Hagen. . Die schockierende Gewalttat beim Fritz-Kahl-Turnier des TSV Fichte Hagen hat die Hagener Fußballseele aufgewühlt.

Die zahlreichen Augenzeugen - gut 300 Zuschauer sahen den Viertelfinalauftakt - waren entsetzt darüber, dass ein Schlägertrupp am helllichten Tag auf einen Sportplatz marschieren und zwei Männer krankenhausreif schlagen kann. „Der Fußball in Hagen hat einen absoluten Tiefpunkt erreicht“, sagte Ömür Turhan, Vorsitzender des zuvor spielenden SSV Hagen, der die Szene beobachtet hatte: „Wir versuchen, hier in der Stadt unseren Sport wieder aufzubauen. Und dann passiert etwas, das allen Menschen Angst macht.“

Auch am Tag danach stand Rupert Freytag noch unter dem Eindruck des brutalen Geschehens in Eilpe. „Das war schlimm hoch drei, am Platz war sehr gedrückte Stimmung“, betonte der langjährige Fichte-Fußballchef, „und es waren ja mindestens 40 Kinder am Platz, die das mitbekommen haben.“

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Es stand bereits 0:6, als der Halbzeitpfiff in der Viertefinalpartie Cemspor Hagen gegen ETuS Schwerte ertönte. Beide Mannschaften begaben sich in unterschiedliche Ecken des Sportplatzes an der Wörthstraße, wo die Trainer ihre Akteure auf Halbzeit zwei einstimmen wollten. Das Spiel war bis dahin völlig friedlich verlaufen. Es hatte denn wohl auch nichts mit dem sportlichen Geschehen zu tun, dass sechs als „Bodybuilder-Typen“ beschriebene Männer, die am Eingang zuvor noch nach dem Eintrittspreis gefragt und einen 20 Euroschein statt der geforderten 18 Euro hingeblättert hatten, die Mannschaftsbesprechung von Cemspor unterbrachen.

Und den Trainer sowie den zur Hilfe eilenden Geschäftsführer brutal zusammenschlugen und -traten. Schnell machte die Runde, dass ein Cemspor-Akteur sich über seine Nichtberücksichtigung geärgert haben soll und dem Trainer durch „Kumpel“ eine Abreibung habe verpassen lassen wollen. Bis auf den Geschäftsführer traute sich niemand einzugreifen. „Ich habe aber auch keine Platzordner gesehen“, sagte Turhan, während Freytag betonte: „Da hätten auch ein paar Ordner mit Armbinden nicht geholfen. Das waren ausgebildete Schlägertypen, denen sich niemand in den Weg zu stellen traute. Wenn es einer oder zwei gewesen wären, hätten sich vielleicht ein paar dagegen zusammengefunden, aber nicht gegen diese sechs.“

Yildiz will nicht mehr

Cemspor-Vorsitzender Erdal Yildiz zog noch gestern die Konsequenzen aus dem Vorfall und legte sein Amt nieder. „Ich kann einfach nicht glauben, was da passiert ist“, zeigte er sich erschüttert: „Solche Randalierer nehmen einem die Lust am Fußball. Ich will nicht mehr.“ Cemspor, ursprünglich als Verein für Muslime alevitischen Glaubens gegründet (Cem bedeutet Versammlungshaus), sei längst offen für alle Nationalitäten und Glaubensrichtungen: „Unser Torwart ist Deutscher, im Team spielen Italiener, Türken und Kurden.“

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In der Folge der Attacke wurde die ansonsten gut gepflegte Internet-Homepage von Cemspor Hagen am Freitag abgeschaltet. Auch die Facebook-Seite, auf der bis Donnerstag aktuelle Berichte und Fotos zu den Cemspor-Spielen beim Fichte-Turnier zu verzeichnen waren, ist nicht mehr erreichbar. „Ich hatte den Eindruck, die Cemspor-Spieler hatten große Angst“, sagte Freytag, die Polizei spricht von „bislang noch unklaren Hintergründen der Auseinandersetzung“.

Die Gäste von ETuS Schwerte wiederum, die ihre Besprechung an einer entfernt liegenden Ecke des Platzes abhielten, bekamen von den Tumulten kaum etwas mit: „Da lagen auf einmal zwei Mann am Boden“, sagte ETuS-Trainer André Haberschuss: „Uns gegenüber hat sich niemand aggressiv verhalten.“ Heute tritt seine Mannschaft um 15.30 Uhr in Eilpe zum Halbfinale gegen den SSV Hagen an, das Fritz-Kahl-Turnier wird fortgesetzt. Freytag: „Das Turnier jetzt abzubrechen, hätte in niemandes Interesse gelegen.“