Ennepetal. Nach 15 Jahren hört Höfinghoff auf. Er spricht über Malle-Fahrten, warum die Liga Angst vor Rüggeberg hat und wer Meister wird.
Mit Ole Höfinghoff hat beim Fußball-A-Ligisten RW Rüggeberg eine Vereinslegende aufgehört. Etwa 90 Prozent der Vereinsgeschichte hat der 34-Jährige miterlebt. Im Interview erklärt er die Gründe seines Karriereendes und wie es nun weitergeht. Zudem spricht er über die Enwicklung seines Vereins und wird überraschend deutlich bei der Meisterschaftsfrage.
Wie haben Sie sich die Tage vor dem Abschied gefühlt?
Ich hatte Angst vor dem Tag. Vielleicht verschieße ich den entscheidenden Ball in der 90 Minute. Ich wäre direkt durchgelaufen und man hätte mich nie wiedergesehen (lacht). Ein Horrorszenario, wo ich viel mit dran zu knacken gehabt hätte. Stell dir vor, du beendest so deine Karriere. Wie gut es allerdings gelaufen ist, hätte ich mir nie ausdenken können.
Was war Ihr letzter Moment?
Als ich nach dem Spiel vom Platz gegangen bin, lief ‚Time to say goodbye‘. Nach dem Mannschaftskreis sollte ich dann vorweg laufen und die Jungs sind mir mit ein wenig Abstand gefolgt. Ich musste zweimal schlucken. Sonst bin ich immer taff, aber ein Tränchen ist da bei mir tatsächlich geflossen. Ich habe gehört, dass nicht nur bei mir Tränen geflossen sein sollen. Alle am Platz haben applaudiert und es gab viele Umarmungen und Glückwünsche.
Mit zwei Toren hätte Ihr Abschied auch gar nicht besser laufen können, oder?
Es war schön, meine Karriere mit zwei Toren beenden zu dürfen. Ich sage dürfen, weil es ein Geschenk war. Es hat mir alles bedeutet, dieser Mannschaft zum Sieg zu helfen. Dass es so lief, war sensationell. Bei den Toren wurde Tormusik abgespielt. Welche, kann ich gar nicht sagen. Ich war so im Tunnel.
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Ihr Verein hat einiges zu Ihrem Abschied organisiert. Was alles?
Bei der Ansprache habe ich ein Trikot mit meinem Namen und eine Ehrenurkunde bekommen, die erst zum zweiten Mal vergeben wurde. Ich bin total stolz darauf. Bevor das Spiel losging, haben meine Jungs Spalier gestanden. Die Mannschaft durfte ich als Kapitän auf das Feld führen, weil Kevin Twardon darauf verzichtet und mir die Binde über den Arm gestreift hat.
Wie kommt es überhaupt, dass Sie aufhören? Sie sind ja offensichtlich noch topfit...
Ich bin jetzt 34 Jahre alt. Seit ich drei bin spiele ich Fußball und hatte nie ein richtiges Wochenende. Das sind jetzt 31 Jahre. Mein Plan war, im Sommer bei den Senioren aufzuhören. Es ist Zeit, den Jüngeren den Vortritt zu lassen. Ich möchte mehr Zeit mit meiner Frau und meinem Kind verbringen. Der Kleine ist jetzt soweit, dass wir zum Beispiel zusammen in den Zoo gehen. Das ist wichtig für mich.
Jetzt hören Sie ein paar Wochen vor Saisonende auf. Warum?
Bei einer Vorsorge-Untersuchung wurde festgestellt, dass ich eine zu große Schilddrüse habe und dort Knoten sind. Die muss jetzt entnommen werden. Ab Sommer werde ich dann versuchen, bei den Altherren zu spielen. Wenn es meine Gesundheit zulässt.
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Sie sind seit dem 1. Januar 2009 im Verein. Rüggeberg gibt es seit 2007. Sie haben also etwa 90 Prozent der Vereinsgeschichte miterlebt. Wie hat sich Rüggeberg entwickelt?
Ich bin zu einem Dorfverein gekommen, der absolut einzigartig ist. Ich sage immer, wir sind hier oben die Gallier. In den 15 Jahren hat sich der Verein zu einem der angesehensten Vereine in ganz Ennepetal entwickelt – ob im Jugendfußball, bei den Senioren oder im Erscheinungsbild.
Was war Ihr schönster Moment?
Der Aufstieg in die Kreisliga A. Wir wollten während der Meisterschaftsfeier spontan nach Malle. Das ist nur daran gescheitert, dass einer der Jungs seinen Personalausweis holen musste und seine Frau dabei wach wurde. Er hat den Nachttischschrank zu laut aufgemacht (lacht). Die Fahrten ziehe ich übrigens solange durch, so lange mein Köper und meine Frau es mitmachen. Egal, ob ich Teil der Mannschaft bin oder nicht.
Gab es auch schwierige Momente bei Rüggeberg?
Es sind viele Ältere schon verstorben, die unfassbar das Bild dieses Vereins geprägt haben. Am schlimmsten war, als unser Platzwart Jürgen Gräfe gestorben ist. Viele hatten danach eine schwere Zeit. Er war von morgens bis abends am Platz und hat das jeden Tag durchgezogen. Erst den Rasen gepflegt, auf dem wir Golf hätten spielen können, dann beim Training zugeguckt, dann die Hütchen mit abgebaut und abends im Vereinsheim das Bier gezapft. So einen kriegen wir nie wieder.
Zurück zu den schönen Momenten. Was fällt Ihnen da noch ein?
Für mich ist ein absolutes Highlight tatsächlich diese Saison. Die Mannschaft, die jetzt auf dem Rasen steht, ist die beste Fußballmannschaft in Rüggeberg jemals. Ich habe viele Spieler kommen und gehen sehen. Auch welche, die dreimal besser waren als unsere Spieler jetzt. Aber es gab noch nie ein Team, das so stark im Kollektiv war. Wir fahren mit 25 Mann auf Mannschaftsfahrt. Das sind so viele wie noch nie. Das ist auch ein Zeichen, wie intakt die Mannschaft ist.
Will Rüggeberg Meister werden?
Ja, natürlich wollen wir Meister werden. Wir brennen, weil es machbar ist. Wer da nicht dran glaubt, muss die Fußballschuhe nicht schnüren. Ich glaube, wir lassen keine Punkte mehr liegen. Ich glaube, die Liga hat Angst vor Rüggeberg und Rüggeberg hat keine Angst vor niemandem mehr.
Wer wird Meister?
Wir.
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Dass Ihr aktuell oben steht, war ja nicht zu erahnen. Als Daniel Frölich als neuer Trainer kam, gab es einen riesigen Umbruch. Viele aus der eigenen A-Jugend kamen hoch, viele Alteingesessene sind gegangen...
Das war Hopp oder Top. Entweder es geht komplett gut und wir stehen da, wo wir jetzt stehen. Oder es hätte scheitern können und der Verein hätte jetzt am Boden liegen können.
Wie hat sich die Liga in Ihrer Zeit entwickelt?
Die Qualität der Kreisliga A hat leider nachgelassen. Die ersten Fünf sind alle stark, nach unten hin nimmt es schlagartig ab. Ich will keinen damit angreifen, aber das ist aktuell die schwächste Kreisliga A, die ich in meiner aktiven Zeit erlebt habe.
Bald kommt die eingleisige Kreisliga A. Was halten Sie davon?
Ich bin kein Fan davon. Ich befürchte, dass viele Traditionsvereine, die über Jahre das Gesicht der Liga waren, das nicht mehr sein werden, weil viele auf der Strecke bleiben. Der Charme von Ortsderbys, wo viele Zuschauer kommen, wird es auch seltener geben.