Hagen. Gerrit Kersten-Thiele ist Spieleragent von mehreren Phoenix-Hagen-Spielern. Im Interview spricht er über harte Zeiten für Vereine und Sportler.

Der Berufssport durchlebt schwierige, nie dagewesene Zeiten. Die Coronakrise trifft unter anderem Profibasketballer hart – und somit auch ihre Spieleragenten. Wir sprachen mit Gerrit Kersten-Thiele (39), dem Geschäftsführer der Spieleragentur „Scorers First“, die unter anderem die Phoenix-Korbjäger Jonas Grof, Marco Hollersbacher, Emil Loch und Joel Aminu vertritt.

Herr Kersten-Thiele, wie sieht der Job eines Agenten beziehungsweise einer Agentur derzeit aus?
Gerrit Kersten-Thiele: Aktuell geht es für uns viel darum, mit Clubs und Spielern zu kommunizieren. Das ist oft nicht ganz einfach, denn im Moment ist ja vieles, was für Vereinsvertreter, Spieler und auch uns Agenten wichtig ist, noch sehr unklar oder nicht absehbar. Da geht es den Menschen in der ‘Basketball-Bubble’ nicht anders.

Welche Sorgen umtreiben Ihre Klienten in der Corona-Zeit?
Noch bewegen wir uns da gefühlt in einem Bereich, dass das alles schon irgendwie weitergehen wird. Aber ich denke schon öfter darüber nach, dass sich ein erneuter Ligen-Start sehr nach hinten schieben kann.

Sinken die Preise bzw. Gehälter der Spieler aktuell ins Bodenlose?
Da wird viel spekuliert und es kommt immer wieder die Frage, was jetzt an Prozenten im Budget fehlen wird. Es wird auf jeden Fall an vielen Stellen einschneidende Veränderungen geben. Der Basketball hat sich über die letzten Jahre in Deutschland an vielen Standorten positiv entwickelt. Nun wird man sehen müssen, wie sich lokale Unternehmen hinter den Basketball stellen können. Da hängen ja nicht nur die Profi-Teams dran. Es geht um die Jugend und so viel mehr, aber das gilt halt nicht nur für den Basketball.

Raten Sie Spielern, bestehende Angebote von Vereinen jetzt eher anzunehmen oder abzuwarten?
Das ist immer eine Einzelfallentscheidung. Es muss und sollte sportlich und menschlich passen. Wenn diese Faktoren gegeben sind, dann sollte man in der aktuellen Zeit sicherlich nicht zu lange pokern.


Erwarten Sie, dass einige Basketballer ihre Profikarriere an den Nagel hängen?
In einer solchen Situation merkt man schnell, dass es Sinn macht, nicht nur auf Basketball zu setzen. Parallel zum Sport ein Fernstudium zu machen oder frühzeitig an der Zukunft zu arbeiten, ist etwas, das wir auch vor Corona mit unseren Spielern thematisiert haben.

Sind Ihres Wissens Spielerverträge mit sogenannten „Corona-Klauseln“ geplant? Was halten Sie davon?
In den Verträgen wird es sicherlich zu Veränderungen kommen. Damit beschäftigen sich die Ligen und es ist auch bei uns Thema. Es macht Sinn, dass man die jetzige Situation in zukünftige Verträgen berücksichtigt. Es muss aber eine faire Lösung für Spieler und Clubs geben.


Wie sehr wird die sportliche Qualität in der 2. Basketball-Bundesliga wohl sinken?
Ich denke, dass es eine Chance für viele deutsche Spieler und junge Talente werden kann. Clubs werden weiterhin versuchen die besten Spieler für das mögliche Budget zu verpflichten. Das ist auch gut so.


Erwarten Sie in den kommenden Monaten viele Vereinsinsolvenzen?
Im Moment habe ich den Eindruck, dass der Großteil der Club-Vertreter versucht, sehr zurückhaltend und vorsichtig an die Sache zu gehen. Risiken werden eher vermieden und das hilft dem Basketball. Da kann man nur hoffen, dass im Laufe der kommenden Monate wieder etwas Normalität einkehrt und eine solide Planung möglich wird.

Schon mit 22 Agent

Gerrit Kersten-Thiele (39) hat die Spieleragentur „Scorers First“ in Meerbusch bei Düsseldorf im Jahr 2003 gegründet. Er war damals deutschlandweit der erste Agent, der vom NBA-Spielerverband (NBPA) zertifiziert wurde.

Der Hagener Daniel Poerschke arbeitet nebenberuflich für „Scorers First“. Der Ex-Profi ist „Recruiter“.


Besteht die Gefahr eines Kollapses ganzer Ligen?
Ich hoffe, dass solche Szenarien nicht passieren und Clubs weiterhin mit der notwendigen Ruhe agieren. Dazu gehört aber natürlich auch, dass alle Akteure im und um den Basketball dabei mitspielen und nicht nur nach dem eigenen Vorteil suchen. Aus dieser Situation kommt man nur gemeinsam raus.

Sollten die Vereine von Bund und Ländern unterstützt werden?
Ich habe den Eindruck, dass der Staat und die Kommunen schon sehr viel für uns Bürger tun. Vieles tut weh und fühlt sich nicht gut an, aber ich habe den Eindruck, dass besonders wir in Deutschland uns nicht beklagen sollten. Auch für die Regierung ist das alles nicht leicht und von daher möchte ich mir kein weiteres Urteil anmaßen.