Wetter/Wesseling. Als Nationalspielerin wartet sie auf eine EM, in der Bundesliga durfte sie erstmals werfen. Deshalb tritt Wetteranerin für deutschen Meister an:
Beim Erstliga-Auftakt, als ihr Vater pfiff, saß sie noch zum Anfeuern auf der Bank. Am zweiten Spieltag der Softball-Bundesliga hatte dann auch Jana Broziewski ihren Einsatz. Für den deutschen Meister Wesseling Vermins durfte die 16-jährige Baseballspielerin aus Wetter erstmals auf den Wurfhügel. Und trug zu zwei deutlichen Siegen des Favoriten bei den Ratingen Goose-Necks bei. „Ich durfte mein erstes Inning in der Bundesliga pitchen“, freut sich die Schülerin.
Der Vereins-Beiname klingt nicht unbedingt vertrauenerweckend. „Vermins“ nennen sich die Baseball-Teams aus Wesseling im Rheinland seit ihrer Vereinsgründung 1990, übersetzt bedeutet das „Ungeziefer“. Doch der Verein zwischen Köln und Bonn gehört zu den erfolgreichsten seiner Sportart in Deutschland. Die Herren spielen in der 2. Bundesliga, die Damen sind sogar Branchenprimus in der Eliteklasse, gewissermaßen der FC Bayern München im Frauen-Baseball. Im letzten Herbst haben sie ihre neunte deutsche Meisterschaft gewonnen, die vierte in Folge. Schon da hatte Jana Broziewski mit Zweitspielrecht in Wesseling erste Bundesliga-Erfahrungen sammeln dürfen. „Es ist eine Ehre für mich, dass ich jetzt schon in der Bundesliga spielen darf, auch wenn ich natürlich noch nicht so viele Spieleinsätze habe“, sagte sie: „Man lernt den Sport noch mal ganz anders kennen, weil das Spielniveau ein ganz anderes ist.“ Nun ist die Auswahlspielerin von den Hagen Chipmunks, für die sie ab dem sechsten Lebensjahr gespielt hat, komplett zu den Vermins gewechselt.
Dreimal pro Woche ins Rheinland
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Knapp 90 Kilometer und eine einstündige Autofahrt liegt Wesseling von Wetter entfernt, dreimal pro Woche bringt Paul Broziewski, der als Schiedsrichter („Umpire“) in der Softball-Bundesliga und international Spiele leitet, Tochter Jana zu Training oder Spiel ins Rheinland. Ein Aufwand, den die baseball-begeisterte Familie für die optimale Entwicklung der 16-jährigen Schülerin auf sich nimmt. „Der Nachwuchs wird in Wesseling viel besser gefördert“, sagt Jana Broziewski. Nicht zuletzt, weil Vermins-Trainer Udo Dehmel gleichzeitig auch Bundestrainer der deutschen Damen und Juniorinnen ist. In der U18 gehört die Wetteranerin – die sich 2016 erstmals in den NRW-Kader spielte und zwei Jahre später bereits einer Auswahl des Deutschen Baseball- und Softball-Verbands angehörte – zum aktuellen Nationalmannschafts-Kader.
Als dort vor Ostern nach dem Auftakt in Wesseling der zweite Lehrgang des Jahres in Karlsruhe anstand, wurde Jana Broziewski allerdings durch eine Corona-Infektion ausgebremst. Und angesichts der Nachwirkungen der Erkrankung war sie auch nicht rechtzeitig zum Bundesliga-Start gegen den Titelrivalen Bonn Capitals fit, als der Meister mit einem Split (ein Sieg, eine Niederlage) startete. Eine Woche später aber debütierte die junge Wetteranerin zunächst in der Vermins-Reserve als Pitcherin (Werferin) beim 15:5-Auftaktsieg in Jülich. „Da habe ich voll durchgeworfen“, sagt sie, „ich bin wieder fit, trainiere voll.“
Warten auf EM im Nationalteam
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Hier in der Landesliga soll sie in Wesseling vornehmlich Spielerfahrung sammeln, in der Bundesliga – wie andere Talente - hineinschnuppern. Das durfte sie schon tags darauf in Ratingen. Und wurde in der Bundesliga erstmals nicht im Außenfeld sondern auf ihrer Stammposition als Pitcherin eingesetzt, trug zum 20:0-Sieg im ersten von zwei Spielen bei. „Da kann man sich weniger Fehler erlauben“, weiß sie um die Verantwortung auf zentraler Position. Und hofft auf weitere Einsätze in der Saison der Vermins, die mit der zehnten deutschen Meisterschaft enden soll. Die nächste Chance dazu gäbe es beim Rückspiel in Bonn am 15. Mai, dort ist auch Vater Paul Broziewski wieder als Umpire eingesetzt.
Parallel dazu hofft Jana Broziewski auch auf erste internationale Einsätze. Sie gehört zwar seit 2018 zu den deutschen Auswahlteams, hat hier etliche Lehrgänge absolviert, aber noch keine Länderspiele. Denn in der U15 fielen 2020 die erhofften Europameisterschaften in den Niederlanden der Corona-Pandemie zum Opfer, im Jahr darauf gab es auch keine Titelkämpfe – und in ihrer aktuellen U18 steht 2022 kein internationales Turnier an. „Für U15, U22 und die deutschen Damen sind Europameisterschaften angesetzt, für uns leider nicht“, weiß die 16-Jährige und hofft: „Vielleicht ja im nächsten Jahr.“