Hagen/Paderborn. Basketball-Zweitligist Phoenix Hagen empfängt die Baskets Paderborn, denen ein spektakulärer Coup gelang. Doch John Bryant bleibt nicht lange.

Es kommt selten vor, dass die Pressemitteilungen der Uni Baskets Paderborn großes Aufsehen in nationalen Sportmedien erregen. Eigentlich nie. Aber als der ostwestfälische ProA-Zweitligist Anfang November dieses Foto veröffentlichte, war die deutsche Basketballszene baff. Zu sehen war ein 2,11 Meter großer und gut 140 Kilogramm schwerer Hüne mit dunkelblonden Locken, der lässig in die Kamera grinste und in dessen linker Hand der Basketball wirkte wie eines dieser kleineren Spielgeräte, mit denen Mini-Korbjäger dribbeln.

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Paderborn hatte John Bryant verpflichtet, einen der besten Center, der jemals in Deutschlands Eliteklasse BBL spielte. Bryant jetzt in der ProA, ist das wirklich wahr? Ja, das ist es, und am Dienstag gastiert er mit den Baskets bei Phoenix Hagen (19.30 Uhr, Krollmann Arena).

John Bryant kämpft mit seinem Gewicht

Wer sich John Henry Bryant III. genau anschaute, ahnte auch, warum sich der 33-jährige US-Amerikaner erstmal eine Liga tiefer versucht. Schon immer war sein Trikot leicht nach außen gewölbt, jetzt aber offensichtlich noch mehr. Bryant hatte zuletzt im März Wettbewerbs-Basketball gespielt, in seiner mehr als siebenmonatigen Pause ließ sich der Hüne etwas gehen.

Seine aktuelle Leibesfülle scheint nicht mehr erstligatauglich zu sein, vermutlich ist sie auch für die ProA zu schlecht – aber welcher Zweitliga-Klub würde schon einem John Bryant einen Korb geben?

An der Seite von Per Günther

Steven Esterkamp ist nicht nur neuer Trainer des US-Centers, er ist auch ein Kumpel von „Big Country“, wie Bryant genannt wird. Anfang der 2010er-Jahre haben beide zusammen mit dem Hagener Aufbauspieler Per Günther bei Ratiopharm Ulm gespielt, und das sehr erfolgreich. „Sie sind beste Freunde, beide haben Kinder im selben Alter. Es wundert mich nicht so sehr, dass Steven es geschafft hat, John nach Paderborn zu lotsen. Vermutlich abends bei einem Bier, so wie ich sie kenne“, schmunzelt Phoenix-Trainer Chris Harris, der damals Jugendtrainer in Ulm war und mit beiden gut befreundet ist.

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Bei den „Spatzen“ spielten Bryant und Co. mit um die Deutsche Meisterschaft, der gewichtige Center wurde 2012 und 2013 sogar zum wertvollsten Spieler der Liga gekürt (MVP). In Ulm wurde er nicht Meister, dafür ein Jahr später mit dem FC Bayern München.

Bryants Können „kann man sich kaum vorstellen“

Bryant ist ein Ausnahmespieler, auch wenn seine Statur erstmal vermuten lässt, dass er langsam und behäbig agiert. Der Koloss passt und wirft wie ein Aufbauspieler, während er unterm Korb sowohl mit brachialer Physis als auch mit sanfter Leichtfüßigkeit kaum zu stoppen ist. Bryants enormes Können macht ihn zu einem Phänomen. „Er hat technische Fähigkeiten, das kann man sich kaum vorstellen. Ich habe ihn in Ulm manchmal im Training verteidigt, er hat mich einfach weggeschoben oder über mich hinweg geworfen“, lacht Chris Harris.

Bryant stand auf den Zetteln von NBA-Scouts, doch das Spiel der weltbesten Liga ist zu athletisch, zu schnell für den Kalifornier, dessen Gewichtsprobleme schon zu Konfrontationen mit Bayern-Trainer Svetislav Pesic führten.

Ingo Freyer lotst den US-Center nach Gießen

Beim FCB wollte man aus dem Center einen Modellathleten formen, aber wenn Bryant viel Gewicht verlor, verlor er sich selbst. In den vergangenen drei Jahren spielte er für die Gießen 46ers, deren Trainer Ingo Freyer „mich so sein lässt, wie ich bin“, sagte er mal der Süddeutschen Zeitung. Allerdings ist Freyer, wie Hagener Fans wissen, ein Trainer, dem das Spiel nicht schnell genug sein kann, und das machte Bryant oft zu schaffen. „Ich glaube, dass es sportlich leider nicht mehr gut für ihn in Gießen gepasst hat“, sagt Harris.

Phoenix-Trainer Chris Harris.
Phoenix-Trainer Chris Harris. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Am Dienstag wird es Phoenix Hagen mit John Bryant zu tun bekommen, besser gesagt die Center Javon Baumann und Zach Haney. „Ich glaube, dass beide gegen ihn funktionieren können. Javon mit seiner Power, Zach eher mit seiner Agilität“, meint Harris, der das Spiel gegen den konditionell schwächelnden Bryant rasend schnell machen will.

Aufpassen muss Phoenix aber auch auf die vielen Paderborner Dreierschützen: Kein anderes Team der Liga wirft so häufig von jenseits der 6,75-Meter-Linie. Bryant innen, Werfer wie Buck, Mixich, Benzinger und Ward außen – eine gefährliche Mischung. „Paderborn hatte jetzt drei Wochen Vorbereitungszeit. Sie werden sehr gut eingestellt sein“, mutmaßt Harris.

Auf dem Sprung in die BBL

Ob John Bryant nach seinem Auftritt in Hagen noch viele Körbe für Paderborn werfen wird, ist unwahrscheinlich.

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Sowohl der Center als auch Steven Esterkamp haben bereits angekündigt, dass sich der 33-Jährige wieder BBL-Klubs anbieten will. Vermutlich wird es bald ein Foto von Bryant in einem neuen Trikot geben. Ein Foto, das weniger überraschen wird.

+++ Info +++

Ihr letztes Spiel verloren die Paderborn Baskets am 14. November gegen die Rostock Seawolves mit 96:107. Aus sechs Spielen holte das Esterkamp-Team bislang nur zwei Siege.

Topscorer der Ostwestfalen ist Tom Alte (15,5), der aktuell aber verletzt ist. US-Aufbauspieler Demetrius Ward kommt auf 13,2 Punkte im Schnitt.

John Bryant hat bislang zwei Spiele bestritten. Gegen Quakenbrück erzielte er drei Punkte, gegen Rostock 21.