Hagen. Winfried Knesia hat seit 1974 eine Dauerkarte für den BVB. Die Corona-Zeit setzt ihm aktuell besonders zu. Einen großen Wunsch hat er noch.

Seit 1974 hat er eine Dauerkarte. Ins Stadion geht er noch einmal zehn Jahre länger. Europapokal-Siege, Champions-League-Siege und Deutsche Meisterschaften hat Winfried Knesia mit „seiner“ Borussia Dortmund ebenso schon erlebt wie Abstiege und bittere Niederlagen. Doch die momentane Situation setzt dem Vollblut-Fan besonders zu. Im Interview spricht der 66-jährige Hagener über leere Stadien, seinen größten Fußball-Traum und wieso die Entlassung von Lucien Favre überfällig war.

Winfried Knesia, es sind turbulente Zeiten bei Borussia Dortmund. Am Samstag setzte es gegen Aufsteiger VfB Stuttgart eine deutliche 1:5-Klatsche, einen Tag später folgte die Entlassung von Trainer Lucien Favre. Wie stehen Sie zu dieser Entscheidung?

Winfried Knesia: Es war auf jeden Fall das richtige Zeichen, nur kam es in meinen Augen zu spät. Favre hätte schon nach der vergangenen Saison gehen müssen. Schon das Spiel gegen Köln war nicht gut, aber gegen Stuttgart war es ein Desaster. So darf man sich gegen einen Aufsteiger nicht präsentieren. Erst recht nicht, wenn man die Ambitionen hat, Deutscher Meister zu werden. Das sah in Teilen schon so aus, als würden die Spieler gegen den Trainer spielen. Sowas ist von außen immer schwer zu sagen, aber nach dem Motto: Jetzt lassen wir uns hier mal richtig abschießen, dann ist er vielleicht weg.

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Aber Sie sind ja schon lange dabei, wie entstand die Liebe zur Borussia?

Die ist eigentlich schon immer da gewesen (lacht). Als Sechsjähriger habe ich beim Hasper SV mit Fußball angefangen. Das erste Mal im Stadion Rote Erde war ich dann mit zehn Jahren. Gemeinsam mit meinem Vater, der auch Dortmund-Fan ist. Spätestens da war es um mich geschehen. Seit 1974 habe ich meine Dauerkarte.

Winfried Knesia BVB-Fan beim Spiel gegen Freiburg
Winfried Knesia BVB-Fan beim Spiel gegen Freiburg © WP | Privat

Gab es in all den Jahren im Stadion denn ein Erlebnis, wo Sie sagen: Das war das schönste?

Das werde ich tatsächlich sehr oft gefragt. Es sind viele tolle Erlebnisse. Jede Meisterschaft, jeder Europapokal. Der Gewinn der Champions-League gegen Juventus Turin. Das war schon etwas ganz Besonderes. Aber in all den Jahren gab es natürlich auch immer Erlebnisse in die andere Richtung. Niederlagen, Abstiege. Ich bin dem Verein immer treu geblieben und habe mich dann umso mehr gefreut, wenn es wieder nach oben ging.

Seit März waren kaum Bundesliga-Spiele mit Zuschauern möglich, wenn dann nur mit einer stark begrenzen Anzahl. Wie nehmen Sie das Ganze wahr?

Ich war gemeinsam mit meiner Frau, die ebenfalls eine Dauerkarte besitzt, beim Spiel gegen Freiburg, wo 11.000 Zuschauer zugelassen waren. Das war eine Stimmung wie auf dem Zentralfriedhof in Chicago. Alle saßen weit auseinander, die Stimmung war nicht da. Ich habe zum ersten Mal in all den Jahren einen Kaffee im Stadion getrunken. Sonst gehört ein Bier pro Halbzeit einfach dazu, aber da war nichts wie sonst. Inzwischen sind ja gar keine Zuschauer mehr zugelassen, aber auch wenn ich am Fernseher die Spiele verfolge, fehlt da einfach etwas. Ich schaue die Spiele zu Hause auch noch oft mit meinem 97-jährigen Vater. Er leidet ebenfalls mit. Das Kribbeln, die Atmosphäre, das komplette Drumherum. Alles ist im Moment nicht da. Aber da müssen wir durch.

Glauben Sie denn, dass mit dem Trainerwechsel auch das Auf und Ab bei Ihren Dortmundern ein Ende hat?

Ich hoffe es zumindest sehr. Favre hat die Mannschaft am Ende ja gar nicht mehr erreicht, anders kann ich mir diese Ergebnisse einfach nicht vorstellen. Jetzt müssen wir sehen, wie es weitergeht. Als nächstes geht es zu Werder Bremen, denen steht das Wasser bis zum Hals, das wird ebenfalls kein leichtes Duell. Und gegen Union Berlin hat sich Bayern München zuletzt ja auch schon schwer getan.

Was halten Sie denn von Edin Terzic als Übergangs-Trainer?

Mal schauen, wer das Amt langfristig übernehmen wird. Gladbachs Marco Rose soll ja im Gespräch sein. Im modernen Fußball kann man ja auch nicht mehr allzu viel auf Verträge geben, von daher lassen wir uns mal überraschen, wer es am Ende werden wird.

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Glauben Sie denn, dass der BVB nun wieder in die Spur zurückfinden wird?

Ich hoffe es sehr. Am Samstag hätte ich ja auch im Stadion gesessen. Natürlich kann man immer sagen, dass das vor Zuschauern nicht so gekommen wäre, aber das glaube ich noch nicht mal. Das war einfach ein kompletter Blackout. Hoffen wir, dass die Trainerentlassung das Team wachgerüttelt hat.

Gibt es denn noch ein Spiel, das sie unbedingt sehen wollen?

Ich bin ein wahnsinnig großer Fan von Jürgen Klopp. Als Trainer von Dortmund habe ich ihn sehr gefeiert, er ist einfach ein ganz anderer Typ als es beispielsweise jetzt Favre war. Beim Europapokal-Finale 1965/66 sah ich zudem den FC Liverpool erstmals, als er gegen Dortmund im Finale antrat. Seitdem hänge ich auch an diesem Verein. Dass Klopp nun dort Trainer ist, verstärkt es noch einmal mehr. Ich würde buchstäblich mein letztes Hemd geben, um einmal ins Liverpooler Stadion gehen zu können.