Cleveland/Hagen. 2008 spielte Andrew Olson Basketball für den BBV Hagen, zehn Jahre später wird er Trainer bei den Cleveland Cavaliers. Wie er das geschafft hat.
1,77 Meter groß, unathletisch, keine Sprungkraft: Als der damalige Regionalligist BBV Hagen Andrew Olson verpflichtete, löste das in der heimischen Basketball-Szene keine Jubelstürme aus. Und der kleine Aufbauspieler riss die gut 100 Zuschauer in der Sporthalle Altenhagen auch nicht gerade von ihren Sitzen. „Ich bin das, was man auf dem Basketball-Platz nicht sein möchte“, sagte er jetzt mit einem Augenzwinkern in „Inside The Game“, einem Podcast seiner damaligen Spieleragentur Scorers First.
Aber einen guten Wurf hatte er, der Olson, das haben Kenner des Sports sofort gesehen. Niemand hatte jedoch erwartet, dass der schmächtige Guard mal bei einem Team NBA landen würde. Doch genau so ist es gekommen.
Andrew Olson ist ein Basketball-Nerd
Zwar schaffte es Olson nie in einen Kader der besten Liga der Welt, aber seit 2018 ist er Teil des Trainerteams der Cleveland Cavaliers. Genauer: Er ist Wurftrainer und Spielerentwicklungscoach. Olson arbeitet mit Stars wie Andre Drummond an ihrer Wurfform, wertet Statistiken aus und analysiert Spiele auf dem Tablet. Der 34-Jährige ist das, was man einen Basketball-Nerd nennt. Und die sind seit Jahren in den höchsten Ligen der Welt gefragt.
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Aber von vorn: Andrew Olson wuchs im sonnigen San Diego auf, an der Highschool und am College Amherst in Massachusetts war er ein Star. Drei nationale Titel, zweimal bester Spieler des Landes – der Wurfspezialist war nicht aufzuhalten. Das Problem: Olson spielte halt nur in der drittklassigen NCAA3. Profibasketball? Ja. NBA? Auf keinen Fall. „2008 war die globale Finanzkrise. Viele meiner Freunde bangten um ihre Jobs oder hatten Angst, überhaupt erst keinen zu bekommen“, erinnert sich Olson an unsichere Zeiten. Professionell auf Körbe werfen und die Welt bereisen – das war für den jungen Mann damals eine gute Idee. Also verschaffte ihm die Agentur Scorers First im Jahr 2008 einen Kaderplatz beim BBV Hagen, einem deutschen Viertligisten.
Beim BBV Hagen Mitspieler von Chris Harris
Beim BBV spielte Andrew Olson mit einigen Größen des Hagener Basketballs. Poerschke, Kordyaka, Hogräfer, Seybold, Höhn. Und: Chris Harris, dem heutigen Trainer von Phoenix Hagen. Olson verteilte in Altenhagen die Bälle, Harris räumte unterm Korb auf. „Er hatte einen unglaublichen Wurf und war sehr kompetitiv, abseits des Feldes ein cooler Typ“, denkt Harris an seinen alten Mitspieler zurück. Aber Olson zog es nach nur einer Saison weg. 2009/10 spielte er Regionalliga-Basketball in Oldenburg. Und das war es auch schon mit seiner Spielerkarriere. Andrew Olson gab seinen Traum nicht auf. Er hatte einfach andere Pläne.
Der US-Amerikaner liebte es, Basketball und Sport generell zu unterrichten. Also machte er sich in seiner Heimatstadt San Diego als Trainer selbstständig. Mit 24. Das lief nicht schlecht, aber erst 2013 kam Olson die Idee, die seine Karriere erst wirklich katapultierte. Der Basketball-Verrückte analysierte das Wurfverhalten von Spielern mathematisch, schrieb Excel-Tabellen voll, entwickelte seinen eigenen Algorithmus, wie der perfekte Wurf auszusehen hat. Ein Ansatz, der nicht auf Anhieb gut ankam. Andrew Olson stellte seine Berechnungen in der NBA-Summerleague Verantwortlichen namhafter Klubs vor. Deren Reaktion?
Das ist ja alles schön und gut, Andrew, aber kannst du das auch praktisch anwenden?
Ja, das konnte er. Olson arbeitete unermüdlich weiter, an seinem Algorithmus und an seiner kleinen Firma „Shoot Analysis“, und irgendwann kam der Agent von NBA-Star Julius Randle auf ihn zu. Der Flügelspieler musste seinen Wurf verbessern. Olson durfte seinen quantitativen Ansatz vorstellen, wenig später hatte er seinen ersten NBA-Klienten. Der Stein, der alles ins Rollen brachte.
Angebot der Cleveland Cavaliers
Olsons Kompetenz sprach sich herum, bis 2018 die Cleveland Cavaliers beim schmächtigen Trainer anklopften und ihm eine Stelle als Wurftrainer anboten. „Ich schaute meine Verlobte an und fragte sie: Sollen wir das wirklich tun?“, erinnert sich Olsen und grinst.
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Seine harte Arbeit wurde belohnt. Worauf er heute am meisten stolz ist? „Meine Vision und meinen Eifer“, sagt Andrew Olson. „Es geht immer um die Reise, um die Hingabe und um die Unnachgiebigkeit.“
Zum Scorers-First-Podcast mit Andrew Olson geht es hier: Podcast mit Andrew Olson. Moderiert wird die Folge von Agentur-Geschäftsführer und Spieleragent Gerrit Kersten-Thiele.
Olson ist auf Instagram unter „@shootcoach zu finden. Dort gibt der 34-Jährige unter anderem Tipps für interessante Drills und wie man seinen Wurf verbessern kann.