Herdecke. 23 Tore in 13 Spielen, so macht man Andere auf sich aufmerksam. Doch Nejirvan Brahim aus dem Irak ist beim FC Herdecke-Ende heimisch geworden.

Gelebte Integration praktizieren „Endes Ewige Talente“ seit je her. Gegen ein Team von in Herdecke gelandeten Flüchtlingen spielte die „EET“ genannte dritte Fußball-Mannschaft des FC Herdecke-Ende schon dreimal, im Februar 2016 lud man zudem Flüchtlinge zum Probetrainings auf den Sportplatz am Kalkheck ein. Was sich auch sportlich auszahlte. Denn ein junger Iraker hat seitdem einen festen Platz in den Teams des FC. Und trug als Top-Torjäger nun maßgeblich zum Aufstieg der Dritten in die Kreisliga B bei.

Nur Wetters Emanuel Proenca trifft häufiger

Nur ein Fußballer aus Wetter und Herdecke schoss in der abgebrochenen Corona-Saison 2019/2020 mehr Tore als Nejirvan Brahim vom C-Kreisligisten FC Herdecke-Ende III: Emanuel Cabral Proenca, mit dem B-Kreisligisten FC Wetter II ebenfalls Meister und Aufsteiger, erzielte insgesamt 25 Tore, dahinter folgt Brahim mit 23 Treffern.

Auch der Drittplatzierte kommt vom FC Wetter II: Joao Pedro Fazendeiro Lopes erzielte 21 Tore. Ebenfalls zweistellig trafen Dragos C. Bencea (TSG Herdecke II, 19 Tore), Tim Eckleder (FC Herdecke-Ende II, 15 Tore), Bryan Schmidt (FC Herdecke-Ende, 13 Tore), Daniel Putsch (TuS Esborn II), Sebastian Lummel (SuS Volmarstein, beide 12 Tore), Christopher Lein (TSG Herdecke), Dennis Madeo (TSG Herdecke), Ismael Marjan (TuS Esborn) und Andre Buchholz (Volmarstein III, je 10 Tore ).

Brahims FC Herdecke-Ende III hat die ersten Testspiele abgemacht: Am 16. August um elf Uhr erwartet man den FSV Witten auf dem Kalkheck, genau eine Woche später tritt man bei den Sportfreunden Schnee an (13 Uhr).

Mit 23 Toren, erzielt in nur 13 Spielen, macht man auch andere Klubs auf sich aufmerksam. Bei Nejirvan Brahim Hamo ist das nicht anders, der 27-Jährige hatte in diesem Sommer schon einige Anfragen. „Aber ich will nicht in eine andere Mannschaft“, sagt der Iraker, „beim FC Herdecke-Ende habe ich angefangen und hier waren alle immer sehr nett zu mir. Alle haben mir geholfen“ In der Reserve des Vereins startete der Angreifer, der ein Jahr zuvor in einer Herdecker Flüchtlingsunterkunft angekommen war, im Sommer 2016, im dritten Jahr spielt er nun bei „Endes Ewigen Talenten“. Und hat von vornherein seinen stark ausgeprägten Torriecher demonstriert. Schon im ersten halben Jahr am Kalkheck traf der Iraker zehnmal ins Schwarze, in der abgebrochenen Saison 2019/20 belegte er in der Torjägerliste der Kreisliga C3 hinter Kris Dzierson vom Tabellenzweiten SV Büttenberg II (32) den zweiten Platz. Obwohl er in vier Spielen wegen eines Mittelfußbruchs ausfiel, erst nach der Winterpause ins Team zurückkehrte.

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Mit dem Ball ist Nejirvan Brahim (li.) nur schwer zu stoppen, hier stellt sich ihm Teamkollege Christian Glatter beim Training in den Weg.
Mit dem Ball ist Nejirvan Brahim (li.) nur schwer zu stoppen, hier stellt sich ihm Teamkollege Christian Glatter beim Training in den Weg. © Axel Gaiser

Gekickt auf dem Dorfplatz in der Nähe der irakischen Großstadt Duhok hat Nejirvan Brahim auch vor seiner Flucht im Jahr 2015 schon, Vereinsfußball indes kannte er nicht. „In meinem Dorf gab es keinen Fußballklub“, sagt der Iraker, der in seiner Heimat ein Lehramts-Student begonnen hatte: Und ich hatte keine Zeit, in einer anderen Stadt in einen Verein zu gehen.“ Den lernte er erst beim FC Herdecke-Ende kennen: „Das war alles ganz neu für mich.“ Doch Brahim integrierte sich schnell, gewöhnte sich - nach anfänglichen Problemen - auch an das geforderte Mannschaftsspiel.

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„Er ist wie eine Dampflok, die mit Kohlen vollgestopft ist“, beschreibt Teamkollege und Co-Trainer Christian Glatter den Spielstil des Angreifers, der bei der FC-Dritten meist als alleinige Spitze agiert: „Er sieht ja nicht so aus, aber er ist im Zweikampf ultrarobust.“ Bei seinem Start am Kalkheck sei es noch kompliziert gewesen, ihm Mannschaftsspiel zu vermitteln. „Er wollte immer mit dem Kopf durch die Wand“, denkt Glatter zurück, „aber mittlerweile agiert er mit mehr Übersicht, spielt auch mal hinten herum.“

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Brahim will weiter aufsteigen

Seitdem die Familie aus dem Irak nachgekommen ist, wohnt Brahim auch nicht mehr in der Herdecker Flüchtlingsunterkunft, sondern ist in eine Wohnung nach Dortmund gezogen. Den B1-Sprachkurs hat er erfolgreich absolviert, will jetzt den B2-Kurs schaffen. „Dann kann ich eine Ausbildung anfangen.“ Da gleich sechs Mitspieler bei „Endes Ewigen Talenten“ in Dortmund wohnen, nimmt den Nicht-Motorisierten immer jemand zum Training oder Spiel am Kalkheck mit. „Es ist einfach super hier“, sagt Nejirvan Brahim nicht nur deshalb. Mit der Dritten des FC Herdecke-Ende, nun in der Kreisliga B, hat der Iraker auch ambitionierte sportliche Ziele: „Wir müssen weiter kämpfen“, sagt er, „und noch weiter aufsteigen.“

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