Herdecke. Der Herdecker Johannes Weißenfeld steht zur Wahl zum „Sport-Stipendiat des Jahres“. So vereinbart er die Vorbereitung auf die WM und sein Studium.

Rudern, Radfahren, Golfen – im Trainingslager des Deutschlandachters in Österreich steht für den Herdecker Ruderer Johannes Weißenfeld jede Menge Sport auf dem Plan. Zwischen den Einheiten hat er es trotzdem geschafft, für seine Klausuren im Medizin-Studium zu lernen. Neben der Vorbereitung auf die WM in Linz-Ottensheim und seinem Studium an der Ruhr-Universität Bochum steht für den Herdecker noch ein weiteres Ereignis an: Der Bugmann im Deutschland-Achter steht zur Wahl zum „Sport-Stipendiat des Jahres“.

Die Deutsche Bank und die Sporthilfe vergeben die Auszeichnung für Spitzenleistungen in Sport und Studium. Im Gespräch mit dieser Zeitung und der Deutschen Sporthilfe verrät Johannes Weißenfeld, was ihm diese Auszeichnung bedeuten würde, wie er sich auf die WM vorbereitet und wie er Sport und Studium unter einen Hut kriegt.

Im Training auf die Weltmeisterschaft vorbereiten und gleichzeitig Medizin-Klausuren bestehen. Wie hast Du die doppelte Belastung geschafft:

Johannes Weißenfeld ist mit dem Deutschlandachter im Trainingslager in Völkermarkt/Österreich.
Johannes Weißenfeld ist mit dem Deutschlandachter im Trainingslager in Völkermarkt/Österreich. © Felix Kannengießer

Johannes Weißenfeld: Wir stehen hier im Trainingslager morgens um 6 Uhr auf, und um 7 Uhr geht es dann schon los mit der ersten Einheit. Nach dem Frühstück habe ich kurz gelernt für die Klausuren, bis es um 10 Uhr etwa wieder los ging mit dem Training. Anschließend habe ich dann in der Mittagspause weitergelernt und ab 16 Uhr wieder trainiert. Das hat gut geklappt, von acht Klausuren habe ich immerhin sechs mitgeschrieben und auch alle bestanden. Jetzt kann ich mich wieder mehr auf das Training konzentrieren.

Bei dem Weltcup-Rennen in Rotterdam musste das Team die erste Niederlage über die olympische 2000-Meter Distanz seit Rio 2016 hinnehmen. Woran arbeitet ihr im Trainingslager im Hinblick auf die WM in Linz jetzt besonders?

Wir wollen das Ding auf jeden Fall verteidigen, aber wir versuchen trotzdem möglichst gelassen da dran zu gehen. Es bringt ja nichts, nach dem Weltcup jetzt den Kopf in den Sand zu stecken. Es geht momentan auch nicht so viel um individuelle Punkte, sondern um das Kollektiv. Wir müssen gemeinsam einen guten Nenner finden, die Leistungen angleichen und eine eigene Handschrift finden. Daran hat es meiner Meinung in Rotterdam auch gelegen. Wir müssen bei der Weltmeisterschaft noch besser und enger zusammenrücken, uns mit guter Leistung gegenseitig verstärken und Geschlossenheit zeigen.

Die Öffentlichkeit sieht den Achter auch nur als großes Ganzes, Ihr als Individuen seid in der Regel nicht bekannt. Stört Dich das?

Ich finde es total gut, dass ich nicht wie Fußballer im Rampenlicht stehe und bin gerne Teil der Mannschaft. Jedes Mitglied muss sich anpassen, das Ego zurückstellen. Nur dann wird aus acht bzw. neun Individuen eine Einheit. Und man muss sich selbst für ersetzbar halten. Vielleicht bin ich im nächsten Jahr wieder raus? Ich hoffe es natürlich nicht und werde im Training alles dafür tun, dass ich nächstes Jahr bei den Olympischen Spielen in Tokio im Boot sitze. Dafür brenne ich.

2016 bist Du als Ersatzmann zu den Olympischen Spielen gefahren...

Die Erinnerung an Rio tut noch immer weh. Nur zusehen zu können, hat mich sehr traurig gemacht. Aber wer weiß, wozu es gut war, es hat mich auf jeden Fall motiviert, an meinen Stärken und Schwächen zu arbeiten. Konstant gut zu sein, kostet sehr viel Kraft. Man muss das Talent haben, beim Siegen hungrig zu bleiben, den Blick wieder auf das nächste Ziel zu richten. Insofern kann man aus Niederlagen vielleicht mehr schöpfen als aus Siegen.

Bis zum 18. August wählen

Neben Johannes Weißenfeld stehen diese Athleten zur Wahl: Jana Bitsch (Karate/Sportmanagement), Johannes Floors (Para-Leichtathletik/Maschinenbau), Anna-Lena Forster (Para-Ski alpin/Psychologie), Kea Kühnel (Ski Freestyle/Accounting)

Bis zum 18. August kann jeder wählen unter
www.sportstipendiat.de

Das nehme ich auch ins Leben abseits des Sports mit. Als ich das Physikum im ersten Versuch wegen dreier Punkte nicht bestanden hatte, hat mich das umso mehr motiviert. Zwei Wochen später habe ich wieder angefangen zu lernen, während Kommilitonen, die durchgefallen waren, teilweise komplett demotiviert waren.

Sicherlich hilft es auch, dass ich mit Sport und Studium für jedes Thema einen Ausgleich habe. Niederlagen auf der einen Seite können durch Erfolgserlebnisse auf der anderen Seite kompensiert werden.

Wäre aber insbesondere in Vorbereitung auf die Olympischen Spiele die ausschließliche Konzentration auf den Sport nicht wünschenswert?

Ich hatte nach dem Abitur für ein Jahr eine Sportförderstelle bei der Bundeswehr, habe damals mehr oder weniger nur den Körper, aber nicht den Geist trainiert. Dadurch bin ich nicht besser geworden. Es klingt vielleicht komisch, aber ich hatte trotz des hohen Trainingspensums zu viel Zeit. Erst als ich angefangen habe zu studieren, konnte ich meine Leistung wieder steigern. Ich wurde effizienter, weil ich die zur Verfügung stehende Zeit effektiv genutzt habe. Für mich ist die duale Karriere ein Geschenk. Und ein Privileg zugleich. Denn man muss sie sich auch leisten können. Ohne die Sporthilfe wäre ich nicht aus der Bundeswehr ausgetreten. Die finanzielle Unterstützung, insbesondere auch durch das Deutsche Bank Sport-Stipendium für Studenten wie mich, ist die Voraussetzung, sich diese Freiheit nehmen zu können. Dafür bin ich sehr dankbar.

Was bedeutet dir die Nominierung zum „Sportstipendiat des Jahres“?

Ich habe mich bereits letztes Jahr beworben, wurde aber nicht in die Top Fünf gewählt. Da habe ich es einfach nochmal probiert und eigentlich nicht mit einer Zusage gerechnet. Um so mehr freue ich mich natürlich, dass ich unter den ersten Fünf bin. Das ist eine tolle Anerkennung für die duale Belastung.

Sie können Johannes Weißenfeld unterstützen bei der Online-Abstimmung unter sportstipendiat.de