Hagen. Alex Kortenbreers Weg zum Stammcenter der BG Hagen war kein leichter. Jetzt will der 2,17-Meter-Mann aber erstmal eine Basketball-Pause einlegen.
Alexander Kortenbreer kennt die Sprüche und gut gemeinten Ratschläge anderer Basketballspieler und Trainer zur Genüge.
„Iss doch mal mehr!“
„Mit deiner Figur holst du gegen erfahrene Spieler keine Rebounds.“
„Mit mehr Muskeln könntest du Bundesliga spielen.“
Kortenbreer ist mit 2,17 Metern Hagens größter Basketballspieler, aber weil er weniger als 90 Kilogramm wiegt, ist er wohl auch der schlaksigste. Dennoch hat sich der Center der BG Hagen zu einem Stammspieler in der 1. Regionalliga gemausert – selbst wenn er nicht über die dicksten Muskeln verfügt. In der zurückliegenden Saison kam er in durchschnittlich 18 Minuten auf 1,7 geblockte Würfe pro Spiel – Liga-Bestwert. „Alex hat viele der sogenannten Experten, die ihm nicht zugetraut haben, in der Regionalliga zu bestehen, Lügen gestraft“, sagt BG-Trainer Kosta Filippou.
Schwierige Zeit bei Phoenix Hagen
Es hat einige Jahre gedauert, bis sich Alex Kortenbreer in seiner Rolle als dünner Riese auf dem Basketballfeld wohl gefühlt hat. Und nicht immer gingen die Sprüche der „Experten“ spurlos an ihm vorbei. Vor vier Jahren stand der damals 20-Jährige im Bundesliga-Kader von Phoenix Hagen. „Es war für mich ein Privileg bei Phoenix zu spielen“, sagt Kortenbreer heute. Doch die Zeit beim Bundesliga-Klub war nicht gerade von Glückseligkeit geprägt, denn der Hagener sollte zu einem Spielertyp werden, der seinem Naturell nicht entsprach.
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„Ich sollte damals viel Gewicht zulegen, bekam Trainings- und Essenspläne. Das Krafttraining war auch gar nicht das Problem, sondern die Ernährung“, erinnert sich Kortenbreer. Der Tag begann für den 2,17-Meter-Mann mit einer Riesenschüssel Haferflocken. 500 Gramm musste er morgens essen – also eine ganze Packung. „Mein Keller war voll mit Haferflocken. Aber nachdem ich mein Frühstück gegessen hatte, war ich den Rest des Tages nicht mehr hungrig.“
7000 Kalorien am Tag
Aber er musste essen. Zwischen 6000 und 7000 Kalorien waren sein Tagesziel. Innerhalb von drei Monaten nahm Kortenbreer zehn Kilogramm zu, weitere 20 waren sein Ziel. „Das hat keinen Spaß gemacht. Ich hatte keinen Hunger mehr, habe mir das Essen nur noch reingezwängt. Ich war in dieser Zeit nicht glücklich“, sagt Kortenbreer. In dieser Zeit hat der junge Mann gemerkt: Ein klassischer Center mit ordentlichem Kampfgewicht wird er nie, und Berufssportler auch nicht. „Das ist nichts gegen Phoenix. Ich habe da einfach gemerkt, dass Basketball für mich ein Hobby, aber nicht das ganz große Ding ist.“
Endspurt der BG-Aktion
Das Crowdfunding der BG („BG Hagen vs. Corona 2020 - Das Spiel des Jahres“) läuft diesen Donnerstag um 21 Uhr aus. Noch hat der Verein sein Ziel von 25.000 Euro nicht erreicht. Es fehlen rund 3100 Euro (Stand Dienstagabend). Sollte die 25.000er-Marke nicht erreicht werden, bekommen alle Unterstützer ihr Geld zurück.
Buchbar ist auf der Crowdfunding-Seite fairplaid.org/bgvscorona auch ein „Shotblocker-Training“ mit Alex Kortenbreer.
Bei der BG Hagen hat der Schlaks einen guten Mittelweg gefunden und sich zu einem Stammspieler entwickelt. Auch wenn es für ihn gegen schwere, körperlich starke Gegner nicht immer einfach ist: In der zurückliegenden Saison überzeugte er mit 6,5 Punkten, 4,9 Rebounds und 1,7 Blocks im Schnitt. „Alex weiß jetzt, wie er seine Länge richtig einsetzt. Er versucht nicht mehr, sich mit seinem Körper gegen kräftigere Spieler durchzusetzen. Er hat einen guten Wurf aus der Mitteldistanz und sogar auch von der Dreierlinie“, lobt Kosta Filippou.
Für viele junge Basketballer sei Kortenbreer ein Vorbild, meint der Trainer. Denn der Center hat keine Talentschmiede besucht, kam erst mit 13 zur BG und hat auch oft „nur“ in zweiten Mannschaften gespielt. „Alex zeigt, was mit viel Geduld möglich ist“, lobt Filippou. Mit der BG waren beide noch im März auf dem Weg in die Play-offs. Aber dann kam Corona. „Das war sehr bitter, weil die ganze Arbeit eigentlich umsonst war“, seufzt Alex Kortenbreer.
Kortenbreers Weltreise liegt vorerst auf Eis
Corona hat nicht nur die Play-off-Pläne des Ingenieurstudenten zunichte gemacht, sondern auch seine Weltreise auf Eis gelegt. Zumindest vorerst. Kortenbreer und sein bester Freund wollten eigentlich im Juni mit dem einjährigen Abenteuer beginnen. „Jetzt schauen wir mal, wie sich die Dinge entwickeln. Wir wollen uns einen alten VW-Bulli kaufen und zunächst in die Alpen fahren. Einen genauen Plan haben wir nicht, sondern entscheiden spontan“, sagt Kortenbreer. Es ist eigentlich ein guter Zeitpunkt für eine Weltreise, sagt er, denn jetzt ist er mit seinem Bachelor-Studium fertig. Der 24-Jährige will viele Kulturen und ihre Menschen kennenlernen. Sich weiterentwickeln.
Als sei er ein Alien
Egal, wo Alex Kortenbreer hinreisen wird: Die Blicke wird der „lange Kerl“ auf sich ziehen. Das ist er gewohnt. „Mittlerweile fällt mir das gar nicht mehr auf, ich bin ja schon ein paar Jährchen so groß“, schmunzelt Kortenbreer. „Aber ja, manche Menschen starren mich an, als sei ich ein Alien. Erst heute hat mich noch jemand gefragt, ob er ein Foto mit mir machen kann (lacht). Aber das ist okay“, sagt Kortenbreer. Der Student nimmt’s jedoch locker.
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Auch die Probleme, die so ein 2,17-Meter-Mensch nun mal hat, machen ihm nur noch selten zu schaffen. „Ich habe meine zwei, drei Läden im Internet, die Klamotten für lange und dünne Leute verkaufen. Und dass ich mich unter jedem Türrahmen bücken muss, habe ich schon als Jugendlicher verinnerlicht“, erzählt Kortenbreer.
Ob er nach seiner langen Reise wieder Basketball für die BG spielt, weiß er noch nicht. Dann geht für ihn erstmal die Jobsuche vor. Als Basketball-Profi wird er nirgendwo anheuern, sondern als Ingenieur. Der große Vorteil: Er muss nicht mehr kiloweise Haferflocken essen.