Hagen. Generationen kennen sie vom Kinderturnen: Anneliese Klein (90) gibt ihre Kurse beim TSV Hagen 1860 ab. Ganz aufhören will sie aber nicht.
Noch einmal ist Anneliese Klein an diesem Dienstagvormittag ganz in ihrem Element: Konzentration auf die Musik, den Takt und die Bewegung. Denn genau das ist ihre Stärke. Die enge Verbindung zwischen Musik und Bewegung. Seit 62 Jahren ist Anneliese Klein als Übungsleiterin beim TSV Hagen 1860 aktiv. In dieser Zeit hat sie inzwischen Generationen von Familien sportlich begleitet. Doch jetzt, im Alter von 90 Jahren, hat Anneliese Klein beschlossen aufzuhören. „Es macht mir noch immer große Freude, aber mit 90 Jahren kann ich getrost sagen: ‚Jetzt ist Schluss‘“, so die Hagenerin.
Als Turnerin in der Turnhalle der Ricarda-Huch-Schule begann 1962 ihre Karriere als Übungsleiterin: „Die damalige Trainerin war erkrankt und meine Nachbarin meinte, dass ich die Gruppe doch übernehmen könnte. Ich habe nicht lange gezögert und seitdem bin ich nicht nur Mitglied, sondern auch Übungsleiterin beim TSV Hagen 1860.“ Nach einer umfangreichen Ausbildung als Übungsleiterin für das Turnen beim Westfälischen Turnerbund (WTB) übernimmt Anneliese Klein anfangs beim Kinderturnen alle Altersgruppen der Mädchen. „Ich hatte manchmal Gruppen von bis zu 60 Kindern. Das war oft eine große Herausforderung, aber ich war immer froh, wenn sich nach den zwei Stunden keines der Kinder verletzt hatte“, sagt sie rückblickend.
Teilnahme an Welt-Gymnastrada
In den vergangenen Jahren war sie vor allem als Übungsleiterin der Gymnastikgruppen am Vormittag ein unverzichtbarer Bestandteil des Vereins. „Anneliese macht keine Gymnastik mit Musik, sondern nach Musik und das hat ihre Stunden immer so besonders gemacht. Das ist nicht nur Bewegung für den Körper, sondern vor allem für die Seele“, schwärmt die 82-jährige Karin Woelke, die bereits seit 48 Jahren Mitglied der Gymnastikgruppe ist. Sie seien eine eingeschworene Gruppe, über Jahrzehnte hinweg. „Einige der Frauen waren schon bei mir in der Kinderturngruppe, dann ihre Kinder und inzwischen kenne ich die Enkelkinder. Wir sind miteinander gewachsen und alt geworden“, so Anneliese Klein.
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Sie habe viele Lehrgänge besucht und im Laufe der Zeit gemerkt, wie wichtig es sei, dass sie als Übungsleiterin ein Teil der Gruppe ist. Ihr Vater habe ihr damals immer gesagt, sie solle sich in ihrer Freizeit viel bewegen, denn als gelernte Schneiderin würde sie überwiegend sitzen. Den Rat ihres Vaters ist die 90-Jährige mehr als gefolgt. Denn Anneliese Klein hat sich nicht nur als Übungsleiterin einen Namen beim TSV Hagen 1860 gemacht: „Als aktive Turnerin und Leichtathletin glänzte Anneliese Klein besonders durch ihre Leistungen bei zahlreichen Deutschen Turnfesten und bei der Welt-Gymnaestrada im gemischten Wahlwettkampf“, berichtet Andreas Kurz, sportlicher Leiter beim TSV. Gemeinsam mit Vereins-Vorsitzenden Atila Tasli dankte er Anneliese Kurz für das große Engagement und den besonderen Einsatz für den Verein. „Ein Ehrenamt so viele Jahre aktiv zu bekleiden ist keine Selbstverständlichkeit, schon gar nicht in der heutigen Zeit.“
Musik aus dem Kassettenrekorder
Zu den größten Herausforderungen in den vergangenen 62 Jahren als Übungsleiterin gehörte vor zwei Jahren eine ganz besondere Umstellung für Anneliese Klein: „Das war der Wechsel von Kassette auf eine moderne Musikanlage“, sagt die 90-Jährige und lacht. „Das war gar nicht so einfach. Mein Mann hat mir meine Musik immer vom Radio auf eine Kassette überspielt.“
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Sie sei sehr dankbar für die Unterstützung ihres Mannes gewesen, nicht nur für die Aufnahme der Musik: „Mein Mann hat mich immer gehen lassen, egal ob es nur zwei Übungsstunden oder ein Turnfest für ein ganzes Wochenende war.“ Anneliese Klein verlässt den TSV Hagen 1860 mit 90 Jahren. Ein bisschen wehmütig, aber vor allem sehr dankbar für die Zeit, die sie hier verbringen durfte. Doch vom Sport-Ruhestand kann bei der Hagenerin nicht die Rede sein: „Meine Gymnastikgruppen in den Gemeinden leite ich noch ein bisschen weiter, die Übungen machen wir im Sitzen. Das werde ich noch eine Zeit lang weitermachen können.“ Ab Januar übernimmt Karin Skerra als Übungsleiterin die Gymnastikgruppe am Dienstagvormittag.
„Mein Mann hat mich immer gehen lassen, egal ob es nur zwei Übungsstunden oder ein Turnfest für ein ganzes Wochenende war.“