Wetter. Eine Angststörung hat den Alltag von Wolfgang Kuprat völlig verändert. So fand er auch durch Sport wieder zurück ins Leben.

Früher hat Wolfang Kuprat sieben Mal in der Woche Sport getrieben, ist gerne Rennrad gefahren oder hat an Langläufen teilgenommen. Bewegung war etwas, das ihm in die Wiege gelegt wurde. Laufen wurde mit der Zeit schon fast zu einer Sucht für den Wetteraner. „Das habe ich aber nicht richtig registriert. Es war Normalität“, erinnert sich Kuprat. Der Tagesablauf war klar: morgens zur Arbeit, dann zum Sport, anschließend den Tag ausklingen lassen. So war es bis Wolfgang Kuprat 2014 die Diagnose Nierenkarzinom bekam. Die Krebserkrankung wurde behandelt, die Niere entfernt.

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Seitdem hat sich sein Leben radikal verändert. „Etwa zwei Monate nach der Operation habe ich eine heftige Angststörung entwickelt. Dazu kamen körperliche Beschwerden wie Muskelverkrampfungen, Verspannungen und ein chronischer Schmerzzustand“, schildert Wolfgang Kuprat. Es ging ihm immer schlechter. „Mein Leben, so wie es vorher war, ist durch diese Erkrankung völlig weggebrochen. Es ging gar nichts mehr. Einfachste Dinge wie einkaufen konnte ich nicht mehr machen. Ich fühlte mich total an das Haus gebunden. Bewegung wurde zu einem Fremdwort“, so Kuprat. Er nahm 30 Pfund ab, wollte sich nur noch zurückziehen. Einfach die Decke über den Kopf ziehen und Ruhe haben.

Hilfe suchen

So ging es für den 59-Jährigen nicht weiter, sein Weg führte ihn schließlich in die Psychiatrie, er suchte sich Hilfe. Und die bekam er. „Der Grundstein war die Therapie im Krankenhaus. Man muss lernen, sich ein Gerüst zusammen zu bauen“, sagt Kuprat. „Wer etwas ändern möchte und dafür nichts tut, kann auch am Bahnhof auf ein Schiff warten“, diesen Spruch schnappte der Wetteraner auf. „Das fand ich so klasse. Das konnte ich auch auf meine Situation beziehen. Wenn da etwas ist, das schief läuft, kann man es trotzdem packen. Mit der notwendigen Hilfe. Ohne Hilfe wäre es mir nicht möglich gewesen, muss ich sagen.“

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Es waren viele Leute, die ihm wissentlich und unwissentlich auf seinem Weg geholfen haben. Zwei davon sind seine Physiotherapeutin und sein Orthopäde: „Da ich ja aus dem Sport komme, haben die beiden immer wieder versucht, mich zu motivieren und gesagt, ich müsse wieder in die Bewegung kommen. Sie waren der Überzeugung, dass ich über die Bewegung die anderen Bausteine reduzieren kann und wieder mehr am Leben teilhaben werde.“ Und damit sollten sie Recht behalten. Im April 2017 hat Wolfgang Kuprat beschlossen, wieder Sport zu treiben, ein Wendepunkt für ihn.

Eine große Überwindung

„Es war eine enorme Überwindung für mich, ins Fitnessstudio zu gehen“, erinnert er sich. Die ersten Studios, die er sich angesehen hat, haben ihn nicht überzeugt. „Mit meiner Angststörung war es etwas problematisch für mich, den richtigen Ort zu finden“, sagt Kuprat. Als er durch die Tür im FSW in Wetter kam, hatte er dann einen Platz für sich gefunden. „Es war hell und einladend, die Menschen sind direkt herzlich auf mich zugekommen“, sagt Kuprat.

Er fing langsam mit Reha-Sport an, nahm am Schmerzfrei-Kurs von Andrea Pape teil. „Wolfgang hat oft an sich gezweifelt, wo ich gesagt hab: ‘Du kriegst das hin, wir holen dich da raus!’ Es ist wichtig, dass du jemanden hast, der dir Kraft gibt, etwas zu machen wovor du Angst hast“, sagt Andrea Pape. Ob Fahrrad, Laufband oder Krafttraining – Wolfgang Kuprat baute die Bewegung wieder Stück für Stück in sein Leben ein. Es war kein einfacher Weg, zwischendurch gab es immer wieder Rückschläge.

Sich miteinander austauschen

„Ich habe in einer Übung manchmal gemerkt, wie sich die Angst aufbaut. Ich war kurz vor einer Panikattacke. Aber ich habe es geschafft, in der Situation zu bleiben. Das vertraute Gefühl hier hat mir den Kick gegeben, weiter zu machen“, sagt Kuprat. Die Vertrautheit lag nicht zuletzt an den Menschen, die er kennengelernt hat. Mit andern Mitgliedern gründete er eine kleine Kaffee-Gruppe. Nach dem Sport haben sie geredet, sich ausgetauscht.

„Das Miteinander hat mir sehr gut getan. Herauslösen aus häuslichem Umfeld, andere Leute kennenlernen, andere Themen. So kam ich langsam aus der Angststörung raus“, sagt Kuprat. Insgesamt hat sich sein Fokus verschoben: „Das war ein positiver Nebeneffekt: Durch die Erkrankung bin ich mehr auf nette Menschen programmiert worden, mein Blickwinkel und die Wertigkeiten haben sich verschoben. Mir sind jetzt die Menschen wichtiger. So kann aus dem Negativen auch etwas Gutes entstehen“, sagt Kuprat. Früher ist er 15 oder 20 Kilometer gelaufen, heute legt er dreieinhalb Kilometer auf dem Laufband zurück.

Glücksgefühle beim Sport

„Aber im Intervalltraining, ich muss mich auspowern. Es gibt noch Reste der Angststörung, und Dinge, die mich stressen. Aber wenn ich mich ausgepowert habe, werden Glücksgefühle frei, ich bin ruhiger, offener und erholter.“ Mittlerweile geht es ihm psychisch und physisch sehr viel besser, er ist wieder berufstätig. „Durch Sport habe ich zurück ins Leben gefunden. Das kann ich nur anderen Betroffenen empfehlen. Ich habe das Gefühl, es gab irgendwie eine göttliche Führung, die gesagt hat: ‘Pass mal auf, ich führe Dich zu den Menschen, die Du grade brauchst, damit es dir besser geht.’ Und das war hier der Fall, es fühlt sich fast wie eine Familie an.“