Hagen. Hartmut Krömer ist nicht aufzuhalten: Der Judoka aus Hagen frönt mit 76 Jahren trotz Parkinson-Erkrankung seiner Leidenschaft.

Der Sommer 2008 hätte so schön werden können. Hartmut Krömer hatte seinen Vorruhestand angetreten und wollte mit Ehefrau Annegret aus dem rheinischen Jülich zurück nach Hagen ziehen. Aber irgendetwas stimmte nicht. Hartmut Krömer wurde depressiv, ohne den Anlass zu erahnen. Es folgten Untersuchungen und nach und nach wurde ein Verdacht zur Gewissheit: Hartmut Krömer war an Parkinson erkrankt.

„Das war erst einmal eine Katastrophe“, erinnert sich der heute 76-jährige Hartmut Krömer mit zittriger Stimme an den Moment, als er die Diagnose hörte. Denn es war klar, dass die Krankheit sein Leben verändern würde. „Etwas aufgefangen wurde ich durch die Gespräche mit meinem Physiotherapeuten. Der war wie ich ehemaliger Judoka und meinte, ich solle es doch wieder mit Judo versuchen, um abgespeicherte Bewegungsabläufe zu reaktivieren.“

Arbeitgeber verbietet den Sport

Hartmut Krömer wurde in Berlin geboren und zog mit seinen Eltern 1954 nach Hilden im Rheinland. Dort machte er als 14-jähriger Bekanntschaft mit Jiu Jitsu, einer aus Japan stammenden Kampfkunst. Im Januar 1970, damals war Krömer Student in Köln, startete er seine Judo-Laufbahn beim Kodokan Köln. Bei den damals namhaften Judoka legte Hartmut seine ersten beiden Prüfungen an einem Tag ab.

Was ihn am Judo so beeindruckte? „Dass man mit sanfter Kunst körperlich überlegene Gegner überwinden kann.“ Er erinnert sich noch gut an ein Schwergewicht, der später Europameister wurde und mehr aus Flachs meinte: „Pass auf, dass Du nicht unter mir landest, sonst bist Du platt.“ „Den hätte ich fast zum Sturz gebracht“ , ist Krömer noch ein bisschen stolz.

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Nach seinem Studium siedelte Krömer aus beruflichen Gründen nach Hagen um. 1975 meldete er sich beim Judoklub Hagen an, im Nachhinein eine schicksalhafte Entscheidung. Dort legte er die Prüfung zum blauen Gürtel ab. Danach war aber erst mal Schluss mit der sportlichen Laufbahn. Hartmut Krömer wurde zum Prokuristen der Elektromark berufen und hatte für Sport nicht mehr viel Zeit. „Außerdem sah man es bei der Firmenleitung gar nicht gern, dass ich in meiner Freizeit den gefährlichen Judosport betrieb und so ließ ich es.“ Dem Judoklub Hagen blieb er aber verbunden und kümmerte sich um dessen juristische Belange.

Leidenschaft prägt die Familie

Die drei Söhne von Hartmut Krömer hatten aber die Leidenschaft ihres Vaters in ihrer Jugend übernommen und schlossen sich ebenfalls dem Judoklub in der Heinitzstraße an. Auch Krömers heutige Ehefrau Annegret, gebürtig aus Fley, hatte damals einen Sohn beim Klub und so lernte man sich kennen und später auch lieben. „Man kann schon sagen, dass der Judoklub zu einem Lebensmittelpunkt für uns geworden ist“, sind sich die Eheleute Krömer einig.

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Annegret ist seit 35 Jahren im Klub und betreibt vor allem Ausdauer- und Krafttraining. Dreimal die Woche stehen die beiden morgens um neun Uhr auf der Matte und absolvieren ihre Trainingseinheiten. Mittwoch nachmittags wird es dann für Hartmut besonders: Dann ruft er einstudierte Abläufe aus seiner aktiven Zeit als Judoka ab und erzielt damit achtbare, wenn auch kleine Erfolge. „Es macht mir Freude“, sagt er und das ist allemal Motivation genug. Vor allem die Abläufe der Fallschule kann er auch im privaten Bereich nutzen. „Ich komme mir immer komisch vor, wenn ich vornübergebeugt auf die Judomatte komme. Aber die Partner in meiner Gruppe gehen so liebevoll mit mir um und helfen“, ist Hartmut sichtlich gerührt.

Überhaupt, die familiäre Atmosphäre im Judoklub Hagen erleichtert den Krömers den Umgang mit der fortschreitenden Krankheit. Das ist beileibe keine Selbstverständlichkeit wie sie aus anderen Einrichtungen in früheren Wohnorten wissen.

Emotionale Gürtelfarbe braun

Und schließlich auch noch dies: Nach fast 50 Jahren als Judoka und 45 Jahren Blaugurt verlieh Klubchef Manfred Halverscheid neulich dem treuen Mitglied den braunen Gürtel. Da stehen Hartmut Krömer wieder die Tränen der Rührung in den Augen: „Den hätte ich sportlich nicht mehr geschafft. Ich bin Manfred sehr dankbar.“