Hagen. Von eiskalten Hallen und tropischen Wohnungen: Hagens Center-Legende Bernd Kruel erinnert sich an Kuriositäten seiner langen Basketball-Karriere.

23 Jahre dauerte Bernd Kruels einzigartige Karriere als Profibasketballer an, 20 Spielzeiten in der ersten Liga hat er auf dem Buckel. BBL-Meister wurde er 2004 mit Frankfurt, mit Phoenix stieg der heute 44-Jährige 2009 ins Oberhaus auf und zementierte seinen Status als Hagener Basketball-Legende. „Wäre damals nicht die Brandt-Insolvenz gewesen, wäre ich wohl nie aus Hagen weggewechselt“, sagt „Storch“, wie der 2,09 Meter große Center wegen seiner langen und dünnen Beine genannt wird.

Wenn Kruel auf seine Laufbahn zurückblickt, dann geht es nicht nur um all die Erfolge und Rekorde, sondern auch um die witzigen und kuriosen Geschichten, die er erlebt hat. Sie alle aufzuschreiben, würde den Rahmen sprengen, aber für unsere Serie „Kabinengeflüster“ mit den Gastgebern und Hagener Ex-Profi-Basketballern Yannick Opitz und Sören Fritze hat „Storch“ einige Anekdoten ausgegraben.

Hagener Hallen-Winter

Nachdem Kruel mit den Telekom Baskets Bonn 2008 knapp am BBL-Titel vorbeischrammte, kehrte er zurück zu seinen Wurzeln. Und schaffte mit dem ambitionierten Zweitliga-Klub Phoenix Hagen auf Anhieb das Ziel Aufstieg. „Man sagte mir, es sei eigentlich ein Jahr zu früh gewesen. Dann hätten sie mich eben nicht holen sollen“, grinst Bernd Kruel. Weil Hagen noch keine erstligataugliche Spielstätte aufbieten konnte, wurde aus der Not heraus ein Provisorium an der Hohenlimburger Färberstraße gebaut. Das hatte seinen Charme, aber auch so seine Mängel. In einem bitterkalten Winter froren die Phoenix-Basketballer in ihrer Trainings- und Spielstätte, die einem Iglo glich. „Wir waren mit dicker Jacke, Schal und Handschuhen in der Halle“, erinnert sich Kruel.

Helden der ersten Phoenix-BBL-Saison (von links): Chase Griffin, John Turek, Bernd Kruel, Rolandas Alijevas und Michael-Hakim Jordan.
Helden der ersten Phoenix-BBL-Saison (von links): Chase Griffin, John Turek, Bernd Kruel, Rolandas Alijevas und Michael-Hakim Jordan. © Unbekannt | KLEINRENSING, Michael

Für Opitz, damals Ergänzungsspieler, war die Situation besonders leidvoll: Der 18-jährige Guard durfte im Training nach dem Warm-Up regelmäßig auf der Bank Platz nehmen. Statt dribbeln und werfen stand dann bis zu zwei Stunden frieren an. Opitz: „Ich konnte dann meinen eigenen Atem beobachten.“

Die Injoy-Halle war aber nicht die einzige Hagener Spielstätte, die ein Alptraum für Frostbeulen war. „Irgendwie zieht sich das durch die Karrieren aller Hagener Basketballer. Diese kalten Winter in der Halle“, lacht Sören Fritze, der bis 2014 für Phoenix spielte. Bibbern musste man unter anderem auch in der Karl-Adam-Halle in Vorhalle, wie Kruel nicht vergessen hat: „Da hab’ ich mal meine Thermoskanne mitgenommen und den Jungs Tee angeboten.“

Während die Korbjäger im Winter zumindest regelmäßig in die Halle konnten, stand man im Sommer auch mal vor verschlossenen Türen. Dann musste Trainer Ingo Freyer beim Objektbetreuer anrufen und erklären, dass Phoenix Hagen doch professionell spiele und auch in den Ferien trainiere. „Der Hausmeister sagte dann: Das ist mir doch egal“, lacht Opitz, und Fritze ergänzt: „Wir hätten auch die Chicago Bulls sein können, das hätte die Hausmeister nicht interessiert.“

Freyers Hypothese

Ingo Freyer war damals fest überzeugt: Wenn Kruel beim obligatorischen „Cooper-Test“ in der Saisonvorbereitung passabel abschnitt, dann spielte Phoenix eine gute Saison. Doch „Storch“ widerlegte die Hypothese seines Trainers schließlich im Jahr 2013, als das Hagener Bundesliga-Team erstmals völlig überraschend in die Playoffs einzog.

„Vor der Saison hatte ich meinen schlechtesten Cooper-Test absolviert“, schmunzelt Kruel. Und das musste er Freyer nach der Saison natürlich mitteilen. „Ingo wusste auch nicht mehr, was er noch sagen sollte. Er hatte dann leider keinen Grund mehr, im Ischelandstadion mit der Peitsche an der Seite zu stehen.“

Tropische Bedingungen

Als Hagener Junge war es für Bernd Kruel eine Umstellung, als er 2004 seine Arbeit bei den Frankfurt Skyliners aufnahm. Die Spieler wohnten in einer Einkaufsmall, in der sowohl eine Trainingshalle als auch ein Schwimmbad Platz hatten. „Du konntest nach dem Training einkaufen und dann den Einkaufswagen in deine Wohnung rollen. Das war schon praktisch, du brauchtest nicht ständig dein Auto“, denkt Kruel zurück. Auch die Spielerwohnungen hatten einen netten Standard, erzählt der 44-Jährige, doch ein Mitspieler habe es sich zu gemütlich gemacht. Als die Skyliners auf Auswärtsreise waren, musste ein Teambetreuer ins Appartement eines Basketballers. „In der Bude waren es wohl gefühlte 80 Grad, es tropfte schon von der Decke“, sagt „Storch“ und schüttelt ungläubig den Kopf.

Ein Mitspieler Kruels hatte seine Wohnung zu einem Terrarium umfunktioniert und seinem Leguan tropische Bedingungen geschaffen. Doch der Wandschrank, in dem das Kriechtier lebte, war umgekippt. Und der Skyliners-Teambetreuer fand einen freilaufenden Leguan vor, „der da lag und sich die Augen leckte“.

Storchs Ausraster

Bernd Kruel gilt als angenehmer Zeitgenosse, den nichts aus der Ruhe bringen kann. Aber, wirklich nichts? Der Centerriese hat eine fiese Aktion, die sich in den Neunzigerjahren abspielte, nicht vergessen. Als „Storch“ für die U22-Nationalauswahl ein Länderspiel bestritt, stellte er einem Mitspieler einen Block. Ganz akkurat und regelkonform.

Seinem Gegner passte es aber nicht, dass sich Kruel in seinen Weg stellte, also verpasste dieser dem Hagener Schlaks einen Schlag in die Weichteile. „Das war eine Szene, wo ich einfach richtig gekocht habe“, sagt Kruel. Der Center drehte sich ad hoc um und trat nach dem Übeltäter, traf diesen aber nicht. „Daraus habe ich aber auch gelernt. Ich habe mich danach nicht mehr dazu verleiten lassen, einen Gegner zu schlagen oder zu treten.“

In der nächsten Folge von „Kabinengeflüster“ ist Niklas Geske zu Gast. Die Folge erscheint in unserer Online-Ausgabe am 4. Januar 2021.