel West führen. Dort sind neben den Reserve-Mannschaften der Bundesligisten Schalke, Dortmund, Köln und Gladbach auch kleinere Städte wie Wiedenbrück (47.000 Einwohner), Straelen (15.000), Rödinghausen (10.000) und Wegberg-Beeck (2300) vertreten. Diese können es von den Einwohnerzahlen her zwar nicht mit Hagen aufnehmen, können sich dafür aber an höherklassigerem Fußball erfreuen.

Nachwuchs-Frage

Dabei ist es ja nicht so, dass Hagen nicht auch als Sprungbrett für Top-Fußballer dient. So sind mit Niclas Thiede (SC Freiburg), Nassim Boujellab (FC Schalke 04) und Christopher Antwi-Adjej (SC Paderborn) aktuell gleich drei Hagener in den höchsten Fußballklassen vertreten. „Hagen hat es in der Vergangenheit schon öfter geschafft, vielversprechende Talente auszubilden“, weiß René Tönnes. Er kümmerte sich als Physiotherapeut nicht nur um die Fitness von Talenten wie Julian Draxler und Max Meyer, sondern begleitete auch über viele Jahre die Westfalenauswahl bei ihren Spielen und Trainingslagern. Mit vielen der heimischen Talente und pflegt er bis heute den Kontakt.

Er hat den Sprung in den Profifußball geschafft: Niclas Thiede steht im Kader des Bundesligisten SC Freiburg.
Er hat den Sprung in den Profifußball geschafft: Niclas Thiede steht im Kader des Bundesligisten SC Freiburg. © imago images/Nordphoto | nph / Engler via www.imago-images.de

Doch wieso hat die Volmestadt aus seiner Sicht immer wieder das Nachsehen, wenn es darum geht, vielversprechende Talente langfristig zu binden? „Es liegt an der Regionalität“, lautet seine schnelle Antwort. „Es ist alles erreichbar, sei es Dortmund, Schalke, Duisburg, Bochum oder viele mehr. Und die Eltern sind bereit, diese Wege mit und für ihre Kinder zu absolvieren.“ Da sei es schon schwer, die Jugendlichen überhaupt bis zur U13 zusammenzuhalten. „Mit Spielern wie Lukas Klostermann und Tim Bodenröder hatten wir top Jungs da. Aber es ist dann auch irgendwo klar, dass es sie zu größeren Vereinen zieht, wenn die Angebote kommen.“ Zumal es für viele Spieler, ob sie am Ende den Sprung in den Profibereich schaffen oder nicht, auch einfach ein Erlebnis ist einmal in ihrer Laufbahn für das Nachwuchsteams eines großen Bundesligisten aufgelaufen zu sein. „So kann man es natürlich auch betrachten und diese Herangehensweise ist vollkommen legitim“, versteht Tönnes die Wünsche mancher Kinder und Eltern.

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Die Hoffnung

Aber es gibt eine Hoffnung: „Viele kehren ja auch wieder zurück. Das sieht man ja beispielsweise, wenn man auf Hagen 11 und Tim Bodenröder schaut. Dort hat sich in den vergangenen Jahren einiges getan und es ist schön zu sehen, dass immer wieder Spieler den Weg zurück finden.“ Und auch in der Nachwuchsarbeit der Vereine tue sich etwas: „Es ist schön zu sehen, dass immer mehr Wert auf die Qualitätssicherung und die Lizenzierungen der Trainer gelegt wird.“ Allerdings führe dies nicht unbedingt dazu, Talente länger zu halten. „Viel mehr sorgt es dafür, dass die Spieler noch besser ausgebildet werden. Worüber sich natürlich die späteren Vereine dann auch freuen können.“

Keine Chance?

Als aktiver Fußballer kickte Tönnes selbst unter anderem noch für den SSV Hagen in der Verbandsliga, doch das es ein Hagener Verein in naher Zukunft in den Profibereich schafft, das glaubt er nicht: „Ich denke, das wird in meiner Lebenszeit nicht mehr passieren.“ Andererseits möchte er die Situation auch nicht zu schwarz malen: „Man kann ja auch mit Stolz darauf blicken, dass Hagen ein erstklassiger Zulieferer für große Vereine ist, die sich gute Nachwuchsspieler sichern wollen.“

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