Madrid/Volmarstein. Haare in pink, das kann nicht nur Robert Andrich. Nach Vizeeuropameister-Titel will Sören Seebold zur nächsten EM - und höher hinaus.
Paris war mal das große Ziel für diesen Sommer, stattdessen wurden es Madrid und Wien. Und statt der Paralympics, die nach den Olympischen Spielen in der französischen Hauptstadt starten, tritt Sören Seebold bei gleich zwei Europameisterschaften im Rollstuhl-Basketball an, eine Medaille hat er bereits. Zur Vize-Europameisterschaft in Madrid hat der 20-Jährige aus Volmarstein die deutsche U23-Nationalmannschaft jetzt als Kapitän geführt, mit der 3x3-Europameisterschaft in Wien wartet Ende August die nächste Herausforderung. Wobei Seebold die Paralympics noch nicht aus den Augen verloren hat. „Paris war zu früh, so weit bin ich noch nicht“, räumt er seinen früheren Traum ab: „Aber Los Angeles 2028 bleibt mein Ziel.“
Für ein langes Wochenende ist Sören Seebold aus Hannover, wo er für United in den Teams der ersten und zweiten Rollstuhl-Basketball-Bundesliga antritt und ein Freiwilliges Soziales Jahr beim Behinderten-Sportverband Niedersachsen absolviert, in die Heimat nach Volmarstein gereist. „Dann geht es mit dem Training weiter“, sagt er, mit dem Landeskader Niedersachsen bereitet er sich auf die deutschen Meisterschaften der Junioren im September in Berlin vor. „Ich hätte auch länger Pause machen können“, räumt er ein, „aber meine Motivation ist gerade sehr groß, größer als in den letzten Monaten.“ Auch weil mit dem Start bei der EM in der Streetball-Variante 3x3 auf der Kaiserwiese im Wiener Prater ein spannendes Event auf ihn wartet. „Das ist wohl die erste richtige 3x3-Europameisterschaft für Rollstuhl-Basketballer, parallel zu den dort auch spielenden Fußgängern“, sagt er: „Und weil sich die Nationalmannschaft auf die Paralympics vorbereitet, treten wir dort mit den Junioren an.“ Nämlich mit einem Trio seines Heimatklubs Hannover United und einem Kollegen vom BBC Münsterland. 3x3-Erfahrung hat Seebold vor Jahresfrist bei deutschen Meisterschaften schon gesammelt: „Das ist eine coole Art, Basketball zu spielen.“
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Auf dem normalen Basketball-Parkett war Sören Seebold in der letzten Woche stark beschäftigt, bei der U23-Europameisterschaft in Madrid gehörte der Kapitän zu den Akteuren mit der meistern Spielzeit. Und rollte, als es in Halbfinale und Endspiel ernst wurde, jeweils die vollen 40 Minuten über das Parkett. Nach der Vorrunde mit Siegen gegen Spanien (67:21), Italien (61:41), Polen (60:35) und Israel (78:39) sowie Niederlagen gegen die Titelfavoriten Großbritannien (45:59) und Türkei (52:65) überraschte das Team von Headcoach Peter Richarz im Halbfinale, als gegen die Türkei beim hauchdünnen 49:47 (23:22)-Sieg den Endspieleinzug sicherte. Ein „stark aufgelegter Sören Seebold gab seinem Team viel Sicherheit gegen die aggressive Pressverteidigung der Türken“, berichtete das „Team Germany Rollstuhlbasketball“. Im Finale erneut gegen Großbritannien hatten die Deutschen beim 40:60 (19:24) dann aber keine Chance.
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„Auf Silber können wir sehr stolz sein“, betont aber Kapitän Seebold: „In den schwierigen Spielen mussten wir viel mit unserer Startfünf durchspielen, Großbritannien konnte da mehr wechseln. So fehlte uns am Ende einfach die Kraft.“ Für ihn ist es die zweite Vize-Europameisterschaft, bereits 2021 bei der EM in Italien gehörte er den deutschen Junioren an. „Damals war ich aber der zwölfte Mann auf der Bank, der nur gespielt hat, wenn das Spiel entschieden war“, sagt er, „jetzt hatte ich eine viel größere Rolle und haben in den wichtigen Spielen durchgespielt.“ Bei der Weltmeisterschaft 2025, für die sich die deutsche U23 bereits mit dem Halbfinaleinzug qualifiziert hatte, als seinem Abschied von den Junioren soll das auch so sein. Ein weiteres Ziel erreichte das deutsche Team mit der Endspiel-Teilnahme in Madrid. „Wir haben unseren Kaderstatus NK1 behalten, von dem viele Förderungen abhängen“, sagt Seebold, „dazu mussten wir das Finale erreichen, das hat man uns aber erst danach verraten.“
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So kann sich Seebold auf eine weitere Weltmeisterschaft einstellen, nach den Philippinen 2023 könnte sie diesmal in Brasilien stattfinden. Zuvor will der 20-Jährige, der nach dem FSJ-Abschluss Wirtschaftsinformatik studieren will, sich bei Hannover United in der neuen Saison noch mehr im Erstliga-Team etablieren. Beim Sieg im Eurocup-Sieg war der Youngster schon dabei, durfte nach dem Titeltriumph auch das Korbnetz abschneiden, blieb aber in der Endrunde ebenso ohne Einsätze wie im deutschen Pokalfinale. „„Jetzt starte ich mit der Priorität in die Saison, in der ersten Mannschaft zu spielen“, sagt er. Helfen sollen die vielen Erfahrungen, die er gesammelt hat im United-Team gemeinsam mit Paralympics-Sieger und Weltmeisterr Shaun Norris aus Australien: „Das ist einer der besten Spieler der Welt, der je Rollstuhl-Basketball gespielt hat.“
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Und seine internationale Karriere soll nicht mit der U23 enden. „Nach den Paralympics in Paris will ich mich für die Nationalmannschaft bewerben, da werden ein paar Spieler aufhören“, sagt Seebold, räumt aber auch ein: „Gerade auf meiner 1er-Position sind wir super stark besetzt.“ In einem gemeinsamen Trainingscamp konnte er vor kurzem schon beim deutschen Paralympics-Team hineinschnuppern. „Das war schon ein Reality-Check, das mir noch ein ganzes Stück zum Nationalteam fehlt“, gibt er zu: „Aber das pusht mich nur.“ Auffallen will der Volmarsteiner dann mit seiner sportlichen Leistung. Vor der U23-EM tat er das auch, als er sich die Haare pink färbte und so das deutsche Team in Madrid aufs Parkett führte. „Pink ist cool. Ich hatte Bock darauf, das mal auszuprobieren“, erklärt er und betont, dass offensichtlich Fußball-Nationalspieler Robert Andrich da seinem Beispiel gefolgt sei. Mittlerweile seien die Haare aber komplett abrasiert- und wachsen in normalem Dunkelblond nach.