Hagen. Das abgelaufene Jahrzehnt brachte Phoenix Hagen Höhen und Tiefen - und viele bemerkenswerte Spieler. Das sind unsere beiden Teams des Jahrzehnts:
Die Dekade begann mit einem Heimsieg - und endete auch so. Dazwischen erlebten die Basketball-Fans von Phoenix Hagen eine Achterbahn-Fahrt zwischen Bundesliga-Abstiegskampf, Playoff-Jubel, Insolvenz und Neuaufbau in der ProA. Die WP-Lokalsportredaktion fasst zusammen, wie die Zehner Jahre gelaufen sind - und kürt gemeinsam mit Experte Hans-Peter „Speedy“ Middeldorf die „Teams des Jahrzehnts“: Eine „Starting Five“ der Importkräfte und eine „Startfünf“ der deutschen Spieler.
Bei jedem Phoenix-Spiel des Jahrzehnts dabei
So viele Spiele von Phoenix Hagen im letzten Jahrzehnt gesehen wie Hans-Peter „Speedy“ Middeldorf hat niemand: Unser Experte war bei ausnahmslos allen Pflichtspielen auch auswärts live dabei, letztmals am 3. Oktober 2008 hat er ein Spiel verpasst. Weil er für Trainer Ingo Freyer parallel eine Partie in Karlsruhe filmen sollte. Der 67-jährige Hagener ist bei Phoenix-Heimspielen für die Technik in der Halle und beim Livestream verantwortlich.
Sportliche Entwicklung
Am Anfang und Ende waren jeweils Heimsiege, doch die Orte unterschieden sich. Vor sechs Tagen verabschiedete sich Phoenix am Traditions-Standort Ischelandhalle - heute „Krollmann Arena“ - mit dem 99:81-Sieg gegen die Bayer Giants Leverkusen aus dem Jahrzehnt. Angefangen hatte alles dagegen im provisorischen Übergangs-Quartier in der Hohenlimburger Färberstraße. 3013 Zuschauer sahen am 2. Januar 2010 in der umgebauten Tennishalle des Injoy-Fitnesscenters einen knappen 68:65-Erfolg gegen die Gießen 46ers, dank des Dreiers von Michael-Hakim Jordan fast mit der Sirene.
Es sollte der letzte Sieg des damaligen Aufsteigers für längere Zeit bleiben, zehnmal in Folge verlor das Team des Trainergespanns Ingo Freyer/Steven Wriedt. Und fokussierte sich ganz auf das Kellerduell bei den Giants Düsseldorf, die Fan-Karawane von zehn Bussen aus Hagen puschte das Phoenix-Team zum entscheidenden 70:68-Erfolg. Ein Heimsieg noch gegen Ludwigsburg zum Abschied von Spieler-Ikone Matthias Grothe reichte zum Klassenerhalt auf Platz 16. So spannend wurde es eine Saison später nicht, die Neuzugänge David Bell, Mark Dorris und Jacob Burtschi waren Glücksgriffe und führten Phoenix in der ausgebauten Ischelandhalle auf Rang elf. Zittern bis zur letzten Partie mussten die Hagener aber 2012, erst der 85:72-Erfolg im Abstiegsendspiel gegen Gießen brachte dem von Davin White und Zygimantas Jonusas angeführten Team die Rettung und Platz 15.
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Jonusas wurde kurz vor der Spielzeit 2012/13 aus Italien abgeworben, doch White führte danach die stärkste Mannschaft der Phoenix-Historie an, in die Bell und Dorris zurückgekehrt waren. Bis in die Play-offs als Achter trug die Mannschaft der Höhenflug, dort brachte man Dauermeister Bamberg gehörig ins Schwitzen. Das Niveau konnte Phoenix in der Folge nicht halten, auf den Plätzen zehn (2013/14), und zweimal 13 (2014/15 und 15/16) hielt man sich aber ungeachtet der wachsenden finanziellen Probleme und mehrerer Geschäftsführerwechsel weitgehend von Abstiegssorgen fern. Trotz großer Heimschwäche in der einen und Punktabzug wegen Lizenzverstößen in der anderen Saison. Die Basis für den Finanzcrash im Herbst 2016 aber war gelegt, das 77:97 am 26. November 2016 gegen Bayern München beendete die Hagener Bundesliga-Ära, vier Tage später wurde die Lizenz entzogen.
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Das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung schloss Phoenix positiv ab, mit dem neuen Chefcoach Matthias Grothe sollte der Neuaufbau in der 2. Bundesliga ProA erfolgen. Er stellte ein Team um die Rückkehrer Dominik Spohr und Jonas Grof zusammen, das er allerdings aufgrund einer Krebserkrankung nie trainieren konnte. Am 31. Oktober verstarb Grothe, nach Interimscoach Dietmar Günther übernahm Kevin Magdowski das Team und führte es auf Playoff-Platz acht. Die Endrunde verpasste Phoenix nach der Ablösung Magdowskis durch Chris Harris trotz zwischenzeitlicher Siegesserie in der Saison 2018/19 als Zehnter. Auf diesen Rang hat sich man auch zum Ende des Jahrzehnts als zwischenzeitliches Schlusslicht mit fünf Siegen wieder vorgearbeitet.
Starting Five des Jahrzehnts
Point Guard: Auf der eins war Phoenix nur selten wirklich überzeugend besetzt, im Grunde galt das nur für Davin White. Der US-Amerikaner war nach seiner Nachverpflichtung 2012 maßgeblich am Klassenerhalt beteiligt, führte das Team ein Jahr später als Bundesliga-Topscorer in die Play-offs - und war dann aus finanziellen Gründen nicht mehr zu halten. 2017 gewann White mit Teneriffa die Champions League.
Shooting Guard: Auch hier fällt die Wahl leicht, am langjährigen Kapitän David Bell führt kein Weg vorbei. „Nicht umsonst hängt sein Trikot mit der Nummer fünf am Ischeland unter der Hallendecke“, sagt „Speedy“ Middeldorf. Fünfeinhalb Jahre, länger als jeder andere Ausländer in Hagens Bundesliga-Historie, spielte der Kalifornier für Phoenix, war stets Topscorer und Publikumsliebling.
Small Forward: Zu Hagener Bundesliga-Zeiten haben sich auf dieser Position zwei Akteure vorgetan - der Litauer Zygimantas Jonusas (2010-12) und US-Flügel Larry Gordon (2012-15). „Ich würde Ziggy vorziehen“, sagt Middeldorf, der Litauer hatte maßgeblichen Anteil an den Klassenerhalten 2010 und 2012. Gordon dagegen konnte die Form seines starken Debütjahrs mit Playoff-Einzug danach nicht halten.
Power Forward: Die Liste der Kandidaten auf der Vier ist überschaubar, nur Keith Ramsey blieb länger als eine Saison. Hier fällt die Wahl auf Jacob Burtschi, der im Sommer 2010 als Schnäppchen vom Airforce-College geholt wurde und als großer Kämpfer und guter Dreierschütze überzeugte. Liebend gern hätte ihn Phoenix gehalten, doch der spanische Erstligist Saragossa lockte mit dem vielfachen Gehalt. Middeldorf: „Auch D.J. Covington wäre eine Option gewesen, wenn er nicht durch diesen bösen Unfall aus dem Rennen genommen worden wäre.“
Center: Einige talentierte Akteure spielten bei Phoenix, John Turek, Jonathan Kale und Dino Gregory oder in der ProA Alex Herrera. Die Wahl hier fällt aber auf Owen Klassen, der an der Seite Covingtons ganz starke Spiele ablieferte, ehe er sich als Alleinunterhalter am Brett durchsetzen musste. In der Insolvenz-Halbsaison konnte der Kanadier seine Werte noch steigern. „Ohne die Pleite wäre er länger geblieben“, ist Middeldorf überzeugt.
Die deutsche Startfünf
Point Guard: Die Eigengewächse Jonas Grof, der immerhin zum A-Nationalspieler wurde aber mittlerweile zum Flügel umgeschult ist, und Niklas Geske wären sicher gute Kandidaten. Die Wahl fiel aber auf Ole Wendt, der mit Phoenix 2013 in die Play-offs kam, seine Profi-Karriere aber früh beenden musste.
Shooting Guard: Die Auswahl hier ist klein, Malte Schwarz ist fast konkurrenzlos. Er stieg mit Phoenix in die Bundesliga auf und spielte dort zwei Jahre, ehe er bei Mitteldeutschem BC und BG Göttingen zum gestandenen Erstligaspieler wurde.
Small Forward: Für Jonusas kam im Sommer 2012 Adam Hess mit frischem deutschen Pass, trug maßgeblich zum Playoff-Einzug bei und kam nach zwei Jahren in Ulm 2015 noch einmal zurück. Auch Fabian Bleck wäre infrage gekommen. „Er war in Hagen noch in der Ausbildung, ist dann in Bremerhaven zum BBL-Spieler gereift“, meint Middeldorf.
Power Forward: Hier kann es keinen anderen als Dominik Spohr geben. Nach dem Aufstieg 2009 sammelte der Hagener in seiner Heimatstadt drei Jahre Erstliga-Erfahrungen, kehrte 2017 aus Göttingen zum Neuaufbau zurück. Und führt Phoenix seitdem als Kapitän an.
Center: Wer sonst als Bernd Kruel sollte das Team komplettieren? Die letzten fünf Jahre seiner langen Bundesliga-Karriere war „Storch“ bei Phoenix feste Größe.
Trainer des Jahrzehnts
Andere Trainer als Ingo Freyer und Steven Wriedt gab es in der Bundesliga-Ära bei Phoenix gar nicht. Von 2008 bis zum Erstliga-Aus Ende 2016 war das Duo von der Seitenlinie nicht wegzudenken. Und „Speedy“ Middeldorf ist sicher: „Die muss man als Gespann nominieren.“